Es war die Szene des Portugal Grand Prix: Im Kampf um den seinerzeit fünften Platz kollidieren Francesco Bagnaia und Marc Marquez, die beiden MotoGP- und Ducati-Superstars, im Zweikampf. Beide gehen zu Boden und verlieren wichtige WM-Punkte. Beide können das Rennen zwar nochmal aufnehmen, liegen aber hoffnungslos zurück. Marc Marquez wird 16., Bagnaia gibt letztlich doch schon vorzeitig auf. Der erste Clash der beiden Titanen. Die Stewards untersuchten sofort und entschieden auf Rennunfall, Marquez beschuldigt Bagnaia. Warum?
Die Erklärung ist simpel. Doch beginnen wir von vorne: Was war in Runde 23 des Portugal Grand Prix überhaupt genau passiert? Bagnaia, der kurz zuvor Platz vier an MotoGP-Superrookie Pedro Acosta verloren hatte, musste immer mehr von der Spitzengruppe abreißen lassen. Fast drei Sekunden fehlten ihm zu diesem Zeitpunkt schon auf Teamkollege Enea Bastianini. Marc Marquez dagegen war auf dem Vormarsch. Der Gresini-Pilot hatte seine Reifen offensichtlich besser verwaltet und noch Gummi übrig, um zu attackieren. Er war schneller als Bagnaia, hatte seinen Rückstand von über einer Sekunde binnen weniger Umläufe aufgeholt. Eine Attacke gegen den amtierenden Weltmeister war daher nur folgerichtig.
Einen ersten Angriff gab es bereits am Ende von Runde 21, allerdings noch ohne Erfolg. In Kurve fünf versuchte Marquez anderthalb Umläufe später dann erneut sein Glück. Mit einem harten Bremsmanöver zog er innen an Bagnaia vorbei, konnte die Linie aber nicht ganz halten. Bagnaia erkannte innen eine kleine Lücke und wollte durchstechen, woraufhin es zum Kontakt zwischen Bagnaias Ducati und Marquez' linker Körperhälfte kam. Die Berührung brachte beide Piloten aus dem Gleichgewicht, sie stürzten in Synchron und rutschten ins naheliegende Kiesbett. Während Marquez sofort zu seinem Motorrad rannte, um das Rennen fortzusetzen, reagierte Bagnaia mit Handgesten und einem Blick Richtung Marquez sichtlich genervt.
Francesco Bagnaia nach Crash: Sauer, aber mich selbst!
Als Bagnaia am Sonntagabend schließlich in seiner Medienrunde Fragen und Antwort stand, hatte er sich längst wieder beruhigt. "Vor dem Start war ich zuversichtlich, ich habe mich gut gefühlt. Ich wollte im Rennen angreifen und meine Reifen verwalten. Ich war dann aber im Verkehr und habe sofort gemerkt, dass die Jungs vor mir schneller waren. Als Marc ankam, wollte er mich überholen und ging weit", gab er seine Sicht der Dinge wieder. "Ich habe seine Linie gekreuzt, er meine. Dann sind wir kollidiert. Das macht mich sauer, kann aber passieren. Das war ein Rennunfall, wir sollten uns nicht zu lange damit aufhalten."
Der Ducati-Star stimmte also mit dem Urteil der Stewards über ein, deren Untersuchung um 17 Uhr deutscher Zeit ebenfalls mit einem 'Racing Incident' geendet hatte. Sauer machte ihn nicht die Kollision an sich, sondern sein eigenes Verhalten: "Ich bin sauer, weil wir mit null Punkten da rausgehen. Letztes Jahr habe ich im zweiten Rennen [Argentinien GP, Anm.] das Gleiche gemacht. Damals dank eines Fehlers, jetzt durch einen Rennunfall. Ich weiß natürlich, dass die WM mit 38 Rennen noch sehr lang ist. Aber ich erwartete und wollte mit Blick auf die Resultate dieses Jahr viel konstanter sein und nicht solchen Ergebnissen starten wie heute."
Marc Marquez: Völlig unnötig, so aggressiv zu fahren!
Eine ganz andere Ansicht präsentierte dann Crash-Rivale Marc Marquez. Der Gresini-Neuzugang schob in seiner Medienrunde Bagnaia die Schuld in die Schuhe: "Für mich war es letztlich ein Fehler von Pecco, aber nicht beim Unfall an sich. Das war ein Rennunfall, wenn auch am Limit. Er wollte kontern. Es war optimistisch, aber ein Kontakt kann vorkommen. Wir haben allerdings um Platz fünf oder sechs gekämpft, es ging um zwei Punkte mehr oder weniger. Außerdem hatte er mit seinem Hinterreifen zu kämpfen. Er hätte diese Position ohnehin irgendwann verloren. Da war es nicht nötig, so aggressiv zu fahren. Aber er hat sich so entschieden und die Konsequenz ist, dass Ducati zweimal null Punkte einfahren hat."
Klare Worte also von Marquez, der später nochmal nachlegte: "Heute war nicht der Zeitpunkt, so zu kämpfen. Aber er hat sich so entschieden und ich bin sicher, dass er daraus gelernt hat." Eine Aussage, die zumindest angezweifelt werden muss. Denn Bagnaia zeigte in seiner Medienrunde keine Einsicht, obwohl sich die beiden zu diesem Zeitpunkt bereits über ihre Kollision bei den MotoGP-Stewards ausgesprochen hatten. "Er hat mich überholt und ist weitgegangen. Wenn ein Fahrer, mit dem du kämpfst, weit geht, was machst du dann? Du überholst ihn, um mehr Punkte einzufahren. Für mich war das kein riskantes Manöver", hält der Ducati-Werkspilot fest.
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