Als Yamaha im vergangenen Oktober bekanntgab, dass Darryn Binder den zweiten Platz im neuen RNF Racing Team erhalten würde, sorgte das im MotoGP-Paddock durchaus für Verwunderung. Nicht nur, dass Binder direkt aus der Moto3 kommt. Er konnte in der kleinsten Klasse auch nie vollends überzeugen. Bei 117 Starts gelang ihm nur ein Sieg sowie sechs weitere Podiumsplatzierungen. In der Gesamtwertung kam er über Rang sieben nie hinaus.

Nicht unbedingt die Statistiken, die man sich von einem MotoGP-Rookie erwartet. Hinzu kommt, dass sich Binder in seinen sieben Moto3-Jahren ein wenig schmeichelhaftes Rüpel-Image aufgebaut hat. Nicht selten torpedierte er seine Rivalen und brachte sie sogar zu Sturz, was ihm schließlich den Spitznamen 'Divebomb-Darryn' einbrachte.

Im Vorjahr schien sich Binder etwas gefestigt zu haben, räumte dann aber im vorletzten Saisonrennen Titelanwärter Dennis Foggia ab und entschied so den WM-Fight zugunsten von Pedro Acosta. Die Aktion brachte nicht nur eine Disqualifikation ein, sondern in den Tagen danach auch einen ausgewachsenen Shitstorm von Fans, Medien und seinen zukünftigen Kollegen in der MotoGP.

Seither sind über zwei Monate vergangen, im Rahmen der RNF-Racing-Teampräsentation in Verona war die Kritik an ihm dennoch erneut großes Thema. Der stets tiefenentspannte 24-Jährige zeigte sich davon aber unberührt: "Für mich ist ein Traum wahr geworden. Jeder Motorradrennfahrer will irgendwann in der MotoGP fahren, also konnte ich dieses Angebot nicht ausschlagen. Ich habe mein gesamtes Leben darauf hingearbeitet. Es wäre dumm von mir gewesen, 'Nein' zu sagen, auch wenn manche Menschen denken, dass es keine gute Entscheidung war."

Braucht MotoGP die Superlizenz? Darryn Binder sorgt für Eklat (08:17 Min.)

Die Zweifel an seiner Reife für die Königsklasse seien ihm gleichgültig, so Binder. "Wenn mich gewisse Leute nicht in der MotoGP haben wollen, dann ist mir das ehrlich gesagt völlig egal. Mit diesem Bullshit beschäftige ich mich nicht. Ich ziehe weiterhin mein Ding durch und gehe in diese Saison wie in jede andere auch. Ich brauche auch keinen Mentalcoach. Ich bin ein absolut glücklicher Mensch. Im Endeffekt ist es immer noch ein Motorrad, es hat zwei Reifen und ich muss es fahren", so der Rookie.

Dass er zumindest in der Außenwirkung mit einem gewissen Ballast in seine MotoGP-Karriere startet, ist Binder aber klar. "Ich möchte all die schlechten Episoden hinter mir lassen und einen Neuanfang machen. Mein Ziel ist, in keine Probleme verwickelt zu werden. Das ist aber natürlich schwierig. Ich habe mir das auch im Vorjahr vorgenommen, aber dann ist mir am Saisonende ein Fehler passiert und alle haben sich wieder auf mich gestürzt. Ich habe das Gefühl, dass da ziemlich übertrieben wurde", findet Binder. "Ich hoffe, dass ich mit all den Jungs gute Rennen und gute Kämpfe haben werde. Ob sie mich mögen oder nicht, ändert für mich aber nichts. Da draußen ist sich jeder selbst der Nächste. Wenn jemand mit mir reden will, bin ich aber gerne bereit."

Binder: Sprung in die MotoGP großes Risiko

Was seinen Wechsel direkt von der Moto3 in die MotoGP betrifft, kann Binder die Zweifel im Fahrerlager sogar in gewisser Weise nachvollziehen. "Natürlich ist das ein großes Risiko", sagt er. "Für mich ist aber nicht so wichtig, wie man in die MotoGP kommt, sondern wie lange man sich dort halten kann. Ich glaube, dass ich das Zeug habe, mich gut zu schlagen." Als Vorbild dient Binder dabei Jack Miller, der als bislang einziger Fahrer diesen Sprung wagte. "Auch Jack hat es geschafft. Ja, es hat lange gedauert, aber in seinem Fall waren die Rahmenbedingungen ganz anders."