Jorge Martin war im Vorjahr bereits nah dran, scheiterte erst im letzten Saisonrennen in Valencia. 2024 könnte nun auch Marc Marquez die einmalige Gelegenheit haben, sich mit Gresini Racing zum ersten Privat-Weltmeister der MotoGP-Ära aufzuschwingen. Bislang setzten sich nämlich immer die Werkspiloten durch: Angefangen bei Valentino Rossi 2002, bis zuletzt zweimal in Folge Francesco Bagnaia. In der kommenden Saison könnte sich das ändern, denn Marquez hinterließ bei seinem Ducati-Debüt im Valencia-Test einen positiven Eindruck. Er wird von vielen Konkurrenten und MotoGP-Experten als einer der Topfavoriten gehandelt, selbst will der 30-jährige Katalane davon aber nichts wissen.

"Es tut mir leid, aber es wäre ein Fehler, jetzt an den Titel denken", überraschte Marquez bei einem Event von Privatsponsor 'Estrella Galicia 0.0' in Madrid und erleuterte anschließend: "Ich habe seit zwei Jahren kein Rennen gewonnen. Ich konnte in ein paar Sprints mitkämpfen, aber das rechtfertigt nicht, ein Projekt mit dieser Ambition zu starten. Das sind Illusionen, von denen du nicht leben kannst. Es geht nur darum, es zu genießen, Dinge auszuprobieren und uns zu verbessern. Du kannst eine Saison nicht in Angriff nehmen, ohne die Testfahrten absolviert zu haben und die Saisons zu bedenken, aus denen ich komme."

Marc Marquez hatte in den letzten Jahren nicht viel Grund zum Jubeln, Foto: LAT Images
Marc Marquez hatte in den letzten Jahren nicht viel Grund zum Jubeln, Foto: LAT Images

Tatsächlich liegen zwei schwierige Jahre hinter dem MotoGP-Superstar. 2022 verpasste Marquez aufgrund einer karriereentscheidenden vierten Schulter-OP mehrere Rennen und 2023 litt er unter der wenig konkurrenzfähigen Honda RC213V, die ihn letztlich auch zum Gresini-Wechsel brachte. Mehr als zwei Pole Positions sowie zwei GP- und drei Sprintpodien waren in den letzten beiden Saisons nicht möglich. Marquez' letzter MotoGP-Sieg datiert somit schon vom 24. Oktober 2021, als er den Emilia Romagna Grand Prix vor Honda-Teamkollege Pol Espargaro gewinnen konnte. Beim Saisonauftakt 2024 in Katar werden dann 868 Tage vergangen sein, länger musste der achtfache Weltmeister nie auch nur im Ansatz auf einen Erfolg warten.

Marc Marquez bemüht: Erwartungshaltung niedrig belassen

Deshalb ist Marquez nun auch um eine geringe Erwartungshaltung bemüht: "Die Erwartungen rund um die Welt sind hoch und mein Job ist es, diese zu erfüllen. Aber es wird schwieriger denn je, gerade nach den schweren letzten drei Jahren. Darum kann ich vor dem Saisonstart keine Erwartungen zulassen. Wichtig ist, mich bedeckt zu halten und von Rennen zu Rennen zu schauen. Denn das erlaubt uns, ruhig zu arbeiten und keine anfängliche Verwirrung zu stiften, in der jeder das Maximum erwartet."

Marquez' Aussagen sind also mit Vorsicht zu genießen, will er sich nach dem erfolgreichen Valencia-Test doch bloß mehr Zeit geben, um wirklich auf der Ducati Desmosedici GP23 anzukommen. Innerlich dürften seine Ambitionen kaum geringer ausfallen als zuletzt, sitzt er doch immerhin auf dem Weltmeistermotorrad des Vorjahres. "Ich habe alles in meinen Händen", meinte der 30-Jährige zuletzt auch bei 'DAZN' vielversprechend. Dennoch weiß Marquez, dass noch viel Arbeit vor ihm liegt: "Ich muss noch einiges tun, um mich an das Bike und das Team anzupassen. Zunächst kommt das Team und erst, wenn ich ein gewisses Level erreicht habe, werde ich anfangen, Dinge zu verändern, um mich mit allem wohlzufühlen."

Auftrieb gibt Marquez der erfolgreiche Valencia-Test, bei dem er gleich Rang vier belegte und nur 0,171 Sekunden auf die Tagesbestzeit verlor. "Es war ein guter Test, der erste Tag nach solch einer langen Zeit auf einem anderen Bike mit einem anderen Fahrstil. Es wurde viel über mein Lächeln gesprochen. Das war ein Lächeln der Gelassenheit, weil ich erkannt habe, dass ich auch mit einem anderen Motorrad fahren kann. Egal, wie viel ich schon gewonnen und Erfahrung gesammelt habe: Das neue Projekt hat mir erlaubt, mich zu entspannen und einfach Runden zu drehen, ohne am Bike zu arbeiten", beschreibt der Katalane, ergänzt aber direkt: "Für Malaysia [Sepang-Test, Anm.] haben wir nun eine Liste, die es abzuarbeiten gilt. Ich will auf Strecken fahren, die schwieriger für mich sind und mit dem Team arbeiten, um mich so wohlzufühlen, wie möglich und so schnell zu werden wie möglich."