Francesco Bagnaia kassierte im MotoGP-Titelkampf zuletzt zwei Niederlagen gegen Widersacher Jorge Martin im Sprint und Grand Prix von Australien. Rückschläge, mit denen Bagnaia durchaus gerechnet hatte. Phillip Island sei eine von Martins Paradestrecken, er selbst fühle sich dort hingegen nie besonders stark, analysierte Bagnaia bereits im Vorfeld. In Thailand sehe er die Trümpfe aber wieder in seiner Hand, erklärte der amtierende Weltmeister.

Francesco Bagnaia im Thailand-Sprint erneut chancenlos

Was dann am vergangenen Samstag im Sprint von Buriram folgte, war allerdings eine kräftig Ohrfeige für Bagnaia. Er musste sich Martin erneut geschlagen geben. Viel schwerer als weitere zwei verloren Punkte in der Weltmeisterschaft wog aber die Art und Weise, wie Bagnaia seinem Rivalen unterlag. Martin überholte den von Pole Position gestarteten Bagnaia gleich zwei Mal. Der hatte nie etwas entgegenzusetzen. Bagnaia wirkte zahnlos, mutlos, ratlos.

Track-Limits-Vergehen! Hätte Martin bestraft werden müssen? (06:55 Min.)

22 Zähler Rückstand in der Gesamtwertung, drei Niederlagen gegen Martin in Serie, Klagen über mangelndes Gefühl auf dem Motorrad und daraus resultierend einfach nicht gut genug Speed - Bagnaia war im WM-Fight übel angezählt. So mancher Beobachter sah 'Peccos' Felle im Titelduell nicht nur davonschwimmen, sondern bereits weit flussabwärts verloren. Nicht wenige rechneten bereits mit einer WM-Entscheidung zugunsten Martins beim vorletzten Rennwochenende in Sepang.

Jorge Martin geschlagen: Francesco Bagnaia macht Boden gut

Eine solche scheint nun wieder höchst unrealistisch. Weil Bagnaia am Sonntag in Thailand eine weltmeisterliche Vorstellung zeigte. Bei schwierigsten Bedingungen mit starkem Regen und dementsprechend rutschiger Strecke fuhr er ein fehlerfreies Rennen. Bagnaia blieb auch unter massivem Druck von Zweikampfass Marc Marquez cool und hatte trotz dessen Angriffen stets alles unter Kontrolle. In einer absolut entscheidenden Phase des WM-Kampfes eine derart souveräne Vorstellung abzuliefern, verdient höchsten Respekt.

Bagnaia hofft auf Schützenhilfe von Marc Marquez - vergeblich! (06:33 Min.)

Und sie ist typisch für Francesco Bagnaia. Immer, wenn er geschlagen am Boden zu liegen scheint, steht Bagnaia gestärkt wieder auf. Beispiele dafür finden sich in der laufenden Saison zur Genüge: Auf einen Sturz im Sprint von Jerez ließ er einen großartigen Sieg im direkten Duell gegen Marc Marquez am Sonntag folgen. Keine 24 Stunden nach einem unglaublich Patzer im Barcelona-Sprint, mit dem er in der letzten Runde den sicheren Sieg im Kies versenkte, stand Bagnaia wieder ganz oben auf dem Podium. Zwei weitere Male besserte er Nullnummern im Sprint mit Podestplatzierungen am Sonntag aus.

Francesco Bagnaia und der Herbst-Turbo

Und auch im großen Saisonbild betrachtet ist es beinahe schon zur Tradition geworden, dass Bagnaia aus scheinbar aussichtslosen Positionen zurückschlägt. 2021 scheiterte er trotz eines hervorragenden Schlussspurts mit vier Siegen in den letzten sechs Rennen noch knapp am davor bereits weit enteilten Fabio Quartararo. Ein Jahr später legte Bagnaia gegen Quartararo eine noch nie dagewesen Aufholjagd hin, machte 91 Punkte Rückstand gut und gewann seinen ersten WM-Titel. Und auch 2023 drehte Bagnaia im Saison-Finish auf, nahm Martin an fünf der letzten sechs Rennwochenenden Punkte ab, entriss ihm die zwischenzeitlich verlorene WM-Führung und verteidigte seinen MotoGP-Titel.

Die Lehren daraus für alle Außenstehenden sind klar: Bagnaia aufgrund Niederlagen oder Rückständen in der Weltmeisterschaft abzuschreiben, ist selten eine gute Idee. Er liefert dann seine besten Leistungen ab, wenn er mit dem Rücken zur Wand steht. Das ist mit 17 Punkten Rückstand auf Martin in der Gesamtwertung immer noch der Fall. Doch Bagnaia bleiben zwei Rennwochenenden in Sepang und Valencia, um zu zeigen, aus welchem Holz er geschnitzt ist. Jorge Martin ist gewarnt.