2022 verzückte Enea Bastianini regelmäßig die gesamte MotoGP. Gleich vier - zumeist sehr emotionale - Grand-Prix-Siege feierte er, stand in Misano und Sepang außerdem zweimal nach packenden Zweikämpfen mit Francesco Bagnaia als Zweiter auf dem Podest. So bewahrte sich der damalige Gresini-Pilot nicht nur bis zum vorletzten Rennwochenende Außenseiterchancen auf den WM-Titel, sondern verdiente sich kurz nach Saisonhalbzeit auch eine Beförderung in das Ducati-Werksteam.

Dort startete Bastianini als WM-Mitfavorit in die Saison 2023, konnte diesen hohen Erwartungen aber nie gerecht werden. Gleich im ersten Sprint der MotoGP-Geschichte verletzte er sich nach einer Kollision mit Luca Marini schwer an der rechten Schulter und kam fortan nicht mehr in Tritt. Trotz eines überraschenden GP-Sieges in Malaysia standen letztlich nur 84 Punkte und WM-Rang 15 zu Buche. Viel zu wenig für einen Ducati-Werkspiloten, zumal seine Markenkollegen Francesco Bagnaia und Jorge Martin den WM-Titel untereinander ausmachten.

Lächerlich! MotoGP-Bummelstreit eskaliert in Silverstone (07:21 Min.)

Enea Bastianini feiert in Silverstone erste MotoGP-Saisonsiege 2024

Über den Jahreswechsel wieder vollständig genesen, musste zur Saison 2024 deshalb eine große Leistungssteigerung von Bastianini her. Und die Wintertestfahrten in Sepang und Katar verliefen zunächst auch verheißungsvoll. Als es dann zählte, blieben die großen Ergebnisse aber aus. Bastianini verkaufte sich vor der MotoGP-Sommerpause zwar keinesfalls schlecht, landete immerhin viermal in einem Hauptrennen auf dem Podest. Ein Rennsieg sprang jedoch nicht heraus - bis zum Großbritannien GP in Silverstone. Dort gelang 'La Bestia' nun sogar das Doppel, nach dem Sieg im Sprint triumphierte er am Sonntag auch im Hauptrennen. Wie lässt sich diese plötzliche Leistungsexplosion erklären?

"Ich habe über die Sommerpause viel nachgedacht und versucht zu verstehen, wo ich mich noch verbessern kann", kommentierte Bastianini am Sonntag im Rahmen der offiziellen MotoGP-Pressekonferenz und offenbarte anschließend, dabei einiges erkannt zu haben. "Ich habe meine Pace in allen Rennen gecheckt und gesehen, dass sie eigentlich immer gut genug für das Podium war. Ich musste aber zu oft von hinten starten, weil ich die 'Timeattack' [im Qualifying, Anm.] oftmals nicht hinbekommen habe", analysierte er.

Tatsächlich zählte das Qualifying im Jahr 2024 bislang nicht zu den Stärken Bastianinis. Nach gutem Auftakt mit Platz drei in Katar und der Pole Position in Portimao kam er an den nachfolgenden sieben Rennwochenenden nur noch zweimal über Startplatz neun hinaus. Diese beiden Starts aus der zweiten Reihe (jeweils Platz fünf) nutzte er in Austin und Mugello direkt auch zu zwei Podiumsplatzierungen, während er sich bei den anderen fünf Grand Prix nur in Assen noch unter die Top Drei nach vorne arbeiten konnte.

Sieger Enea Bastianini (Ducati Lenovo Team) auf der Ehrenrunde
Enea Bastianini feierte in Silverstone seine ersten Rennsiege 2024, Foto: LAT Images

Bastianini ändert Qualifying-Ansatz: Erste Timeattack muss sitzen!

Bastianinis Rennergebnisse korrelieren also sehr wohl mit seinen Leistungen aus dem Qualifying. Wann immer die 'Bestie' weit vorne starten konnte, sprangen letztlich auch Topresultate heraus. Musste sie aus dem Mittelfeld losfahren, endete die Aufholjagd zumeist außerhalb der Podiumsränge. "Dieses Wochenende bin ich die Timeattack daher anders angegangen", sagt Bastianini und beschreibt: "Ich wollte meine bestmögliche Rundenzeit jetzt unbedingt schon im ersten Outing anschreiben. Davor habe ich es beim ersten Mal zu häufig nicht geschafft, eine gute Runde zu fahren und beim zweiten Mal wurde ich dann oftmals durch Gelbe Flaggen, Verkehr oder Ähnliches ausgebremst."

In Silverstone bewirkte die neue Qualifying-Taktik direkt Wunder: Bastianini positionierte sich nach dem ersten Schlagabtausch direkt hinter Teamkollege Bagnaia auf dem zweiten Rang. Windschattenspielchen und ein Sturz von Maverick Vinales brachten in den finalen Minuten dann fast alle Piloten um ihre letzten schnellen Runden, einzig Aleix Espargaro konnte sich noch verbessern. Dieser verdrängte Bastianini mit einer Rekordrunde zwar noch auf Startplatz drei, doch dieser genügte, um in Sprint und Hauptrennen auf dem Silverstone Circuit gleich vom Start weg bei der Musik dabei zu sein.

Jorge Martin (Prima Pramac Racing)
Enea Bastianini mischte in Silverstone vom Start weg vorne mit, Foto: LAT Images

Im Grand Prix zunächst auf Platz vier zurückgefallen, verwaltete Bastianini in der ersten Rennhälfte seine Reifen, ehe er in der Schlussphase nochmal richtig Alarm machte. Weder Teamkollege Bagnaia noch WM-Leader Martin hatten dem etwas entgegenzusetzen. "Ich bin sehr glücklich über die Ergebnisse dieses Wochenendes", jubelt die Startnummer 23. "Mein neuer Qualifying-Ansatz hat funktioniert. Ich habe gestern den Sprint gewonnen, heute den Grand Prix. Darüber kann ich sehr froh sein."

Gänzlich anders war die Stimmungslage bei Brad Binder und KTM nach dem Jubiläums-Grand-Prix der MotoGP. Alle Infos dazu findet ihr hier: