Das gesamte Wochenende über bekamen MotoGP-Fans in den Sessions der Königsklasse in Indonesien verhältnismäßig viele Stürze zu sehen. Den negativen Höhepunkt gab es dann aber erst im Hauptrennen, als nur 14 der 21 Piloten ins Ziel kamen. Sieben Fahrer, also exakt ein Drittel des gesamten Feldes, beendete den Grand Prix im Kiesbett. Wieso gab es auf dem Mandalika International Street Circuit so viele Stürze zu verzeichnen?

Wenig Betrieb sorgt in Mandalika für viel Schmutz

Als Erklärung sind allen voran zwei Charakteristika der 4,313 Kilometer langen Rennstrecke, deren Konstruktion erst Mitte November 2021 fertiggestellt wurde, zu nennen: Design und Benutzung. Zum einen wird der Mandalika International Street Circuit abseits der MotoGP-Rennwochenenden nämlich kaum genutzt. Neben der Motorrad-Weltmeisterschaft waren im Jahr 2023 erst zwei andere Rennserien zu Gast - darunter die WorldSBK, die ihre Rennen bereits Anfang März austrug. Es gibt also kaum Betrieb auf der Rennstrecke. Kombiniert mit der Küstenlage sorgt das für viel Schmutz und Dreck auf dem Asphalt.

Jorge Martin crasht: So erklärt er seinen folgenschweren Patzer (05:18 Min.)

Die Ideallinie kann während der Rennwochenenden schnell 'sauber' gefahren werden. Kommt ein Fahrer jedoch von dieser ab, verliert er schnell viel Grip. Die logische Folge sind Stürze. "Ich bin in Kurve zehn etwas weit gegangen und dabei etwas in den Schmutz gekommen. Als ich dann in Turn 11 eingebogen bin, habe ich ohne Vorwarnung das Vorderrad verloren, obwohl ich alles gleich gemacht habe wie in der Runde zuvor", erklärte beispielsweise Jorge Martin seinen Abflug, der ihn den Rennsieg und die WM-Führung kostete.

Pramac-Teamkollege Johann Zarco unterlief nur zwei Runden später der identische Fehler - auch wenn der Franzose zusätzlich mit einem defekten Ride-Height-Device und abgesenktem Heck zu kämpfen hatte. "Es ist nach der ersten Kurve unten geblieben. Ich bin weitergefahren, aber das Bike hat nicht mehr eingelenkt", klagte Zarco am Sonntag. "Als ich mich an dieses 'neue' Bike gewöhnt habe und Morbidelli gefolgt bin, habe ich in Turn 11 einen Fehler gemacht. Das Heck ist gerutscht, dann ist die Front eingeklappt. In dieser Kurve ist es so rutschig."

Eine weitere schwierige Stelle war am gesamten Wochenende Turn 15: Der langgezogene Rechtsknick brachte am Sonntag in der zweiten Runde Pol Espargaro zu Sturz. Einen Tag zuvor hatte es an gleicher Stelle schon Aleix Espargaro abseits der Ideallinie erwischt, er war anschließend in Brad Binder gekracht. Am Sonntag fiel dann auch noch Joan Mir den schwierigen Bedingungen in Mandalika zum Opfer, er stürzte nach elf Runden wenige Meter weiter in Turn 16. Kurz zuvor war bereits Augusto Fernandez in Kurve 13 abgeflogen - der gleichen Stelle, an der auch Marc Marquez im achten Umlauf zu Sturz gekommen war. "Das war einer dieser Stürze, die du nicht kommen siehst. Ich bin ohne Vorwarnung gestürzt. Ich habe nichts getan, ich habe das gemacht, was das Bike von mir wollte. Die Daten sagen, dass ich identisch gefahren bin, wie in der Runde zuvor. Trotzdem bin ich gestürzt", klagte er.

Kaum Überholmöglichkeiten: Viel Risiko in Mandalika gefordert

Zusätzlich zum Schmutz gibt es noch einen weiteren Faktor, der den MotoGP-Piloten das Leben in Indonesien schwer macht: Das Design des Mandalika International Street Circuit. Der Kurs ist nämlich sehr eng und kurvenreich gehalten, es gibt kaum Überholmöglichkeiten. Die längste Gerade misst lediglich 723 Meter. Dadurch müssen die Stars der Königsklasse mehr Risiko eingehen, wollen sie andere Fahrer passieren. Verlassen sie dabei die Ideallinie, wird es durch den fehlenden Grip auf dem schmutzigen Asphalt noch gefährlicher. Das kann nicht immer gutgehen.

Eine Lektion, die Brad Binder an diesem Wochenende gleich zweifach lernen musste. Zunächst wurde er im Sprint, wie bereits erwähnt, bei einer Attacke von Aleix Espargaro zu Boden gerissen. Einen Tag später war er es dann selbst, der in Miguel Oliveira krachte. Der Vorfall, der sich in der elften Runde in Turn 2 ereignete, endete nur mit viel Glück für beide Piloten ohne Sturz. "Ich war etwas zu schnell und hatte dann einen Moment. Ich bin in letzter Sekunde noch nach innen ausgewichen, habe ihn aber getroffen", gestand Binder nach Rennende seine Schuld.

Rennszene aus dem MotoGP-Sprint in Indonesien
In Mandalika gibt es nur eine 'saubere' Ideallinie und kaum Geraden, Foto: LAT Images

Binder schießt Marini ab: Bremsdruckverlust ausschlaggebend

Für den KTM-Piloten war es bereits der zweite Zwischenfall im Indonesien Grand Prix, zuvor hatte er schon Luca Marini in Runde zwei aus dem Rennen befördert. Hier konnte Binder aber wenig ausrichten, er litt kurzzeitig unter Bremsdruckverlust: "Ich hatte einen Wackler in Turn 8. Als ich dann meine Vorderradbremse gezogen habe, hatte ich kaum Widerstand. Ich bekam Panik, weil ich zwei Fahrer neben mir hatte. Ich habe auf die Hinterradbremse getreten und versucht, irgendwie auszuweichen."

Das klappte aber nicht: Binder traf Marini, der daraufhin zu Boden ging. "Ich hatte keine Chance. Ich sah nur einen Blitz, dann war's das", ärgerte sich der VR46-Pilot, der von der Pole Position ins Rennen gegangen war und zu diesem Zeitpunkt auf Platz vier lag. "Brad kam zu mir und hat alles erklärt. Dadurch bin ich weniger wütend. Er hatte einen Moment über den Curb und manchmal kann das passieren, dass die Beläge der Vorderbremse dann weit weg sind. Das ist mir an diesem Wochenende auch schon passiert, ich kenne dieses ungute Gefühl. Das ist einfach nur Pech, das kann ich nicht beeinflussen."