Macht es Fabio Quartararo bald Marc Marquez nach und flieht vor seinem langjährigen Arbeitgeber Yamaha? Der MotoGP-Star der Japaner wurde in der Gerüchteküche bereits lose mit Aprilia in Verbindung gebracht. Dazu wird es 2024 aber wohl noch nicht kommen, der Franzose wird seinen, bis Ende des kommenden Jahres gültigen, Vertrag aller Voraussicht nach erfüllen und die kommende Saison an der Seite von Neuzugang Alex Rins bestreiten. Dass der Weltmeister von 2021 darüber hinaus noch bei Yamaha verbleiben wird, erscheint hingegen immer unwahrscheinlicher. Er selbst hat nun noch einmal den Druck in Richtung Hamamatsu erhöht.

Im Interview mit MotoGP.com sprach der 24-Jährige offen von Wechselgedanken: "Die Zukunft liegt nicht in meinen, sondern in Yamahas Händen. Natürlich würde ich es bevorzugen, bei Yamaha zu bleiben. Aber wenn sie nicht zustande bringen, was ich möchte -nämlich ein konkurrenzfähiges Motorrad - dann muss ich einen Wechsel für 2025 in Betracht ziehen."

Der sportliche Absturz Yamahas ging 2023 rasant vonstatten. War Quartararo 2022 noch Vizemeister, konnte er in der aktuellen Saison bisher mit Mühe und Not zwei Podestplätze einfahren. In der WM-Wertung liegt er auf Rang Zehn. Titelverteidiger Francesco Bagnaia, letztes Jahr noch im Duell mit Quartararo, hat fast die dreifache Punktzahl eingefahren (319 zu 111). Für einen Spitzenpiloten wie den Franzosen ein kaum zu akzeptierender Zustand: "Mental ist das hart, wenn du drei Jahre in Folge um die Meisterschaft, Siege, Pole-Positions und bei jedem Rennen um das Podium gekämpft hast. Manchmal kann ein Fahrer die Probleme [des Motorrads, Anm. d. Red.] ein bisschen kaschieren, aber es kommt der Moment, wo die Probleme einfach zu groß sind. Da kann ich nichts mehr machen."

Yamaha droht das Marquez-Szenario

Eine Änderung herbeiführen können nurmehr die Yamaha-Ingenieure. Doch genau dort liegt das Problem. Laut Quartararo passiert technisch so gut wie nichts: "Wir haben seit drei Jahren im Prinzip dasselbe Bike. Es gibt keine großen Änderungen und wir finden keine großen Verbesserungen." Nach dem enttäuschenden Misano-Test machte er daher vor versammelter Mannschaft eine Ansage: "Wir hatten eine einstündige Besprechung mit etwa 20 Leuten und ich sagte ihnen direkt, dass ich nicht glücklich bin und wir uns verbessern müssen." Was er dann über seine Forderungen berichtete, ließ tief über Yamahas Zustand blicken: "Ich habe viel verlangt, aber ich wäre schon glücklich mit der Hälfte dessen, was ich mir vorstelle. Eine Hälfte 2024 und die andere Hälfte 2025, damit wäre ich schon glücklich."

Bis jetzt deutet jedoch vieles daraufhin, dass Yamaha nicht einmal das liefern könne. 2024 könnte daher eine gefährliche Saison werden, denn sportlichen Ehrgeiz hat Quartararo weiterhin: "Als Profi muss ich konkurrenzfähig sein, aber dazu werde ich 2024 eine Menge Risiko eingehen müssen. Die anderen werden wieder einen Schritt nach vorne machen. Und wenn uns das nicht gelingt, dann werden wir uns bei allem noch mehr im Grenzbereich bewegen müssen." Viel Zeit scheint Yamaha also nicht mehr zu haben, wenn sie ihren Starpiloten halten wollen. Der Fall Marc Marquez sollte eine Warnung sein. Auch der Spanier ging immer mehr Risiko für Spitzenresultate ein, ehe diese Taktik - und damit die Ehe mit Honda - am Sachsenring mit fünf Stürzen an einem Wochenende in sich zusammenbrach.