Der frischgebackene Superbike-Doppelweltmeister Alvaro Bautista wird in Sepang einen Wildcard-Auftritt auf einer Ducati GP23 erhalten. Damit fährt der Spanier erstmals seit 2018 wieder in der Königklasse, wo er von 2010 an insgesamt 158 Rennen als Stammpilot absolvierte. Wie stehen seine Chancen in Rennen Nummer 159? Die Vergangenheit zeigt, dass Wildcards bzw. Ersatzpiloten durchaus überraschende Erfolge erreichen können.
MotoGP-Wildcards: Einer konnte sogar gewinnen
Für die erste große Wildcard-Sensation in der MotoGP sorgte Akira Ryo 2002 gleich beim allerersten MotoGP-Rennen überhaupt. Der Japaner war der Testfahrer von Suzuki und kannte daher die Strecke beim Saisonauftakt in Suzuka genau. Schon im Qualifying zeigte er mit Rang sieben auf. Am Sonntag regnete es und in einer fantastischen Startphase, auch dank schlechter Starts der Favoriten rund um Valentino Rossi, ging er sogar in Führung. Diese hielt der Japaner sensationell bis in Runde 16, als Rossi ihn niederringen konnte. Bis zum Ende blieb Ryo aber in Sichtweite des Superstars und beendete das Rennen mit nur 1,5 Sekunden Rückstand als Zweiter.
Noch besser machte es aber einer, der aus der gleichen Situation wie Bautista kam. Troy Bayliss hatte 2006 die Superbike-WM für Ducati gewonnen und erhielt zur Belohnung einen Auftritt beim Saisonfinale in Valencia, um den verletzten Sete Gibernau zu vertreten. Seine Leistung ging im Titelshowdown rund um Nicky Hayden und Valentino Rossi etwas unter, doch war sie schlichtweg fantastisch. Der Australier qualifizierte sich auf Startplatz Zwei, schoss beim Start in Führung und gab diese bis ins Ziel nicht mehr ab. Damit wurde er zum ersten und bis heute einzigen Piloten, der in einem Jahr in der MotoGP und der Superbike-WM gewinnen konnte.
Der bislang letzte Podestplatz eines Wildcard-Piloten gelang ebenfalls in Valencia. Yamaha-Testfahrer Katsuyuki Nakasuga war eigentlich nur von Rang 16 aus gestartet, doch brillierte er bei Mischbedingungen auf dem Circuit Ricardo Tormo. Er traf die goldrichtige Entscheidung, mit Slicks zu starten, und lag damit gegenüber dem Großteil des Feldes im Vorteil. Doch das war auch nicht ohne Risiko, wie die Stürze des lange Führenden Jorge Lorenzo, Stefan Bradls und Cal Crutchlows zeigten. Nakasuga blieb aber sitzen und fuhr so zu einem fantastischen zweiten Platz.
Pedrosa beweist: Wildcards auch 2023 gefährlich
Doch es war der Sieger des damaligen Rennens in Valencia, der Bautista nun Hoffnung machen sollte: Dani Pedrosa. Der heutige KTM-Testfahrer brillierte 2023 bereits mit zwei Wildcard-Auftritten in Jerez und Misano. An letzterem Wochenende schrammte er mit zwei vierten Plätzen in Sprint und Grand Prix nur hauchdünn an der Podest-Sensation vorbei. Auch Bautista ist auf die Leistungen des 'Little Samurai' im Hinblick auf seinen Wildcard-Einsatz schon aufmerksam gemacht worden: "Viele Leute sagen zu mir: Schau dir Dani an, der um das Podium gekämpft hat."
Den Vergleich wollte der Superbike-Weltmeister aber nicht gelten lassen: "Dani hat in der MotoGP viel mehr Kilometer gefahren als ich, er hat in Misano viele Tests absolviert. Die Situation ist anders." Dennoch zollte er seinem Kollegen unter den 'alten Hasen' großen Respekt: "Ich bin sehr glücklich, dass Pedrosa dabei war. Er ist ein Fahrer meiner Generation. Wir sind viel zusammen gefahren und ich bin sehr glücklich, dass er die Youngster pushen konnte."
Bautista macht sich keinen Druck: Einfach Spaß haben!
Für seinen eigenen Auftritt will sich der 38-Jährige keinen Druck machen: "Ich habe nicht darüber nachgedacht. Das Ziel ist es, diese Wildcard zu genießen." Ironischerweise wird er mit voller Absicht nicht am Ort der letzten beiden großen Sensationen an den Start gehen: "Ich habe mich für Sepang entschieden, obwohl es für Ducati aufgrund der Nähe vielleicht einfacher wäre, nach Valencia zu fahren. Aber Cheste ist eine enge Strecke und in der MotoGP keine, die man besonders genießt. Deshalb habe ich mich für Malaysia entschieden. Eine breite Strecke, die ich mag und auf der ich mehr Möglichkeiten habe, Spaß zu haben."
Zwischen den Zeilen war dennoch zu lesen, dass sich Bautista durchaus etwas ausrechnet: "Ich fahre dorthin, um es zu genießen, auf eine meiner Lieblingsstrecken, die ich sehr vermisse. Und wir haben ein sehr gutes Team und ein sehr gutes Motorrad." Mit der GP23 wird er das Spitzenmotorrad im MotoGP-Feld erhalten. Nur KTM-Pilot Brad Binder konnte zuletzt mit den Ducatis mithalten. Aprilia ist nach einem Hoch im Sommer aufgrund von Problemen mit der Hitze bei den Asienrennen zurückgefallen. Der Blick Bautistas geht vor allem auf den Grand Prix: "Ich denke, ich bin ein Typ für lange Rennen." Doch auch in seinem ersten MotoGP-Sprint will er sich nicht verstecken: "Der Sprint ist ähnlich wie der, den wir hier [das Superpole-Rennen in der Superbike-WM, Anm. d. Red.] haben. Er wird mich daher nicht überraschen."
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