Eigentlich war es klar, dass es so kommen musste, oder? Hatte Marc Marquez am Samstagnachmittag noch Marco Bezzecchi zum klaren Favoriten auf den Grand-Prix-Sieg in Misano erklärt, behauptete sich am Sonntag am Ende natürlich doch der MotoGP-Superstar in der Neuauflage des Duells vom Vortag. Bereits der elfte GP-Erfolg für Marquez in der laufenden Saison, nur 2019 (12) und 2014 (13) gelangen ihm mehr. Doch so hart dafür arbeiten wie am Sonntag musste er selten zuvor.

"Das war einer der schwersten Siege in dieser Saison, zusammen mit Assen", wusste auch Marquez nach Rennende auf der offiziellen MotoGP-Pressekonferenz, was er da gerade geleistet hatte. Noch immer etwas außer Atem und vollgepummt mit Adrenalin strahlte er: "Marco war heute ein sehr harter Gegner. Er hat mich extrem gepusht, mein Herzschlag war in den letzten Runden so hoch. Heute hat keiner von uns an die Weltmeisterschaft gedacht, wir wollten beide einfach nur das Rennen gewinnen!"

Marco Bezzecchi verrät: So kam es zu seinem MotoGP-Fehler in Misano

Rundenlang hatten sich Marquez und Bezzecchi am Sonntag einen echten Krimi geliefert, der schlussendlich aber schon in Runde 12 von 27 entschieden wurde. Dort ging der seit dem Rennstart führende Bezzecchi in Kurve acht etwas weit und verlor dadurch den ersten Platz an Marquez. Ein kleiner Konzentrationsfehler des Lokalmatadors, der ihn den Sieg kostete? Nein, der Hinterreifen war schuld. "Seit Beginn des Rennwochenendes habe ich bei den beiden Gummimischungen nur einen Unterschied beim Bremsen gespürt. Mit dem Soft konnte ich das Bike besser stoppen, mit dem Medium hatte ich mehr zu kämpfen", verriet Bezzecchi.

Blöd also, dass die korrekte Wahl für den 27 Runden langen San-Marino-GP der Medium-Hinterreifen war. Der Soft wäre nur schwierig über die Distanz zu bringen gewesen. Das Problem für Bezzecchi: "Ab Runde acht oder neun habe ich Probleme beim Anbremsen bekommen. Dann habe ich den kleinen Fehler gemacht. Marc hat viel Druck ausgeübt und ich wusste, dass er in diesem Teil der Strecke sehr schnell war, also musste ich mich dort auf der Bremse verteidigen. Leider hatte ich dann einen unerwarteten Wackler. Ich wollte die Front nicht blockieren und musste daher die Bremse etwas öffnen und weitgehen."

Eine Einladung, die Marquez natürlich nicht ausließ. "Ich bin trotzdem sehr zufrieden", offenbarte Bezzecchi aber keinen Groll aufgrund des verpassten Hattricks aus Pole Position, Sprint- und Grand-Prix-Sieg. Der Aprilia-Werkspilot war vielmehr stolz, überhaupt einen solch großartigen Kampf bis zur letzten Kurve geliefert zu haben. "Ich habe alles gegeben. Ich wollte unbedingt gewinnen. Ich habe alles versucht, um an Marc dranzubleiben und nochmal zu attackieren, aber es hat leider einfach nicht ganz gereicht. Wir können aber trotzdem zufrieden sein, weil wir beide am Limit waren. Ab der Rennmitte haben sie [die Ducatis, Anm.] einfach noch etwas mehr, also war das ziemlich gut von uns."

Marco Bezzecchi gratulierte Marc Marquez fair zum Rennsieg, Foto: IMAGO / Beautiful Sports
Marco Bezzecchi gratulierte Marc Marquez fair zum Rennsieg, Foto: IMAGO / Beautiful Sports

Nach Sprintcrash: Hochmotivierter Marc Marquez schlägt zurück

Mit Platz zwei sorgte Bezzecchi übrigens auch so für die bislang beste Aprilia-Platzierung überhaupt in Misano, zuvor stand ein dritter Rang von Maverick Vinales aus der Saison 2022 zu Buche. Da können sich 0,568 Sekunden Rückstand auf den ersten Platz zweifellos sehen lassen, zumal sich Marquez diesen Sieg auch einfach nicht nehmen lassen wollte. "Nach dem Fehler von gestern hat ein besonderes Feuer in mir gebrannt", machte der Ducati-Superstar keinen Hehl daraus, dass er am Sonntag zusätzlich motiviert an den Start gegangen war. "Ich war seit dem Warm Up extra konzentriert. Das Rennen zu gewinnen ist die beste Art und Weise, zurückzuschlagen."

Dank des elften und - vielleicht auch aufgrund der gestrigen Reaktion einiger Tifosi - besonders süßen Grand-Prix-Sieges hält Marquez in der Fahrer-WM nun bei einem neuen MotoGP-Punkterekord von 512 Zählern. Damit ist klar: Macht er in zwei Wochen in Motegi (26. - 28. September) drei oder mehr Punkte auf Bruder Alex gut, steht er vorzeitig als Weltmeister 2025 fest. "Das ist fantastisch und fühlt sich immer noch surreal an", kommentierte der 32-Jährige aus Cervera ungläubig. Aber: "Ich will jetzt nicht die Konzentration verlieren. Es sieht aus, als wäre es nur noch eine Frage der Zeit, bis wir unser großes Ziel erreichen werden. Aber wir sollten ruhig bleiben und weiterpushen."

Rossi-Clique jubelt nach Marc Marquez' MotoGP-Sturz in Misano (06:13 Min.)

Marc Marquez könnte 2025 schließlich auch noch einige Rekorde brechen. Welche er bereits inne hat und worum er in den letzten Grands Prix des Jahres noch kämpft, könnt ihr hier nachlesen: