Die Formel 1 boomt: Ausverkaufte Tribünen, Rekordeinschaltquoten im Fernsehen, gewaltiges Wachstum in den Sozialen Netzwerken. Rechteinhaber Liberty Media hat in den vergangenen Jahren viel richtig gemacht, um die Serie nach sportlich wie wirtschaftlich mauen Jahren in völlig neue Sphären zu führen.
Diametral gegenüber steht die jüngste Entwicklung der MotoGP. Nach einem Rekordhoch Mitte der 2010er-Jahre fuhr die Königsklasse auf zwei Rädern zuletzt in eine Krise. Der Zuschauerstrom an die Rennstrecken brach teilweise heftig ein. Statisch gewordenes Racing, eine zu schwache Show für die Fans vor Ort und Versäumnisse im Aufbau echter Stars wurden als größte Schwachstellen der MotoGP identifiziert.
Vor allem in den letzten beiden Punkten könnte sich die MotoGP viel von ihrem vierrädrigen Pendant Formel 1 abschauen. Carmelo Ezpeleta, Geschäftsführer von Promoter Dorna, macht keinen Hehl daraus, dass das wohl auch passieren wird. "Ich habe über die Jahre hinweg viel von der Formel 1 gelernt. Wir kopieren, was wir kopieren können. Die Formel 1 ist der größte Motorsport der Welt. Es tut mir nicht weh, das zuzugeben", gestand der im Rahmen einer Podiumsdiskussion in Pamplona, an der auch F1-CEO Stefano Domenicali teilnahm.
In einigen Bereichen folgt die MotoGP der Formel 1 ja bereits. So werden etwa 2023 auch in der MotoGP Sprintrennen gefahren. Ein Format, das die Formel 1 bereits 2021 einführte. In der Motorrad-WM wird zusätzlich gleich das gesamte Rennwochenende umgestaltet, nicht nur der Betrieb auf der Strecke. "Das neue Format ermöglicht es uns, mehr Interaktion zwischen den Fahrern und Fans sicherzustellen, etwa in Form einer Parade", erklärt Ezpeleta.
Der 76-Jährige sieht die Formel 1 auch im Social-Media-Business als Vorreiter: "Das Konsumverhalten hat sich geändert. Eine gute TV-Produktion ist weiterhin wichtig, aber wir müssen auch gute Inhalte für die Sozialen Netzwerke liefern. Man muss Dinge wie die Rivalität zwischen Max Verstappen und Lewis Hamilton so aufbereiten, dass man auch die Leute erreicht, die gerade am Strand liegen." Und zu guter Letzt denkt Ezpeleta auch über einen Budget-Cap nach, wie er in der Formel 1 ebenfalls seit dem Vorjahr existiert. "Wir haben noch keine Budgetobergrenze, aber einige Ideen in diese Richtung. Es darf nicht sein, dass wie in der Vergangenheit nur der gewinnen kann, der das meiste Geld zur Verfügung hat", so Ezpeleta.
MotoGP vs. F1: Unterschiede in der Kalenderplanung
In vielen Situationen muss die MotoGP aber auch ihren eigenen Weg finden und kann sich nicht am großen Bruder Formel 1 orientieren. "Was die Anzahl der Rennwochenenden betrifft, sind beide Serie nah am Limit. Unser Ziel ist es, 22 individuelle Events zu haben, in denen zwar die Rennen als Kern der Veranstaltung gleichbleiben, die Show aber eine andere ist. Was die Formel 1 in den USA oder Mexico geschaffen hat, ist dabei ein Vorbild für uns. Wir können aber nicht so viele Rennwochenenden veranstalten, wie die Formel 1, weil in der MotoGP das Verletzungsrisiko größer ist. Die Fahrer brauchen Zeit, um sich zu erholen", gibt Ezpeleta zu bedenken. Aus ähnlichen Gründen seien auch die in der Formel 1 mittlerweile so beliebten Stadtkurse - neun der 24 GPs 2023 finden auf solchen Strecken statt - für die MotoGP keine Option: "Die Formel-1-Autos sind extrem sicher. Das erlaubt es ihnen, auf Straßenkursen zu fahren und das bietet ganz andere Möglichkeiten im Hinblick auf das Entertainment. Für uns kommt das aber aus Sicherheitsgründen nicht in Frage."
Gleich zwei Stadtrennen und insgesamt drei Grands Prix wird die Formel 1 2023 in den USA austragen. Auch im Land von Nascar und IndyCar boomt die F1, während sich die MotoGP in den Vereinigten Staaten nicht sonderlich großer Beliebtheit erfreut. Ein Problem für Promoter Dorna? Nicht unbedingt. "Asien ist unser Amerika", erklärt Ezpeleta. "Ich bewundere, was die Formel 1 in den USA erreicht hat. Gleichzeitig bin ich aber sehr zufrieden mit unseren Erfolgen in Asien." Acht von 21 Rennen 2023 sind auf diesem Kontinent beheimatet.
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