Alles sah nach einem sicheren MotoGP-Sieg und einem perfekten Wochenende für Jorge Martin am Sachsenring aus. Zwei Runden vor Schluss ändert sich alles: Sieg weg und WM-Führung weg. Begraben im Kiesbett von Kurve 1. Es ist ein mittlerweile leidiges Muster beim Spanier, das seine WM-Chancen bedroht.

Keine Erklärung für den Sachsenring-Sturz, nicht zum ersten Mal

"Ich kann euch den Sturz nicht erklären. Es ist sehr schwierig, es zu erklären. Ich hatte noch keine Zeit, das zu verstehen und zu analysieren. Ich würde es vorziehen mir etwas Zeit zu lassen und das beruhigt sacken zu lassen, was da passiert ist. Ich möchte das jetzt gar nicht machen, das wäre sinnlos", stand Martin ratlos vor den versammelten Journalisten nach seinem fatalen Fehler. Der Sturz in Kurve 1 war harmlos, aber das Rennen war vorbei. Francesco Bagnaia gewinnt, holt 25 Punkte und zieht in der WM-Wertung vorbei.

Jorge Martin stürzt am Sachsenring
Für Martin ist sein Sturz unerklärlich, nicht zum ersten Mal, Foto: LAT Images

Auch wenn Martin wohl erstmal etwas Zeit braucht, so gab er dennoch Einblick in seine Gedanken. Und diese sind beunruhigend: "Das ist ein wichtiger Tag in meiner Karriere. Ich muss jetzt meine Schlüsse ziehen. Jerez, Mugello und hier: Die Stürze waren immer gleich. Da ist also etwas. Vielleicht ist es Kopfsache, aber ich weiß nicht was. Irgendetwas lässt mich stürzen. Ich muss dazulernen und mich wieder aufrichten."

Druck von Bagnaia entscheidend? Vielleicht...

'Irgendwas' ist nicht gerade eine präzise Problembeschreibung. Aber sämtliche Erklärungen, die ihm die fragenden Medienvertreter entgegenwarfen, trafen für den Pramac-Piloten nicht zu. Kurve 1 ist eine der wenigen Rechtskurven, aber nein: "Ich fühlte mich wirklich gut in den Rechtskurven. Da habe ich auch Pecco [Bagnaia] überholt. Das war nicht einfach. Ich konnte das Bike perfekt stoppen. Er hatte mehr Probleme in Rechtskurven."

Reifenverschleiß? Auch nein: "Ich managte sowohl den Vorderreifen als auch das Heck. Es fühlte sich fantastisch an, viel besser als im Training." Dann bliebe noch der Druck seines Konkurrenten Bagnaia. Hier gibt es ein entschiedenes vielleicht: "Mit Sicherheit wollte ich die Lücke von einer halben Sekunde aufrechterhalten, damit Pecco mich nicht überholen kann. Vielleicht war das ein Fehler. Vielleicht hätte ich ihn aufholen lassen sollen, und dann hätten wir gesehen, was passiert wäre. Ich weiß es nicht. Ich werde es verstehen, wenn wir es analysiert haben."

Jorge Martin vor Francesco Bagnaia im Deutschland GP
Francesco Bagnaia übte Druck auf Jorge Martin aus, Foto: LAT Images

Francesco Bagnaia: Nach der Sommerpause beginnt WM von Neuem

Wenigstens kann diese Analyse nun ausführlich und in Ruhe angegangen werden: "Es ist gut, dass wir jetzt Zeit haben. Wir sind erst in der Mitte der Meisterschaft, es ist also nicht das Ende der Welt." Die Sommerpause der MotoGP geht über vier Wochen. Erst Anfang August kehrt die Königklasse in Silverstone zurück. Bis dahin will sich Martin neu sortiert haben.

Rückendeckung erhält er dabei ausgerechnet von seinem großen Rivalen. Francesco Bagnaia hat den Sieg in Deutschland abgestaubt, aber von einem Wendepunkt in der Weltmeisterschaft will er nichts wissen. Er rechnet weiter mit Martin: "Ich bin schon seit 6 oder 7 Grand Prix der gleichen Meinung. Ich fühle mich fantastisch, mache einen guten Job und habe 5 Rennen gewonnen. Aber ich denke nicht, dass es irgendetwas bei Jorge ändert. In Silverstone werde ich mit 10 Punkten Vorsprung beginnen. Das ist wie ein Neustart. Die WM ist noch lang, da ist es nicht die Zeit von einem Wendepunkt zu sprechen." Klar ist aber, dass der Trend momentan klar für den Titelverteidiger spricht. Martin muss sich und seine Stürze tatsächlich gut analysieren, wenn er zurückschlagen möchte.