Die MotoGP erlebte ein denkwürdiges Debüt des 2023 neu eingeführten Wochenendformats samt Sprintrennen. Zwei rote Flaggen, schwere Stürze, zahlreiche verletzte Fahrer, ein spektakuläres Qualifying, chaotische Rennen, haufenweise Überholmanöver, Berührungen, Materialschäden und vieles mehr. All das ließ Routinier Aleix Espargaro am Sonntag zu einer Wutrede hinreißen.

"Ich verstehe es nicht. Das war das erste Rennwochenende und wir haben mehrere Fahrer im Krankenhaus. Das ist verrückt, so können wir nicht weitermachen", zog der Aprilia-Pilot ein alarmierendes Fazit. "Wir sollten nicht über Rennleitung, Teams und Medien diskutieren. Hier geht es um uns, um die Fahrer! In der letzten Runde kannst du aggressiv sein. Du kannst andere Fahrer berühren und alles, das ist okay. Aber so geht es nicht weiter. Das war das erste Rennen und wir haben fünf Fahrer im Krankenhaus."

Auslöser war die Frage eines Journalisten-Kollegen nach einer möglichen Meinungsverschiedenheit Espargaros mit Marco Bezzecchi. Der Italiener hatte sich am Samstag über das, aus seiner Sicht, zu aggressive Fahrverhalten seines Kontrahenten in Turn 3 beklagt. Der Aprilia-Pilot bestätigte eine Aussprache der beiden nach dem Warm-Up, ergänzte aber: "Das macht mich sauer, denn ich halte mich für einen sauberen, fairen Rennfahrer. Und ich will auch in Zukunft der fairste Fahrer im Grid sein. Diesen Anspruch habe ich an mich."

Als Beispiel führte Espargaro das Hauptrennen an: "Ich war eine Sekunde schneller als die anderen, habe aber nicht überholt, weil ich keine Lücke gesehen habe. Deswegen bin ich Neunter geworden. Ich wollte keinen Crash provozieren." Der Aprilia-Pilot fahre grundsätzlich mit der Absicht, niemals einen anderen Fahrer zu berühren, geschweige denn zu Sturz zu bringen. "So sehe ich diesen Sport nicht. Wenn es keinen Platz gibt, gibt es da keinen Platz. Dann wirst du halt Neunter. Ich hatte die Pace für das Podium, aber ich konnte nicht überholen, weil ich niemanden gefährden wollte", sagt er.

Aleix Espargaro verständnislos für Joan Mir: Verrückt! Wahnsinn!

Das große Problem aus Sicht des 33-jährigen Routiniers: Andere Fahrer denken nicht wie er. "Es ist nicht so, dass ich nicht aggressiv sein kann. Ich kann das auch. Aber es gibt ein Limit und ich weiß, wo dieses Limit liegt. 80 Prozent des Grids scheint das allerdings nicht zu wissen", wütet er. Speziell an Honda-Neuzugang Joan Mir ließ Espargaro anschließend kein gutes Wort: "Seine ersten beiden Runden waren verrückt. Rechts und links hat er es versucht, dann hat er mich berührt - mit einer Longlap-Penalty! Was verdammt nochmal wollte er da? Entspann dich doch, du verlierst in der nächsten Runde doch sowieso fünf Sekunden. Wahnsinn!"

Im Mittelfeld der MotoGP wird über dem Limit attackiert, Foto: Tobias Linke
Im Mittelfeld der MotoGP wird über dem Limit attackiert, Foto: Tobias Linke

Ein Fahrverhalten, dass einem MotoGP-Weltmeister nicht würdig sei, findet Espargaro. "Er hat überhaupt nichts verstanden. Du verlierst doch sowieso fünf Sekunden, warum riskierst du so viel?", fragt der Aprilia-Pilot, der anschließend auch ein positives Beispiel anführte: "Ich mag, wie Pecco Bagnaia fährt. Er ist aggressiv, das haben wir mit Jorge [Martin, Anm.] gesehen. Aber er kollidiert nie mit jemandem. Er ist ein sauberer Fahrer. So müssen wir fahren, nicht wie die anderen!"