Die MotoGP-Saison 2021 bringt für das Ducati-Team einige Neuerungen mit sich. Von seinem langjährigen Nummer-1-Fahrer Andrea Dovizioso hat man sich nach acht gemeinsamen Jahren eher im Schlechten als im Guten getrennt. Die neue Speerspitze bei den Roten soll in diesem Jahr nun Jack Miller bilden. Der Australier ist nach 'Dovi' ihre neue Hoffnung auf den Titel. Was genau kommt in der Saison 2021 auf Miller zu?

Millers Weg zum Werkspiloten

Zum ersten Mal in seiner MotoGP-Karriere geht Miller als Werkspilot in der Königsklasse an den Start. Vorher war der Australier bei LCR Honda, Marc VDS und Pramac Ducati unterwegs. Während es bei LCR und Marc VDS - bis auf den Regensieg in Assen 2016 - eher holprig lief, zeigte Miller im Team von Francesco Guidotti jedoch kontinuierlich bessere Leistungen.

Während sich Millers Podestplatz-Ausbeute in seinen Honda-Jahren auf den Sieg bei der Dutch TT beschränkte, konnte der Australier in seinen drei Jahren bei Pramac zwar nicht ganz oben auf dem Treppchen, dafür aber häufiger auf dem Podium stehen. Insgesamt neun Mal kam Miller unter den ersten drei Fahrern ins Ziel: Dreimal als Zweiter, sechsmal als Dritter.

Auch seine beste MotoGP-Saison überhaupt gelang ihm 2020 im Pramac-Team, mit insgesamt vier Podien und einem siebten Rang in der WM-Wertung. Geschafft hat er diese starke Leistung auf dem gleichen Bike, das auch Nummer-1-Fahrer Andrea Dovizioso im Werksteam zur Verfügung stand. Zum Vergleich: Dovizioso gelang 2020 zwar ein Sieg, davon ab stand der Italiener auf identischem, wenn durch Werksfahrer-Status nicht sogar besserem Material, nur ein weiteres Mal auf dem Podest. In der Gesamtwertung fehlten Miller als Siebter sogar nur drei Punkte auf Dovizioso, der Gesamt-Vierter wurde.

In der Saison 2020 war Jack Miller häufig auf dem Podest zu Gast, Foto: LAT Images
In der Saison 2020 war Jack Miller häufig auf dem Podest zu Gast, Foto: LAT Images

Jack Miller 2021 Ducatis Nummer 1

Diese starken Leistungen, gepaart mit der angespannten Situation zwischen Ducati und Dovizioso, haben Miller für die kommende Saison den Platz im Werksteam verschafft. Der Australier ist nun der neue Hoffnungsträger in Borgo Panigale und soll erreichen, was Dovizioso auch in acht Jahren nicht geschafft hat: Den ersten Ducati-Titel seit Casey Stoner holen.

Mit Francesco Bagnaia als Teamkollege von Miller im Werksteam, Johann Zarco und Jorge Martin bei Pramac und Luca Marini und Enea Bastianini bei Avintia kann Ducati zwar auch abseits von Miller auf ein starkes Lineup in ihren drei Teams vertrauen, aber die große Hoffnung wird mit Sicherheit auf dem Australier ruhen. Mit Martin, Marini und Bastianini setzt man immerhin auf drei Rookies, Zarco ist erst seit letztem Jahr Teil der Ducati-Familie und auch Bagnaia kommt mit seinen zwei Jahren MotoGP-Erfahrung nicht an die Expertise von Miller heran.

Damit ist Miller 2021 der mit Abstand erfahrenste Ducati-Pilot und nach Zarco auch der zweitälteste Fahrer in Borgo Panigale, obwohl er gerade einmal 26 Jahre alt ist. Sowohl vom Alter als auch von der Erfahrung wird es also wohl Miller sein, von dem Ducati den Kampf mit Fabio Quartararo, Joan Mir und Co. um den WM-Titel erwartet.

Dabei muss Miller beweisen, dass er das erreichen kann, was Dovizioso auch in fast einer Dekade nicht geschafft hat. Doch der Druck wird im Werksteam nicht weniger, eher im Gegenteil. 'Dovi' konnte sich bei seinem Eintritt ins Ducati-Werksteam immerhin auf einen Zwei-Jahres-Vertrag stützen, Miller hat hingegen nur ein Jahr, um zu überzeugen. Hinzu kommt, dass er nicht als Ducati-Neuling ins Werksteam stößt und sich noch dazu in einer einzigartigen Situation befindet.

Denn durch die Corona-Saison 2020 erlaubt der Entwicklungsstopp für die bevorstehende Saison keine großen Veränderungen an den Bikes für dieses Jahr. Motor und Aerodynamik dürfen nicht weiterentwickelt werden, nur an Rahmen und Elektronik sind Veränderungen erlaubt. Miller ist mit der 2020-Desmosedici gut zurechtgekommen, dementsprechend wird sicher von ihm erwartet, mit einem kaum veränderten Bike 2021 gleich durchzustarten.

Ducatis Hoffnung auf den nächsten WM-Titel: Jack Miller ist 2021 Werkspilot, Foto: MotoGP.com
Ducatis Hoffnung auf den nächsten WM-Titel: Jack Miller ist 2021 Werkspilot, Foto: MotoGP.com

Schafft er das nicht und führt ihn einer seiner Kollegen in der kommenden Saison vor, könnte die Vormachtstellung des Australiers schnell wieder Geschichte sein. Es ist immerhin kein Geheimnis, dass die Verträge in der MotoGP immer früher unterschrieben werden. Für Miller ist es also besonders wichtig, in der ersten Saisonhälfte der dominante Ducati-Pilot zu sein, sonst könnte ihn die Konkurrenz im eigenen Haus nach nur wenigen Wochen bereits abhängen.

Ducati Desmosedici GP: Entwicklungsarbeit für Miller

Mit seiner neuen Rolle als Ducatis Vorreiter kommt außerdem nicht nur im Titelduell eine neue, große Verantwortung auf Miller zu, sondern auch innerhalb des Teams hat es Auswirkungen, die Nummer eins zu sein. Immerhin muss die Ducati Desmosedici GP über 2021 hinaus weiterentwickelt werden. Eine Aufgabe, die nun wohl auch zum größten Teil auf Millers Schultern landen wird. Von den Rookies Marini, Bastianini und Martin kann in dieser Hinsicht nicht viel erwartet werden, wenn man stattdessen auf das Feedback jemandes vertrauen kann, der sowohl über viel MotoGP- als auch Ducati-Erfahrung verfügt.

Aber nicht jeder Pilot ist für die Entwicklungsarbeit geschaffen - und das Zusammenspiel mit dem neuen Druck im WM-Kampf und den Rookie-Kollegen im Nacken kann selbst für die härtesten MotoGP-Fahrer wie Miller an die Substanz gehen. Ob Ducatis neuer Nummer-1-Mann sich beweisen kann, erfahren Miller, Ducati und alle MotoGP-Fans erst ab dem 28. März. Dort ist der MotoGP-Saisonstart in Katar geplant.