Jorge Martin ist MotoGP-Weltmeister 2024! Konnte WM-Rivale Francesco Bagnaia die vorzeitige Titelentscheidung vor 14 Tagen in Sepang noch verhindern, wurde der Italiener in Barcelona nun final entthront. Martin rettete mit zwei dritten Plätzen einen Vorsprung von zehn Punkten über die Linie. Der Pramac-Pilot schrieb damit gleich in doppelter Hinsicht WM-Geschichte. Martin ist nämlich nicht nur der erste Fahrer eines Kundenteams, der sich in der MotoGP-Ära zum Weltmeister krönen konnte. Der Spanier hat zeitgleich auch unterstrichen, dass nicht immer der zwangsläufig schnellste Pilot triumphieren muss.

"Ich habe das Gefühl, dass das dieses Jahr eine Weltmeisterschaft der Fehler ist", kommentierte Titelrivale Francesco Bagnaia vor rund zwei Monaten den Sprintsturz Martins in Indonesien - einen von zahlreichen Patzern der beiden Ducati-Piloten. Portimao, Jerez, Barcelona, Mugello, Sachsenring, Silverstone, Aragon oder gleich zweimal Misano - die Liste ist lang. Der letztlich entscheidende Fehler unterlief Bagnaia jedoch erst bei der vorletzten Saisonstation in Malaysia. Im Sprint stürzte er bei der Jagd Martins und begrub sämtliche Titelhoffnungen in Kurve neun. Bezeichnend, denn die Sprints stellten 2024 letztlich Bagnaias Achillesferse dar.

Francesco Bagnaia: Überlegen im GP, fehlerbehaftet im Sprint

In den Grands Prix kann sich der entthronte Weltmeister wieder einmal nichts vorwerfen lassen. Nach je sieben GP-Siegen in den letzten beiden Jahren steigerte er seine Ausbeute in der laufenden Saison sogar auf elf GP-Erfolge. Eine besondere Marke, die in der MotoGP-Ära bislang einzig von den Superstars Valentino Rossi (2002 und 2005) und Marc Marquez (2014 und 2019) erreicht wurde. In jedem dieser Fälle reichten elf oder mehr GP-Siege dann auch zum überlegenen Gewinn der Weltmeisterschaft, nicht aber 2024. Warum?

Die Erklärung dazu ist schnell gefunden: Bagnaia konnte seinen überragenden Speed aus den Grand-Prix-Rennen - er stand in 16 von 20 Fällen auf dem Podium - nicht auch in den Sprints abrufen. Dort stehen inklusive des Sepang-Crashes gleich fünf Ausfälle zu Buche und dann kommen noch zwei ungewöhnliche schwache Leistungen in Austin (Platz acht) und Aragon (Platz neun) hinzu. Somit stehen im Sprint in Summe nur sieben Siege und insgesamt zehn Podiumsplatzierungen zu Buche.

Jorge Martin: Mit größerer Konstanz zum MotoGP-Weltmeister

Ganz anders Jorge Martin: Dieser steht zwar ebenfalls bei drei Patzern im Grand Prix, im Sprint aber eben nur bei deren zwei in Mugello und Mandalika. Davon abgesehen landete der Pramac-Pilot immer in den Top-Vier, fuhr in 16 von 18 Fällen auf das Podium und feierte dabei sogar sieben Siege. Und genau das genügt dann eben, um auch mit deutlich weniger GP-Erfolgen (3 zu 11) und der deutlich größeren Anzahl an zweiten Plätzen im Grand Prix (10 zu 1) die Oberhand in der Gesamtwertung zu gewinnen.

Bagnaia war im Grand Prix, wo es normalerweise auch die Big Points zu holen gibt, in diesem Jahr häufig ein Ticken besser als WM-Rivale Martin. In den Sprints fehlte dem Ducati-Star aber einfach die nötige Konstanz. Somit wurde 2024 wohl nicht der in Summe schnellste MotoGP-Pilot Weltmeister, sondern der Konstanteste.

Um eine Premiere handelt es sich dabei allerdings nicht, denn auch Nicky Hayden (2006), Jorge Lorenzo (2012), Marquez (2013) und zuletzt Joan Mir (2020) krönten sich schon zum MotoGP-Weltmeister, ohne dabei die höchste Anzahl an Siegen errungen zu haben. Nicht unbedingt ein gutes Vorzeichen für Martin, denn zumindest Hayden und Mir konnten im Anschluss kein MotoGP-Rennen mehr gewinnen. Das darf beim 'Martinator' wohl ausgeschlossen werden. Mit Blick auf seinen Wechsel zu Aprilia und der aktuellen Überlegenheit Ducatis droht aber zumindest im kommenden Jahr eine sieglose Saison - als erst dritter amtierender MotoGP-Weltmeister nach Hayden und Mir.