Die Saison von Fabio Quartararo hat vielversprechend begonnen. Nach seinem Doppelsieg beim Saisonauftakt in Jerez sah es noch so aus, als wäre der Petronas-Pilot in Abwesenheit von Marc Marquez der absolute Favorit auf den MotoGP-Titel 2020. Daraus wurde allerdings nichts, am Ende kann Quartararo nur als WM-Achter in die Winterpause gehen. Wir haben uns die Saison des Franzosen genau angesehen.

In den beiden ersten Saisonrennen fährt Quartararo noch zwei souveräne Siege über die Ziellinie, einmal mit 4.6 Sekunden und einmal mit 4.5 Sekunden Vorsprung auf die Konkurrenz. Niemand kann dem Franzosen etwas entgegensetzen. Somit gerät er schnell in die Rolle des Favoriten.

Bereits in Brünn schleichen sich dann aber die ersten Probleme ein - in Form der Pneus von Reifenhersteller Michelin. Ein altbekanntes Problem im Yamaha-Lager, unter dem nicht nur Quartararo leidet. Sein Teamkollege Franco Morbidelli fährt zwar seinen ersten Podestplatz in der MotoGP ein, Quartararo, Maverick Vinales und Valentino Rossi leiden jedoch deutlich unter dem rapiden Abbau ihrer Michelin-Pneus. Nach dem Doppelsieg in Jerez verlässt Quartararo Brünn nur mit ernüchternden neun Punkten, aber immer noch als WM-Leader.

Ein Aufwärtstrend ist auch in den folgenden Rennen nicht zu erkennen. Beim ersten GP in Spielberg machen Bremsprobleme Quartararo das Leben schwer und lassen ihn mit P8 nichts mehr als Schadensbegrenzung betreiben. Eine Woche später läuft es in der Steiermark sogar noch schlechter, Quartararo kommt nur als 13. ins Ziel. Elf Punkte in zwei Rennen - keine ideale Ausbeute für einen Piloten im WM-Kampf. Allerdings profitiert der Franzose davon, dass auch seine Konkurrenten keine Muster an Konstanz sind und rettet seine WM-Führung so knapp nach Misano.

Ups and Downs in Misano und Barcelona

Damit verzögert er das Unvermeidliche aber nur um ein paar Tage. Beim ersten Rennen in Misano versenkt Quartararo seine Yamaha im Kies und überlässt Andrea Dovizioso mit diesem Nuller großzügig die WM-Führung. In Rennen zwei holt er mit einem vierten Rang zwar bis auf einen Zähler wieder auf den Italiener auf, ärgert sich aber über das Rennen. Auf der letzten Runde kassiert er ohne Vorwarnung eine Long-Lap-Penalty, die ihm das Podest kostet.

In einer WM, die selten so hart umkämpft war wie in dieser Saison, zählt jeder Punkt. Das weiß auch Quartararo, der in Barcelona zum Gegenschlag ausholt. Nach einem harten Rennen und fünf langen, desaströsen Wochenenden steht er endlich wieder ganz oben auf dem Podium. "Das war der beste Moment meines Lebens - noch besser als die beiden Siege in Jerez", ist er sich direkt nach dem Rennen sicher. Nicht zuletzt auch deshalb, weil ihm mit diesen 25 Zählern wieder die WM-Führung gehört.

Nach dieser Auferstehung hätte es beim Heimrennen in Le Mans eigentlich weiter vorwärts gehen sollen, allerdings kann sich Quartararo unter schwierigen Wetterbedingungen auch dort nur sieben Punkte schnappen. Einziges Trostpflaster: Damit ist er immer noch der beste Yamaha-Pilot des Rennens, bei schlechten Grip-Bedingungen kann die M1 einfach nicht performen. Außerdem hält er die WM-Führung, zumindest für den Moment. Von seiner ursprünglichen Stärke, Selbstsicherheit und Sorglosigkeit ist zu diesem Zeitpunkt aber nichts mehr übrig. Stattdessen hat Quartararo die knallharte Realität eines MotoGP-Piloten im WM-Kampf eingeholt - auf einem mehr schlecht als recht funktionierendem Motorrad. Und der Tiefpunkt ist noch nicht einmal erreicht.

Ein paar Tage später kommt es beim Doppellauf in Aragon erneut zu einem Desaster. Mit zehn Punkten Vorsprung betritt Quartararo das Motorland, mit 14 Zählern Rückstand verlässt er es nach zwei Wochen wieder. Dazwischen hat er einen schmerzhaften Sturz, einen harten Kampf im Mittelfeld und wieder einmal Reifenprobleme durchlebt. Bekommen hat er dafür gerade einmal acht WM-Zähler - der neue WM-Führende Joan Mir hingegen 32.

Totales Desaster in Valencia

Damit sind Quartararo und Yamaha aber immer noch nicht am Boden angekommen. Nach dem Dilemma in Aragon schlittern der japanische Hersteller und seine Fahrer in Valencia in ein noch größeres Desaster. Der Skandal um die illegal verbauten Ventile fliegt auf, es hagelt Kritik sowie Punkteabzüge in der Team- und Konstrukteurswertung. Quartararo selbst zeigt in Valencia ebenfalls Nerven. Im ersten Rennen bringt ihn die Berührung von Aleix Espargaro und Morbidelli vor ihm so aus dem Konzept, dass er stürzt. In Rennen zwei schmeißt er auf der neunten Rennrunde seine WM-Chancen in Kurve sechs dann endgültig in den Kies, während Mir seinen ersten Matchball direkt verwandelt.

Damit ist der rapide Abbau des einstigen WM-Favoriten besiegelt. Während Mir triumphiert, fällt Quartararo ein Rennen vor Schluss auf den fünften WM-Rang ab, nur um diesen traurigen Rekord beim Saisonfinale mit einem 14. Rang im Rennen und einem achten Rang in der Gesamtwertung noch zu brechen.

Fazit

So hatte sich wohl niemand die MotoGP-Saison von Fabio Quartararo vorgestellt - am wenigsten er selbst. Zwar war er über weite Strecken des Jahres der WM-Führende und verlor erst im vorletzten Rennen endgültig die Chance auf den Titel, allerdings war nach dem starken Auftakt in Jerez die Dominanz des Petronas-Piloten gebrochen. In den folgenden Rennen konnte er an diese Leistungen nicht mehr anknüpfen - nur noch bei seinem dritten Saisonsieg in Barcelona stand er überhaupt noch auf dem Podium. Sicher litt auch Quartararo unter den Desastern im Yamaha-Lager, an denen die Piloten keine Schuld trugen, als Fahrer in der Königsklasse muss der Franzose aber auch mit solchem Druck zurechtkommen. Mehr als einmal hat er jedoch die Nerven verloren und unter Druck Fehler gemacht, während Weltmeister Mir einen klaren Kopf behielt.