Das erste Rennwochenende der MotoGP in Portugal startete Ducati als klarer Favorit. Die Italiener überzeugten bei den Testfahrten mit der besten Pace, sowohl auf eine Runde als auch auf die lange Distanz. Dahinter schien Aprilia den zweiten Rang inne zu haben, einzig Fabio Quartararo und Marc Marquez konnten noch mithalten. KTM lag weit zurück - und doch haben sich die Österreicher am Freitag völlig überraschend die erste Tagesbestzeit des Jahres 2023 geschnappt.

Rund zwei Minuten vor dem Ende des 2. Trainings am Freitagnachmittag war es ausgerechnet Neuzugang Jack Miller, der die RC16 aus dem wortwörtlichen Nichts auf Platz eins stellte. Ihm gelang eine Rundenzeit von 1:37.709 Minuten - absoluter Rundenrekord. Selbst Ex-Ducati-Teamkollege Francesco Bagnaia, bei den Testfahrten in Portimao noch klar Schnellster, verlor knapp anderthalb Zehntelsekunden auf den Australier.

"Ich habe heute keine 1:37.7er-Zeit erwartet, aber ich nehme das natürlich mit", zeigte sich selbst Miller von seiner Rundenzeit überrascht. Bei den Testfahrten in Portimao vor zwei Wochen war er noch über 1:38.909 Minuten nicht hinausgekommen. Das bedeutete damals Platz 17, fast eine ganze Sekunde hinter Spitzenreiter Bagnaia. Wie lässt sich dieser plötzliche Performance-Boost erklären?

Miller: Mit jeder Runde mehr auf KTM RC16 schneller

"Das Team hat über den Winter hart gearbeitet, die Ingenieure hören auf alles, was ich ihnen sage. Wir haben massive Fortschritt beim Motor und der Elektronik erzielt", lobt der vierfache Grand-Prix-Sieger. "Mit jeder Ausfahrt kann ich mir das Bike mehr zu eigen machen. Mir gelingt es immer besser, die Stärken der KTM auf den Asphalt zu bringen."

Dass durchaus großes Potenzial in der KTM RC16 steckt, deutete Teamkollege Brad Binder bereits in jenem Portimao-Test vor zwei Wochen an. Damals fuhr er mit 0,512 Sekunden Rückstand auf den neunten Rang. Am Freitag war es nun Miller, der noch einen draufsetzte. Für den Australier allerdings nur bedingt ein Grund zur Freude: "Wir haben noch einiges zu verbessern, speziell die Geschwindigkeit, mit der wir Veränderungen vornehmen. Hier stört das nicht, weil wir in Portimao schon zwei Tage getestet haben, aber auf neuen Strecken könnte dies ein Problem werden."

Für Miller und KTM gilt es nun, die gezeigte Performance zu bestätigen und klarzustellen, dass es sich nicht um einen Ausrutscher nach oben handelt. Am Samstagvormittag steht bereits das Qualifying des Jahres an, welches über die Startposition für den Sprint und das Hauptrennen entscheidet. "Wir werden sehen, was wir in Q2 erreichen können", sagt der KTM-Pilot. "Mein Ziel war es heute, in die Top Ten zu kommen. Das haben wir geschafft, aber wir haben noch Luft nach oben."