So hat man Marc Marquez noch nie gesehen. Normalerweise marschiert der MotoGP-Dominator selbstsicher und mit breiter Brust durch das Paddock. Am Donnerstag in Portimao war davon nichts zu erkennen: In die zweite Reihe der Pressekonferenz verdrängt, beantwortete Marquez die Fragen ehrlich und direkt, aber nicht mit der gewohnten Coolness, die ihn sonst umgibt. Er wirkte eher wie ein Rookie, der gerade zum ersten Mal im großen Scheinwerferlicht steht.

Die lange Verletzungspause mit insgesamt drei Operationen hat sichtlich ihre Spuren am achtfachen Weltmeister hinterlassen. "Es ist wirklich schön, wieder bei euch allen hier zu sein", eröffnete er sein Statement. "Hinter mir liegen neun wirklich harte und schwierige Monate. Ich hatte Zweifel. Nicht nur, ob ich wieder fahren kann, sondern ob mein Arm jemals wieder normal funktionieren wird. Jetzt ist es an der Zeit, den wichtigsten Schritt in meiner Rehabilitation zu machen und der ist, ein MotoGP-Bike zu fahren."

Die Fachwelt überschlug sich zuletzt mit Prognosen für Marquez' Comeback. Manche trauen ihm eine Podiumsplatzierung zu, einzelne sogar den Sieg. Davon will der Repsol-Honda-Star nichts wissen. Sogar im eigenen Team musste er am Donnerstag in Portimao die Euphoriebremse spielen, als er zum ersten Mal nach langer Zeit wieder auf den japanischen Teil der Truppe traf. "Sie waren extrem motiviert und ich musste sie daran erinnern, dass ich mir für dieses Wochenende absolut keine Ziele gesetzt habe", verriet er. "Zu Beginn werde ich nicht der Marc sein, den alle kennen. Ich brauche Zeit. Das ist immer noch Teil meiner Reha, denn neben der körperlichen Komponente gibt es da auch eine mentale. Ich muss mich erst nach und nach wieder wie ein MotoGP-Fahrer fühlen."

Davon ist Marquez aktuell noch ein Stück entfernt, wie er unumwunden zugibt: "Ich bin nervös. Ich habe Schmetterlinge im Bauch, was für mich absolut nicht normal ist. Wir wissen nicht, wie mein Körper auf die Belastungen reagieren wird und wie ich mich auf dem Motorrad fühle. Ich würde mich gerne voll bereit fühlen. Ideal wäre es, morgen hier einen privaten Test zu haben, aber das geht eben nicht. Es ist jetzt einfach an der Zeit, wieder Motorrad zu fahren."

Marc Marquez gibt MotoGP-Comeback: Was wir erwarten dürfen (11:33 Min.)

In Marquez' Abwesenheit hat sich die MotoGP verändert. Ohne den großen Dominator konnten plötzlich viele Fahrer Erfolgserlebnisse sammeln und Morgenluft wittern. Das weiß auch der Rückkehrer, der natürlich alle Rennen zuhause vor dem Fernseher verfolgt hat. "Das ist die stärkste Klasse mit den besten Fahrern, die alle eine normale Wintersaison hatten und mit zwei Rennwochenenden Erfahrung hier ankommen. Sie sind alle voller Selbstvertrauen. Das kann ich von mir nicht behaupten", so Marquez.

Marc Marquez: Drei Motorradtage in neun Monaten

Kein Wunder, dass Marquez ohne große Erwartungen in den Portugal-GP geht. Denn von einer Vorbereitung auf das Rennwochenende kann eigentlich keine Rede sein: "Ich bin in den letzten neun Monaten drei Tage auf einem Motorrad gesessen, im vergangenen Monat mit Ausnahme von ein paar Runden Flattrack gar nicht. Die Ärzte waren der Meinung, dass es für meinen Knochen besser ist, nicht zu fahren. Daran habe ich mich gehalten."

Natürlich ging auch die Entwicklung der Honda RC213V in den vergangenen Monaten an Marquez vorüber. In seiner Abwesenheit gelangen in 15 Rennen nur zwei Podiumsplatzierungen. "Die Probleme sind immer noch die gleichen wie vor meiner Verletzung. Es geht darum, das Limit mit dem Vorderrad zu finden und weniger zu stürzen", weiß Marquez. Er wird am Freitag mit dem zuletzt von Stefan Bradl verwendeten Paket starten und unter anderem auch zum ersten Mal mit dem Holeshot-Device arbeiten.