Eigentlich hatte am Freitag alles noch so gut begonnen, doch Jorge Martins langersehntes MotoGP-Comeback verkam am Sonntagabend im Katar-GP zum Albtraum. Nach einem vermeintlich harmlosen Sturz wurde der amtierende Weltmeister vom nachfolgenden Fabio Di Giannantonio im oberen Bereich des Rückens getroffen und musste nach Erstuntersuchungen im Medical Center an der Rennstrecke ins Hamad General Hospital nach Doha gebracht werden. Dort ergab ein erster CT-Scan, dass sich Martin ein Pneumothorax und sechs Frakturen an der Rückseite der ersten sechs Wirbel zugezogen hatte.

Jorge Martin auf absehbare Zeit im Krankenhaus

Dem 27-jährigen Spanier wurde daraufhin eine Drainage eingesetzt, um die Flüssigkeit aus der Lunge abzuleiten. Nachdem Martin die Nacht im Krankenhaus verbracht hatte, lieferte das Aprilia-Team am Montagvormittag ein weiteres Update. Das Gute: Es konnten nach weiteren Untersuchungen keine Traumata im Gehirn, an der Halswirbelsäule oder den Bauchorganen festgestellt werden. Dafür wurden allerdings weitere Frakturen der Rippen entdeckt, dort stieg die Anzahl der Brüche von sechs auf elf. Zudem wurde in Zusammenhang mit dem Pneumothorax auch eine minimale Pleura-Schwellung [Rippenfellentzündung, Anm.] festgestellt.

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Der MotoGP-Hersteller aus Noale will weitere Updates zum Gesundheitszustand Martins liefern, sobald verfügbar. Motorsport-Magazin.com informiert euch dann natürlich sofort. Klar ist aber schon jetzt: Martin bleibt zumindest einige Tage ans Krankenbett gefesselt. Er darf das Krankenhaus in Katar erst verlassen, wenn sich der Pneumothorax aufgelöst hat. Aprilia-Racing-CEO Massimo Rivola scherte sich am Sonntagabend daher auch nicht großartig um die schwache Leistung der RS-GP in Katar. "Unsere Leistung rückt heute in den Hintergrund, unsere Gedanken sind in dieser schweren Zeit bei Jorge. Wir stehen hinter ihm", ließ sich der Italiener im Aprilia-PR zitieren.

Was sich zunächst nach der nächsten langfristigen Verletzungspause des amtierenden MotoGP-Weltmeisters anhört, muss tatsächlich aber gar nicht so sein. Wie Motorsport-Magazin.com im Gespräch mit Sportmediziner Dr. Philipp Schultes, einem Facharzt für Orthopädie und Traumatologie aus Salzburg, herausfinden konnte, fallen speziell die Rippenfrakturen weniger schlimm aus als zunächst gedacht. Diese seien zwar speziell in den ersten ein bis zwei Wochen ziemlich schmerzhaft, erfordern aber keine Operation und können konservativ behandelt werden. Bei Normalsterblichen dauert die Heilung in der Regel sechs bis acht Wochen, bei Profisportlern kann es aber auch deutlich schneller gehen.

Sportmediziner erklärt: Pneumothorax ist Martins größtes Problem

Deutlich schlimmer sei da die Lungenverletzung Martins. "Der Pneumothorax ist sicherlich das größte Problem", sagt Doktor Schultes. "Wenn man eine Drainage benötigt, braucht das im Normalfall schon drei bis fünf Tage. Dann kann man schauen, ob sich die Lunge wieder entfaltet hat und danach kann der Rehaprozess beginnen. Bei Normalsterblichen sprechen wir da von sechs bis acht Wochen. Aber diese Sportler stecken sowas natürlich schon deutlich schneller weg." Dennoch sollten starke körperliche Belastungen mindestens drei Wochen unterlassen werden. Einen Start im Spanien-GP in zwei Wochen (25. - 27.04.) hält Dr. Schultes daher für äußerst unwahrscheinlich. "Sicher ist bei diesen Leuten gar nichts", sagt er zwar, meint aber: "Medizinisch sinnvoll ist es sicher nicht."

Jorge Martin wird wohl erst nach Jerez wieder auf seine Aprilia RS-GP steigen, Foto: Gold & Goose / Red Bull Content Pool
Jorge Martin wird wohl erst nach Jerez wieder auf seine Aprilia RS-GP steigen, Foto: Gold & Goose / Red Bull Content Pool

Während Aprilia in Jerez und auch im nachfolgenden Jerez-Test (28.04.) also wohl wieder auf Testfahrer Lorenzo Savadori zurückgreifen muss, könnte Martin zumindest in Le Mans (09. - 11.05.) schon wieder im Sattel sitzen. Doch all das hänge laut Dr. Schultes stark vom weiteren Heilungsverlauf des Pneumothorax ab. "Durch die Rippenbrüche kommt Blut in diesen Zwischenrippenraum. Das musst du jetzt beobachten, ob das nachrennt oder nicht. Das kannst du jetzt noch gar nicht absehen, ob das problematisch bleibt. Da wird man erst am Mittwoch oder Donnerstag wissen, ob sich der Pneumothorax komplett ausgedehnt hat oder nicht doch so viel Blut nachrennt, dass man die Drainage noch einige Zeit eingesetzt lassen muss."

Jorge Martin: Danke, dass nichts Schlimmeres passiert ist!

Wie es mit Martin weitergeht, wird also wohl erst gegen Ende der laufenden Kalenderwoche feststehen. Der Aprilia-Pilot selbst meldete sich am Montagvormittag jedenfalls mit einem Post auf Instagram erstmals zu Wort, schrieb dort: "Danke Gott, das hätte viel schlimmer ausgehen können. Ich halte euch auf dem Laufenden." Zuspruch erhielt er anschließend von zahlreichen Kollegen. "Bleib stark Jorge, du bist großartig!", kommentierte etwa Francesco Bagnaia und Marc Marquez meinte: "Viel Kraft, Jorge! Ich finde keine Worte, ich wünsche dir nur, dass du so schnell wie möglich aus dieser schlimmen Phase herauskommst." Kumpel Aleix Espargaro schrieb: "Viel Kraft, Bruder! Ich habe keinen Zweifel daran, dass du für das, was du in deinem Leben aktuell durchmachst, belohnt werden wirst!" Und Fabio Quartararo ergänzte abschließend: "Werde schnell wieder gesund! Hoffentlich ist dieses Pech mit schweren Verletzungen nun verschwunden und du kannst wieder zurückkommen. Bleib stark!"

Ein völlig sorgenfreies Wochenende erlebte derweil Marc Marquez auf seiner vermeintlichen Angststrecke. Wieso er anschließend vom "wichtigsten Wochenende der bisherigen Saison" sprach, erfahrt ihr hier: