"Die Leute wollen Kämpfe sehen. Heute sehen wir, wie alle freundlich zueinander sind und eine gute Beziehung mit allen haben wollen. Die Leute wollen aber Kämpfe wie Pedrosa und Lorenzo, Marquez und Rossi, Lorenzo mit Marquez, Rossi mit Biaggi oder Rossi mit Sete [Gibernau] sehen", kritisiert einer die MotoGP, der sie wohl noch aufmischen wird. Der nächstjährige GasGas-Pilot Pedro Acosta kann die heile Welt der MotoGP nicht nachvollziehen. Mit Francesco Bagnaia, Jorge Martin und Marco Bezzecchi kämpften über weite Strecken der Saison 2023 drei Fahrer um die Weltmeisterschaft, aber große Kontroversen blieben aus. Für das KTM-Supertalent fehlt das Salz in der Suppe: "Es ist so wie bei [Max] Verstappen, wenn er in der Formel 1 aggressiv fährt. Das ist es, was die Leute sehen wollen. Wir müssen das zeigen." Der Weltmeister in der Königsklasse auf vier Rädern meinte nach seiner Kollision mit Erzfeind Lewis Hamilton in Brasilien 2022, dass er dem Engländer jederzeit wieder reinfahren würde. 2023 folgte nur deshalb keine weitere Episode, weil Verstappen vorneweg fuhr.
In der MotoGP hingegen kämpften die drei Ducati-Stars an der Spitze der WM-Wertung ständig miteinander und dennoch kommen keine Rivalitäten über den sportlichen Wettkampf hinaus auf. Besonders Francesco Bagnaia und Jorge Martin haben eine gänzlich andere Auffassung als ihr junger Kollege Acosta. "Für mich ist es stets sehr wichtig, die Beziehungen auf und außerhalb der Strecke zu trennen. Auf der Strecke muss man respektvoll sein, aber nicht daran denken, dass es Freundschaften gibt. Wenn ich überholen muss, dann überhole ich. Außerhalb der Strecke ist es ebenfalls wichtig, respektvoll zu sein und einen normalen Umgang zu haben. Ich denke, wir sind erwachsen genug, das zu verstehen", meint Bagnaia. "Für mich gilt dasselbe. Es gibt keinen Grund, warum wir nicht miteinander sprechen sollten. Wir haben eine gute Beziehung, und wie Pecco [Bagnaia] sagt, eine Menge Respekt. Auf der Strecke versuchen wir, uns gegenseitig zu schlagen, aber das ist doch völlig in Ordnung", stimmt ihm sein größter Rivale Martin zu.
Sportliche Fairness und Respekt: Werte, die doch eigentlich angestrebt werden sollten? Doch es ist nicht nur Acosta, dem dieser Trend zu weit geht. Auch die ältere Generation wird nicht mit der aktuellen Friedenswoge im MotoGP-Paddock warm. Ex-Motocross-Weltmeister und KTM-Berater Heinz Kinigadner vermisst die Härte: "In der Formel 1 gab es früher lauter Egoisten, ich denke an Lauda, Senna, Prost, Mansell und Berger. Zu Rossis Zeiten war es ähnlich. Heute sind in der MotoGP alle Gegner befreundet, sie umarmen sich im Parc Ferme. Die einzige Ausnahme ist noch Marc Marquez, der kaum zu einem Fahrer hingeht, um sich um ihn zu kümmern, wenn er wieder einen Gegner runtergefahren hat. Nur Jack Miller macht manchmal den Mund auf, aber auch eher verhalten." Das sei zu seiner Zeit anders gewesen. "Im Motocross galt damals die Devise: Nur ein auf dem Boden liegender Gegner ist ein guter Gegner." Und auch der Österreicher bemüht den Vergleich zu den aktuellen Stars auf vier Rädern: "Max Verstappen und Lewis Hamilton würden nie miteinander auf eine Pizza gehen. Ein Rennfahrer muss Egoist sein." Und vor einigen Jahren platzten die Egos in der Motorrad-WM tatsächlich noch aus allen Nähten.
Schwantz vs. Rainey & Gardner vs. Doohan: Mehr Krieg als Rennfahren
"Ich denke, zu dieser Zeit war es mehr Krieg als Rennfahren", erinnerte sich einst Valentino Rossi. Gemeint waren die Jahre, mit denen er aufgewachsen war. Als der Sport in den 1980er und 1990ern noch von den Australiern und US-Amerikanern dominiert wurde. Zu sagen, dass es damals Rivalitäten gab, wäre eine maßlose Untertreibung. Kevin Schwantz und Wayne Rainey konnten sich nicht ausstehen. Für Wayne Gardner und Mick Doohan galt dasselbe. Eddie Lawson bereitete sich auf ein Rennen stets mit einem Wutanfall auf irgendwen oder irgendetwas vor. Und sie alle hassten John Kocinski. Da wurden 10.000 Dollar ausgelobt, falls jemand mit der Freundin des Konkurrenten schlafen würde. Ein anderes Mal wurde in den Helm des Konkurrenten uriniert. Sportsgeist war egal, es ging ums gewinnen. Der andere musste fertiggemacht werden, auf allen Ebenen. Nur ein Sport, von wegen.
Obwohl die MotoGP-Ära die ekligen Höhepunkte der 500ccm-Zeiten nicht mehr erreichte, so hatte sich Valentino Rossi doch so einiges abgeschaut. Er war es, der die Rivalitäten der MotoGP prägte. Ein Held braucht auch einen Bösewicht, sonst ist er nichts wert. Das machte der Doktor sofort klar, an seinem Landsmann Max Biaggi. Seit einem Vorfall in einem Restaurant hatte er den vierfachen 250er-Weltmeister auf dem Kieker. So richtig ging es 2001 in Suzuka los. Biaggi drängte den aufstrebenden Motorradstar Rossi auf der Start-Ziel-Geraden ab. Als Rossi später an ihm vorbeigegangen war, gab er seinem Landsmann gleich noch den ausgestreckten Mittelfinger mit. Nur zwei Monate später in Barcelona blieb es nicht bei einer Geste. Nach dem Rennen flogen abseits der Kameras die Fäuste. Die Medien hatten ihre Schlagzeilen. Ein Kampf auf der Strecke war schön und gut, aber eine Schlägerei? Das verkauft sich doch noch besser. Rossi und Biaggi betonten danach zwar, dass sie die Dinge ausgeräumt hätten. Aber wer sie gegeneinander rennfahren sah, der wusste wie viel davon zu halten war. Und auch neben der Strecke waren die Signale weiterhin klar. Nie sahen sie sich an, nie verwendeten sie den Vornamen des anderen. Der Erfolg war aber einseitig: Der exzentrische Rossi dominierte den Sport und wurde zum Star, der kühlere Biaggi hingegen hatte nichts von der Zankerei.
MotoGP in den 2000ern: Valentino Rossis Kabinett der Feinde
Während Biaggis MotoGP-Karriere 2005 endete, hatte Rossi das Ende der Fehdenstange noch lange nicht erreicht. Nun war er der Platzhirsch, und die Herausforderer standen Schlange. Der erste war noch einer der alten Garde. Sete Gibernau forderte den Italiener zumindest phasenweise. 2004 in Katar manipulierte Rossis Team seine Startbox mit unerlaubten Burnouts, es folgte die Disqualifikation im Qualifying. Für den Doktor war klar: Gibernau musste ihn angeschwärzt haben. Der Spanier gewann, Rossi kam bei seiner Aufholjagd zu Sturz. Der Yamaha-Pilot soll geschworen haben, dass Gibernau nie wieder ein Rennen gewinnen würde. Und im Folgejahr sorgte er auch dafür. Beim Saisonauftakt in Jerez ging der Kampf um den Sieg bis in die letzte Kurve. Mit aller Gewalt rempelte Rossi sich zum Sieg, Gibernau ging ins Kiesbett. Die spanischen Fans buhten den Sieger aus. Doch es war nicht Rossi, der gebrochen war. Die Prophezeiung des Italieners hielt: Gibernau gewann danach tatsächlich kein Rennen mehr.
2006 musste Rossi dann seine erste Niederlage in der MotoGP-Ära hinnehmen. Nicky Hayden holte sich in einem dramatischen Finale den Titel. Mit dem Amerikaner kam Rossi überraschenderweise gut klar, was wohl auch an der ruhigen und höflichen Art Haydens lag. Außerdem musste sich Rossi seine Niederlage in Valencia selbst zuschreiben. Nach schlechter Startphase stürzte er beim Versuch einer Aufholjagd. Er jagte dabei einem hinterher, gegen den er 2007 keine Chance hatte: Casey Stoner. Der Australier auf der Ducati fuhr die Konkurrenz mit den neuen 800ccm-Maschinen in Grund und Boden. Doch Rossi ließ sich das nicht zweimal bieten. 2008 war er wieder zur Stelle und der Wettstreit gipfelte in einem legendären Duell in Laguna Seca. Nach drei Stoner-Siegen in Serie musste Rossi ein Zeichen setzen. Nach rundenlangem Kampf ging Stoner weit und ins Kiesbett. Rossi hatte seinen bis dahin stärksten Gegner bezwungen und fuhr zum nächsten Titel.
Im selben Jahr kündigte sich aber bereits der nächste Rivale an, und Rossi wusste frühzeitig bescheid. Jorge Lorenzo hatte die 250ccm-Klasse dominiert und kam nun direkt ins Yamaha-Werksteam. Rossi fürchtete um seine Vormachstellung und machte zugleich von ihr gebrauch. Er ließ sich exklusiv die Bridgestone-Reifen zusichern, mit denen Stoner ihm im Vorjahr noch um die Ohren gefahren war. Lorenzo hingegen bekam Michelins. Doch damit nicht genug. Es wurde wortwörtlich eine Mauer in der Box errichtet. Der Rookie sollte nicht eine Information vom Superstar erhalten können, das schloss selbst das Blickfeld mit ein. "Valentino wollte keinen jungen Fahrer an seiner Seite. Er hat alles versucht, damit ich nichts dazulernen konnte", erinnert sich Lorenzo noch heute.
Doch der Mallorquiner lernte trotzdem. 2009 forderte der Schüler - nun auch auf Bridgestones - den Meister bereits heraus. In fantastischen letzten Runden in Barcelona kämpften sie Kurve um Kurve. Am Ende behielt Rossi noch einmal die Oberhand, ebenso wie in der Weltmeisterschaft. Ob die Geschichte 2010 noch komplett eskaliert wäre, durften wir nicht erfahren. Rossi zog sich beim Training zum Heimrennen in Mugello die erste schwere Verletzung seiner Karriere zu. Bis er sich von seinem Beinbruch erholt hatte, war Lorenzo schon längst in Richtung Titel abgefahren. In Motegi kam es dennoch zum beinharten Zweikampf. Yamaha rügte Rossi, er würde Lorenzos fast sicheren Titel unnötig riskieren. Der Spanier war zu diesem Zeitpunkt bereits das neue Zugpferd der Japaner, denn Rossi entschied sich zum Wechsel zu Ducati.
Der Sepang-Clash 2015: Rossis Spielchen scheitern erstmals
2013 kam er aber nach zwei desaströsen Jahren in Bologna wieder zurück zur alten Heimat. Der Konflikt blieb zunächst aus. Lorenzo lag sportlich klar vor Rossi, 8 zu 1 Siege sprachen eine deutliche Sprache. 2014 war der Doktor aber wieder vorne, sein spanischer Rivale hingegen von Verletzungen geplagt. Zwischen dem Star-Duo ging es aber nicht um den Titel. Diesen heimste in beiden Jahren Shootingstar Marc Marquez auf der Honda ein. Diese drei sollten dann 2015 ihre Geschichte für die Ewigkeit schreiben. Marquez schwächelte überraschend oft und so kämpfte das Yamaha-Duo um die Meisterschaft. Die alten Wunden brachen wieder auf. In Misano blockierte Rossi seinen Teamkollegen im Qualifying und provozierte mit einem Helmdesign, das ihn als kleinen Fisch auf der Flucht vor einem bösen Hai zeigte. Der Psychokrieg war eröffnet. Lorenzo antwortete bei seinem nächsten Sieg in Aragon mit einem Hai-Jubel.
Für die komplette Eskalation musste sich aber noch Marquez mit einschalten. In einem spektakulären Rennen auf Phillip Island siegte der Spanier vor Lorenzo. Rossi wurde nur Vierter und beschuldigte Marquez, seinem Landsmann Lorenzo während des Grand Prix geholfen zu haben. Ironischerweise provozierte er damit erst recht die Parteinahme von Marquez. Der junge Himmelsstürmer sah sich in seiner Sportlerehre persönlich angegriffen und attackierte Rossi, der eigentlich Lorenzo jagen wollte, in einem harten Zweikampf beim nächsten Rennen in Malaysia. In Kurve 14 drängte Rossi seinen jüngeren Konkurrenten weit. Es kam zur Kollision und zum Sturz für den Honda-Piloten. Der als 'Sepang-Clash' in die Geschichte eingegangene Vorfall nahm Rossi alle Chancen auf die WM, denn er wurde aufgrund des Remplers für das finale Rennen in Valencia auf den letzten Startplatz verbannt. Rossis letzte große Fehde führte zu seiner heftigsten Niederlage. Es kam zu Hass, Verschwörungstheorien und Shitstorms der Fan-Lager in nie gekanntem Ausmaß. Rossis Streit mit den beiden Spaniern ging in den Folgejahren bei vielen Wortgefechten weiter, doch war er sportlich nicht mehr konstant genug, um in der Weltmeisterschaft anzugreifen.
Es kracht nicht mehr in der MotoGP, aber warum eigentlich?
Einige Jahre später blicken wir nun auf eine MotoGP, die sich um 180 Grad gewandelt zu haben scheint. Warum gehen sich die WM-Rivalen Bagnaia und Martin nicht gegenseitig an die Gurgel, sondern betonen ihren Respekt? Warum gab es auch schon 2022 zwischen Bagnaia und Fabio Quartararo nichts Kontroverses zu berichten? Ist es einfach, weil sie faire Sportsmänner sind? Das wollen wir ihnen sicherlich nicht absprechen, doch es gibt auch noch andere Faktoren. Aus einer Rivalität Motivation und Profit zu schlagen, funktioniert nur, wenn man sich wirklich nicht ausstehen kann. Bei vielen der heutigen Fahrer ist dies schlicht nicht der Fall. Ein großer Teil des MotoGP-Grids wohnt in Andorra, sie sind teilweise Nachbarn. Wer will schon ständig Streit mit dem Nachbarn? Dazu wird auch gemeinsam trainiert, ironischerweise initiiert von Valentino Rossi. Auf seiner Ranch verbringen die Fahrer der VR46-Academy viel Zeit miteinander. Da gibt es nicht nur höflichen Umgang, sondern echte Freundschaften.
Dazu kommen sportliche Faktoren. Rossis Halbbruder Luca Marini ist der Mangel an Rivalitäten ebenfalls aufgefallen, und er hat eine Erklärung: "Ich denke, das Problem heute ist, dass es elf Fahrer im Kampf um den Sieg gibt, also sind unsere Rivalitäten auf zehn oder mehr Fahrer verteilt. Wenn du stets nur mit zwei oder drei Fahrern kämpfst, dann ist deine Rivalität nur auf diese Fahrer konzentriert, also wird sie auch stärker sein." Tatsächlich gab es früher zumeist nur wenige Spitzenfahrer. Zwischen 2008 und 2012 konnten die Fans darauf wetten, dass das Podium aus dem Viererpack Valentino Rossi (mit Ausnahme der Ducati-Jahre), Jorge Lorenzo, Casey Stoner und Dani Pedrosa stammen würde. 2013 trat dann Marc Marquez nahtlos die Nachfolge des zurückgetretenen Stoner an. Heutzutage sind zwar die Ducatis von Bagnaia, Martin und Bezzecchi die Favoriten, aber die Fluktuation ist viel höher. Podestfahrer finden sich auch noch jenseits der ersten Zehn der WM-Wertung. Es gibt nicht mehr den einen, den man schlagen will.
Das viel engere Feld kommt durch das technische Wettrüsten in der MotoGP zu Stande. Die Königklasse ist nicht mehr nur eine Fahrermeisterschaft, sondern längst ein Wettstreit der Werke. Es muss schrittgehalten werden mit der Konkurrenz. Stallkrieg ist da unerwünscht. Ducatis Erfolg liegt auch daran, dass alle Fahrer Zugang zu sämtlichen Daten erhalten. Der Fortschritt erfolgt über sportliche Zusammenarbeit, Ego nützt da nichts. Eine Situation wie damals die Reifenmauer in der Yamaha-Box wäre heutzutage undenkbar. Kein Hersteller akzeptiert die Behinderung der eigenen Weiterentwicklung aufgrund persönlicher Animositäten zwischen den Fahrern, und das vollkommen zurecht. Das Alphatier im Stall zu sein hat keinen Wert mehr, wenn das Werk schwach aufgestellt ist. Der Wechsel von Marc Marquez auf eine Vorjahres-Ducati bei Gresini unterstreicht das nur umso mehr.
Dazu hat die technische Entwicklung des Sports die Arbeit der Fahrer wesentlich verkompliziert. Zur Strecke kommen, ein bisschen fahren und dann zum Barbecue? Das ist längst Geschichte. Jetzt heißt es nach den Sessions zu Medienrunden, Debriefs und dann ins Bett, um dem von über 20 Rennwochenenden geschundenen Körper etwas Ruhe zu gönnen. Wer will da noch einen weiteren Kriegsschauplatz aufmachen? Noch dazu in Zeiten des Internets. Selbst Valentino Rossi musste dies im Fallout von Sepang 2015 einsehen. Die damalige Schlammschlacht im Netz sprengte sämtliche Grenzen. "Das sind die sozialen Medien: Jeder auf der Welt kann mit Marquez, mit Lorenzo, mit mir, mit [Lewis] Hamilton, mit [Fernando] Alonso sprechen und sagen: Scheiße, ich hoffe du stirbst! Es ist wirklich schlimm", seufzte der Doktor, nachdem sich die Lage auch nach einigen Rennen in der Saison 2016 noch nicht beruhigt hatte. Wenn ein Mann vom Schlage Rossis dies so sieht, wie sollte die heutige Generation MotoGP-Fahrer es anders beurteilen? Sie sind mit den sozialen Medien aufgewachsen, und kennen ihre Schattenseiten. Und selbst wenn es ihnen zunächst nicht bewusst ist, so werden sie in der Arbeit mit Sportpsychologen darauf hingewiesen: Volle Konzentration auf den Job, alles andere ist nur Sand im Getriebe.
Ist ein Rivalitäten-Revival in der MotoGP möglich?
Sind die Zeiten der großen MotoGP-Rivalitäten also vorbei? Momentan gibt es zumindest nicht allzu viele Anzeichen für eine Rückkehr zu den Motorrad-Kriegen vergangener Jahrzehnte. Pedro Acosta hat seine Ambitionen bereits angekündigt, doch wird er sich erst einmal in der Spitze der Königsklasse etablieren müssen. Ducati-intern könnte Marc Marquez für neue Spannungen sorgen. Der MotoGP-Superstar ist weiterhin ein harter Hund auf der Strecke, doch beschwert er sich auch nicht über die harte Fahrweise seiner Gegner. Nach seinem Konflikt mit Rossi hat er mit dessen Landsmann Andrea Dovizioso bewiesen, dass seine sportlichen Duelle nicht ausarten müssen. Sein Erzfeind Rossi ist bei Ducati durch die VR46-Academy aber weiterhin präsent, und wird von Bagnaia, Bezzecchi und Co. verehrt. Da könnte es also durchaus krachen, zumal Gresini als privates Kundenteam nicht so eng an das Werk aus Bologna gebunden ist. Die Ducati- und VR46-Fraktionen werden sich von Marquez kaum vorführen lassen wollen. Dazu kommt dann noch Jorge Martin als ein weiterer Außenseiter. Als einziger der von Ducati angestellten Fahrer ist er kein Italiener und verkehrt auch in anderen Kreisen. Ihn sieht man mit seinen Landsleuten Aleix Espargaro und Alex Rins in Andorra. Er schwebt nicht im VR46-Kosmos und hat bereits bei seinem MotoGP-Aufstieg bewiesen, dass Karriere für ihn vor Loyalität steht. Dennoch steht er charakterlich für respektvollen Umgang auf und neben der Strecke ein, zumindest noch.
Und außerhalb Ducatis? Dort sind alle damit beschäftigt, den technischen Rückstand auf die Dominatoren aufzuholen. Fabio Quartararos großer Rivale heißt aktuell Yamaha YZR-M1. Bei Aprilia wird von Maverick Vinales bei jeder sich bietenden Gelegenheit Friede, Freude und Eierkuchen in Noale beschworen. Auch hier laufen die Gemüter vielmehr aufgrund der Technik heiß, ebenso wie die RS-GP selbst. Von Honda brauchen wir dahingehend wohl gar nicht erst anfangen. Bliebe also nur mehr KTM übrig. Die dortige Fahrerpolitik mit fünf Verträgen für vier Fahrer hätte bei einem anderen Charakter als Pol Espargaro wohl bereits für gewaltigen Zwist zwischen den Piloten aus Mattighofen gesorgt. Der Spanier nahm die Degradierung zum Ersatzfahrer aber zähneknirschend hin. Die Aussichten für die Fans eines gepflegten MotoGP-Konflikts stehen also nicht besonders gut. Sollten sich wider Erwarten doch noch Spannungen entwickeln, so darf wohl vermutet werden, dass zumindest auf einer Seite die Namen Marc Marquez oder Pedro Acosta stehen werden.
Dieser Artikel über die fehlenden Rivalitäten der MotoGP wurde ursprünglich in Ausgabe 94 unseres Print-Magazins veröffentlicht. Auf den Geschmack gekommen? Hier kannst du dir unser neuestes Heft sichern!
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