Dieses MotoGP-Rennen wird Marc Marquez so schnell nicht vergessen. Nachdem es an den ersten beiden Tagen auf seinem geliebten Sachsenring noch so aussah, als hätte sich alles gegen ihn verschworen, legte der Spanier am Sonntag einen Husarenritt hin. Von Rang 13 gestartet, fuhr er am Ende auf Rang 2 und durfte so erstmals mit Bruder Alex Marquez gemeinsam auf dem MotoGP-Podium feiern.

"Danke Sachsenring!", rief Marquez gleich nach dem Rennen im Parc Ferme in das Mikrofon in Richtung der deutschen Fans, die an diesem Wochenende erneut für einen Zuschauerrekord beim Deutschland GP gesorgt hatten. An diesem Tag konnte er damit locker damit Leben, dass Francesco Bagnaia ihm den neunten MotoGP-Sieg auf seiner Paradestrecke verwehrte. Die Voraussetzungen hatten nämlich viel weniger vermuten lassen. Nach einer Blockade von Honda-Wildcard Stefan Bradl startete er nur von Position 13. Und doch kämpfte sich der spanische Superstar wie schon in Le Mans oder Barcelona noch bis auf Platz zwei nach vorne. Wie war dieses erneute Comeback im Hauptrennen möglich?

Marc Marquez wieder fit: Konnte im 'Marquez-Modus' fahren

Ein elementarer Punkt war hierbei Marquez' Gesundheitszustand. Im Training am Freitag hatte sich der Gresini-Pilot nämlich bei einem heftigen Abflug in der Wasserfall-Kurve T11 den linken Zeigefinger gebrochen und mehrere Prellungen im Brustkorb-Bereich zugezogen. In Qualifying und Sprint litt Marquez dadurch noch unter großen Schmerzen und konnte nicht befreit auffahren. Am Sonntag änderte sich dies jedoch. "Ich bin heute aufgewacht und habe mich gleich viel besser gefühlt. Ich bin in die Garage gekommen und habe zu meinem Team gesagt, dass ich heute wieder aggressiv fahren kann - im Marquez-Modus", berichtete er. "Der Finger war gestern schon kein Problem, heute haben mir aber auch die Rippen im Rennen nicht mehr zu schaffen gemacht. Die Medizin hat geholfen."

Zusätzlich zu den besseren körperlichen Voraussetzungen wählte Marquez im Deutschland GP allerdings auch den richtigen Ansatz. "Ich bin mit der Einstellung ins Rennen gegangen, meine Reifen nicht übermäßig zu stressen. Ich wollte nicht panisch agieren und es übertreiben, nur weil es hier schwierig zu überholen ist", blickte der Spanier zurück und lag damit goldrichtig. Denn sein vorsichtiger Ansatz spülte ihn im Rennverlauf immer weiter nach vorne, da einige Konkurrenten die Reifen in der Startphase zu hart rangenommen hatten und fortan im Rückwärtsgang waren.

Marc Marquez übersteht Morbidelli-Kollision: Danach hat's geklickt

Und doch gab es einen kritischen Punkt zu überstehen. Zu Beginn von Runde 22 kam es nämlich zum Kontakt mit Franco Morbidelli. Der Pramac-Pilot war in Kurve 1 etwas weit gegangen, woraufhin Marquez innen durchstechen wollte. Als Morbidelli auf die Ideallinie zurückkehrte, berührten sich die beiden Ducatisti, Marquez blieb nur mit viel Glück sitzen und musste fortan mit beschädigtem Wind-Screen weiterfahren. "Frankie war zwei Runden zuvor schonmal etwas weit gegangen woraufhin, ich ein Vorderrad reingesteckt habe. Zwei Runden später ging er dann noch weiter", analysierte Marquez. "Ich wollte innen auf der weißen Linie bleiben und ihn überholen. Den Kontakt hatte ich nicht erwartet. Glücklicherweise sind wir beide sitzen geblieben."

Der Worst-Case wurde also vermieden und fortan in den Angriffsmodus geschaltet. "Ich habe durch den Kontakt mit Morbidelli zwar etwas Zeit verloren, aber es hat dann auch 'geklickt' und ich bin 'All-in' gegangen", beschreibt Marquez. "Ich habe Enea [Bastianini, Anm.] schnell eingeholt und aggressiv überholt, aber das war der einzige Weg. Als ich in den letzten Runden dann meinen Bruder eingeholt habe, hatte ich viele Fragezeichen im Kopf. Was kann ich tun? Wie aggressiv kann ich fahren? Schließlich wäre das Podium auch für ihn sehr schön gewesen."

Tatsächlich hatte sich in den letzten Runden ein Bruder-Duell um den letzten Podiumsplatz angedeutet, doch dann kam der Abflug von Jorge Martin, womit daraus plötzlich ein Zweikampf um Platz zwei wurde und unabhängig vom Resultat kein Marquez auf einen Podestbesuch verzichten musste. "Das ist natürlich schade für Martin, aber umso besser für unser Team. Das hat die letzten Runden deutlich einfacher gemacht", beschreibt Marquez, der seinen jüngeren Bruder zum Ende der vorletzten Runde in Kurve 12 überholte. "Ich freue mich, das Podium mit meinem Bruder zu teilen, aber insgesamt war es kein gutes Wochenende", bilanzierte er schlussendlich. "Wir hatten viele technischen Probleme und dann habe ich in Turn 11 einen großen Fehler gemacht. Das hat das gesamte Wochenende beeinträchtigt. Aber wir werden als Team daraus lernen. Jetzt ist es an der Zeit, sich zu erholen."