Schnellster Mann auf gebrauchten Reifen? Das war in der MotoGP in den vergangenen Jahren stets Enea Bastianini. Bereits 2021 erkämpfte sich die 'Bestie' mit beeindruckenden Gripvorteilen in den letzten Runden etwa noch als Rookie zwei Podestplatzierungen mit Esponsorama Racing, später dann auf der Gresini-Ducati Siege wie in Katar, Austin oder Aragon. Auch auf der KTM RC16 konnte Bastianini zuletzt wieder mit seinem reifenschonenden Fahrstil glänzen, holte in Barcelona das erste Podium in Orange - und doch scheint: Die MotoGP hat 2025 einen neuen Reifenflüsterer gefunden.

Gemeint ist damit kein Geringerer als Rookie Fermin Aldeguer. Der 20-Jährige Spanier erlebte einen - speziell mit Ai Ogura verglichen - schleppenden Saisonstart, zeigte aber beginnend mit dem Amerika-GP mehr und mehr auf. Brachte er sich in Austin mit einem Sturz kurz vor Schluss noch selbst um den verdienten Lohn, folgten schon kurze Zeit später in Le Mans die ersten Podiumsbesuche. Nach der Sommerpause in Spielberg gab es dann fast sogar den ersten MotoGP-Sieg, nachdem der Youngster in der Schlussphase durch das Feld prügelte und einzig Marc Marquez nicht mehr abfangen konnte.

Frankie Carchedi verrät: Spezialtraining für MotoGP-Rookie Aldeguer

Dass Aufholjagden wie am Red Bull Ring oder auf dem Circuit of the Americas kein Zufall waren, verriet nun Crewchief Frankie Carchedi. "Wir haben da von Anfang an daraufhin gearbeitet", erklärte der Brite im MotoGP-Format 'After the Flag'. Erstmals beim Barcelona-Test im November 2024 an der Seite Aldeguers, wählte der vormalige Crewchief von MotoGP-Superstar Marc Marquez bei Aldeguer einen besonderen Ansatz: "Wir haben nicht ständig frische Reifen aufgezogen, um Rundenzeit zu finden. Wir haben stattdessen viel mit gebrauchten Reifen gearbeitet."

Dass Aldeguer bei den MotoGP-Wintertests dadurch oftmals nur auf den hinteren Plätzen im Klassement vorzufinden war, störte Carchedi daher nicht, war vielmehr einkalkuliert. Für Aldeguer selbst war das nicht immer einfach, aber der 20-Jährige MotoGP-Aufsteiger vertraute auf die Expertise seines Crewchiefs. "Ich bin sehr stolz. Seit Saisonbeginn hat er nichts falsch gemacht, er lernt nur mehr und mehr dazu", lobte Carchedi daher und erkannte: "Wir haben ihm geholfen, aber er hatte auch schon viel natürliches Talent, die Reifen zu managen."

"Ich denke, das liegt an meinem Speed in der Kurvenmitte", vermutet Aldeguer. "Ich gehe sehr vorsichtig und sauber ans Gas." Eine Fähigkeit, die selbst Gresini-Vorgänger Marquez schon auffiel. "Er hält den Kurvenspeed sehr gut. Das ist etwas, was du mit dieser Reifenkarkasse machen musst. Wenn du das nicht tust, hast du diesen zusätzlichen Grip nicht. So hilft ihm das zusätzliche Einlenken aber, die Geschwindigkeit zu halten, ohne den Reifen dabei zu stressen", analysierte der MotoGP-Superstar und streute seinem guten Kumpel aus El Palmar Rosen: "Er fährt richtig gut."

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Fermin Aldeguer löst letztes MotoGP-Problem: Die Qualifying-Schwäche

Einziges Problem, was mit der besonderen Einstiegsstrategie in die MotoGP einherging: Die Performance auf frischem Gummi. Ein einzelner vierter Platz war 2025 lange die mit Abstand beste Startposition der Nummer 54. Die Spitzenfahrer wie Marc Marquez waren dadurch meistens schon außer Reichweite, wenn Aldeguer seine Stärke auf gebrauchten Reifen ausspielen konnte. "Das Qualifying hat das etwas schwerer gemacht", wusste auch Carchedi. Doch der Brite war sich schon vor Wochen sicher: "Das werden wir auch noch hinbekommen."

Und dass der Ex-Crewchief von Marquez Recht behalten sollte, zeigte sich am vergangenen Wochenende in Indonesien auf beeindruckende Art und Weise. Als Zweiter erstmals aus der ersten Startreihe losfahrend, schrammte Aldeguer bereits im Sprint am Samstag nur hauchdünn am Sieg vorbei und einen Tag später klappte es dann mit dem ersten Rennsieg in der MotoGP. Während zahlreiche Konkurrenten im Glutofen von Mandalika große Probleme mit dem Reifenmanagement hatten, dominierte Aldeguer nach Belieben. Fast 10 Sekunden Vorsprung fuhr er sich zwischenzeitlich heraus. Ein in der modernen MotoGP fast absurder Abstand. Wie ihm das gelang, erfahrt ihr hier: