Fabio Quartararo holte im MotoGP-Qualifying in Portimao die Pole Position. Dabei war seine Bestzeit von 1:38,862 Minuten aber nur die drittschnellste Zeit, die in der Q2-Session gefahren wurde. Doch sowohl Francesco Bagnaia, als auch Maverick Vinales wurden schnellere Zeiten aberkannt. Das sorgte für einigen Unmut im Fahrerlager. Motorsport-Magazin.com erklärt, wie es in Portugal zum Strafen-Chaos kam.

MotoGP-Stürze, Strafen, Rote Flaggen: Chaos-Samstag in Portimao (09:02 Min.)

Warum wurde Francesco Bagnaias Runde gestrichen?

Francesco Bagnaia fuhr in seiner letzten Runde mit einer Zeit von 1:38,494 Minuten einen neuen MotoGP-Rundenrekord in Portimao. Unglücklicherweise stürzte aber wenige Kurven vor ihm Miguel Oliveira in Turn 9, weshalb in diesem Bereich Gelbe Flaggen geschwenkt wurden. Somit wurde Bagnaias Zeit automatisch annulliert, als er diese Stelle passierte.

Bagnaia bemerkte die Flaggen allerdings nicht, da diese auf der rechten Außenseite einer leicht nach links abfallenden Kurve geschwenkt wurden. Der Italiener zog deshalb in gutem Glauben bis zum Zielstrich durch und wurde erst in der Box über den Vorfall informiert. Luca Marini und Jack Miller ereilte das gleiche Schicksal, doch beide fuhren in der betroffenen Runde ohnehin nicht persönliche Bestzeit.

Was sagte Bagnaia zu der Szene?

Bagnaia war stinksauer, kostete ihn die Streichung doch satte zehn Plätze, sodass er nicht von Pole Position, sondern nur von Rang elf in den Portugal-GP starten darf. "Du kommst dort in einer Bergabpassage hin und Gelb wird auf der rechten Seite geschwenkt. Ich war bereits mitten im Umlegen auf links, weil ich die Kurve vorbereiten musste. Marini war genau hinter mir und hat die Flagge auch nicht gesehen. Es war einfach unmöglich", holte der Italiener aus.

"Diese Regel ist ein Problem, denn mir wurden gleich zwei Rundenzeiten gestrichen binnen 15 Minuten. Vielleicht wäre es besser gewesen, gleich an der Box zu bleiben und den anderen Fahrern nur zuzusehen", so Bagnaia weiter. Denn ein Sturz von Johann Zarco im ersten Stint hatte bereits für Gelbe Flaggen gesorgt, wegen denen drei Fahrer Streichungen verkraften mussten.

Warum wurde Maverick Vinales' Rundenzeit gestrichen?

Maverick Vinales verlor gleich beide Zeiten seines zweiten Stints wegen Vergehen gegen die Track Limits. Seine 1:38,732 waren schneller als die Pole-Zeit von Quartararo, die 1:38,990 im Versuch zuvor hätten ihn immerhin zwischen Rins und Zarco auf Platz 3 gespült. Nun steht Vinales am Sonntag nur auf dem 12. Rang und damit in der vierten Startreihe.

Schuld daran ist wohl das neue Sensor-System, das per Drucksensor automatisch über Track Limits entscheidet und dadurch die Rennleitung und die Stewards entlasten soll. Vermeintliche Beweisfotos von Vinales' Verstoß sorgten unmittelbar nach dem Qualifying für Aufruhr, da auf diesen kein klares Vergehen des Yamaha-Stars zu sehen war.

Was sagte Vinales zu der Szene?

Auch Vinales war stinksauer: "Das ist nicht fair, denn es war sicherlich nicht der ganze Hinterreifen auf der grünen Fläche." Mit der Einführung des neuen Sensor-Systems wurde klargestellt, dass künftig nur noch ein Reifen die Track Limits überschreiten müsse, um bestraft zu werden. Dieser müsse sich aber zu irgendeinem Zeitpunkt zur Gänze außerhalb des Kerbs befinden.

"In Katar gab es ein Meeting dazu, wo uns versichert wurde, dass die automatischen Entscheidungen nachträglich noch einmal überprüft werden. Aber das ist mit Sicherheit nicht passiert, denn sonst wäre so etwas nicht zustande gekommen", ätzte Vinales. "Ich habe mit ihnen (der Rennleitung) gesprochen und sie haben mir das Foto gezeigt. Das hat mich aber nur in meiner Meinung bestärkt. Yamaha sieht das genauso wie ich. Leider sind wir aber machtlos."

Wurde Protest gegen die Strafen eingelegt?

Nein. Im Fall von Vinales ist in Punkt 3.4.2.1. des Regelwerks klar festgeschrieben, dass eine Annullierung der Rundenzeit aufgrund eines Vergehens gegen Track-Limits nicht beeinsprucht werden kann. Somit gibt es keine Handhabe für den Katalanen oder sein Team, die Bestrafung aufheben zu lassen.

Im Fall von Bagnaia ist der Fall noch klarer: In Punkt 1.22.2 des Sportlichen Reglements ist mittlerweile klar geregelt, dass in Trainings und Qualifyings jede Zeit gestrichen wird, sobald ein Fahrer in dieser Runde eine Stelle passiert, in der Gelbe Flaggen geschwenkt werden. Sektorzeiten des Fahrers oder der Umstand, ob die Flagge gesehen werden konnte oder nicht, sind unerheblich.

Wie reagierten andere Fahrer auf die Strafen?

Miguel Oliveira, der durch seinen Crash eine indirekte Mitschuld an Bagnaias Strafe trug, stellte sich hinter seinen MotoGP-Kollegen: "Ich bezweifle, dass irgendeiner von uns Fahrern diese Flagge bemerkt hätte. Leider wird die Rundenzeit dadurch aber automatisch gestrichen, was diese Regelung schwierig macht."

Auch für Vinales zeigte der Portugiese Verständnis: "Die Dorna schwört nun auf dieses Sensor-System, das sicherlich sehr genau ist. Aber es sollte immer auch ein menschlicher Faktor über Strafen entscheiden. Die Rennleitung kann sich nun immer auf die Sensoren hinausreden, aber für mich macht diese Streichung seiner Zeit keinen Sinn."

Werden die Szenen weiter für Gesprächsstoff sorgen?

Mit Sicherheit, da es sich bei beiden Szenen um große Streitthemen der vergangenen Jahre handelt. Für die Flaggen-Problematik hat sich die Dorna bereits eine Lösung überlegt: Ab 2022 sollen 22 Lichtpanele zum Einsatz kommen, die mit dem MotoGP-Tross reisen und vor den Rennwochenenden an den Strecken aufgebaut werden. Am Donnerstag hatte man noch vollmundig verkündet, dass die Panele in Portimao zum ersten Mal getestet werden sollen.

Der Knackpunkt: Panele machen nur dort Sinn, wo sie als sinnvolle Ergänzung zu den auch künftig zum Einsatz kommenden Flaggen aufgestellt werden. In der strittigen Passage von heute wäre das die Innenseite der Kurve gewesen. Kommen die Lichtsignale an Positionen zum Einsatz, wo bereits Marshals stehen, braucht man sie erst gar nicht einzuführen.

Beim Thema Track Limits kocht die MotoGP-Seele ebenfalls hoch. Mit Yamaha hat sich das Sensor-System der Dorna einen ersten mächtigen Feind gemacht. Kommt es an den nächsten Rennwochenenden zu ähnlichen Szenen, könnte das komplette System in den Sitzungen der Safety Commission unter harschen Beschuss der Fahrer geraten.

Und dann wäre da auch noch die Kommunikationspolitik der Rennleitung. Anstatt die strittige Szenen ausführlich in schriftlicher Form darzulegen (wie in der Formel 1 üblich), entziehen sich die Offiziellen durch das Schaffen von Tatsachen wieder einmal jeglicher Diskussion. Ein Umstand, der im Fahrerlager schon lange für Unmut sorgt.