Nach zwei Jahren und insgesamt drei Rennsiegen trennten sich Jorge Lorenzo und Ducati zum Ende der MotoGP-Saison 2018. Der Spanier wechselte zu Honda - und erlebte ein Horrorjahr. Er sammelte nur 28 Punkte, beendete die Saison auf WM-Rang 19! Zahlreiche Verletzungen, darunter auch eine schwere Rückenverletzung, warfen ihn immer wieder zurück und führten letztlich sogar zum Karriereende - im Alter von nur 32 Jahren.

Lorenzo glaubt: WM-Titel mit Ducati wären möglich gewesen

Seither fragen sich viele: Was wäre gewesen, wenn der dreifache MotoGP-Weltmeister bei Ducati geblieben wäre? Hätte er die Fahrer-Weltmeisterschaft erneut gewinnen können? Ja - vermutet zumindest Lorenzo selbst, das bestätigte er in einem Interview mit 'The-Race'. "Ich glaube, das ist der generelle Eindruck", wird der 34-jährige Spanier zitiert.

2017 war Lorenzo überraschend zu Ducati gewechselt, zuvor hatte er seine ersten neun Jahre in der MotoGP allesamt bei Yamaha verbracht. 156 Rennen bestritt Lorenzo für die Japaner, gemeinsam feierte man 44 Siege, 107 Podestplätze und drei Weltmeisterschaften (2010, 2012 und 2015).

Erfolge, an die er bei Ducati nicht anknüpfen konnte. Während Teamkollege Andrea Dovizioso 2017 sechs Rennen gewann und mit Marc Marquez und den WM-Titel kämpfte, kam Lorenzo nicht über WM-Rang sieben und drei magere Podestplätze hinaus. Auch im Folgejahr war zunächst keine Trendwende in Sicht. Nach nur 16 Punkten aus den ersten vier Rennen zog Ducati deshalb Konsequenzen: Lorenzos auslaufender Vertrag würde nicht verlängert werden.

Für den gebürtigen Mallorquiner kam das überraschend, den Umstieg von Yamaha auf Ducati hatte er sich deutlich leichter vorgestellt: "Am Anfang war sie [die Ducati] das genaue Gegenteil meines Fahrstiles", erklärt er. Zwar habe sich Lorenzo Schritt für Schritt angepasst, aber er brauchte einfach zu lange. Erst nachdem Ducati signifikante ergonomische Veränderungen am Motorrad unternahm, klickte es beim 34-Jährigen. In Mugello gewann Lorenzo sein erstes Rennen für Ducati - da war es allerdings schon zu spät. Wenige Stunden zuvor hatte er bei Honda unterschrieben.

MotoGP-Q&A: Wieso gibt es keine aktive Aerodynamik? (09:26 Min.)

Lorenzo wollte bei Ducati bleiben: Schlechtes Timing

"Ich hätte zu der Zeit gerne mit Ducati weiter gemacht", lässt der Spanier wissen. "Leider war es nicht möglich, das Timing hat nicht gepasst. Mein Sieg kam zu spät, erst danach hat sich alles geändert", erinnert er sich. Nur zwei Wochen nach seinem Mugello-Triumph ließ Lorenzo in Barcelona gleich den nächsten Sieg folgen, auch auf dem Red-Bull-Ring siegte er. Lorenzo präsentierte sich plötzlich in herausragender Form, kurzzeitig flammten gar Hoffnungen auf, er könne noch in den WM-Kampf eingreifen. Einzig Stürze in Misano und Aragon verhinderten dieses Vorhaben.

Ob Lorenzo, wäre er bei Ducati geblieben, 2019 den alles überragenden Marquez hätte gefährden können - er beendete 18 von 19 Rennen auf den Plätzen eins oder zwei - erscheint fraglich. Allerdings erlitt der Honda-Pilot 2020 bekanntlich eine schwerwiegende Schulterverletzung. In den vergangenen beiden Jahren konnte Marquez deshalb nicht um den WM-Titel kämpfen, die Tür für andere Fahrer öffnete sich. Lorenzo behauptet, er wäre zur Stelle gewesen.

"Das ist mehr oder weniger ja auch der allgemeine Eindruck und darüber freue ich mich", begründet er und gesteht: "Natürlich wäre es mir aber lieber, wenn das nicht der Eindruck, sondern die Realität wäre."

Lorenzo siegt beim Großen Preis von Italien für Ducati, Foto: gp-photo.de/Ronny Lekl
Lorenzo siegt beim Großen Preis von Italien für Ducati, Foto: gp-photo.de/Ronny Lekl

Lorenzo will nicht trauern: Zufrieden mit Karriere

Die Geschichte nahm bekanntlich einen anderen Lauf: Lorenzo blieb nicht bei Ducati und wechselte zu Honda. Er erlebte ein schweres Jahr, musste zahlreiche Stürze und Verletzungen hinnehmen und zog den Schlussstrich. Im Alter von nur 32 Jahren verkündete Lorenzo sein Karriereende. Die Weltmeisterschaften gingen an Marquez (2019), Joan Mir (2020) und zuletzt Fabio Quartararo (2021).

"In dem Moment hatte ich das Gefühl, dass der Wechsel zu Honda der richtige ist und dass ich dort großartige Dinge erreichen könnte. Das ist nicht passiert - dann habe ich mich in Assen verletzt und alles hat sich geändert", blickt Lorenzo zurück.

Er gesteht, dem Verlauf der Geschichte durchaus etwas nachzutrauern, beschweren wolle er sich allerdings nicht: "Es könnte viel schlimmer sein", erklärt der Spanier. "Hätte ich die Verletzung zehn Jahre früher erlitten, wäre ich nicht in der Lage gewesen, so viele Rennen und Weltmeisterschaften zu gewinnen. Die Dinge könnten immer viel besser oder schlechter sein. Ich bin zufrieden mit meiner Karriere."