Am ersten Rennwochenende in Spielberg erlebte die MotoGP Konflikte soweit das Auge reicht. Aleix Espargaro und Danilo Petrucci gerieten im Qualifying aneinander. Pol Espargaro und Miguel Oliveira kollidierten im Rennen. Und dann war da natürlich noch der schreckliche Unfall von Franco Morbidelli und Johann Zarco, welcher auch für die vorausfahrenden Valentino Rossi und Maverick Vinales dramatische Konsequenzen haben hätte können.

Interessanterweise gab es am Sonntag für keine der beiden Kollisionen eine Anhörung der betroffenen Fahrer, dementsprechend wurden auch keinerlei Strafen ausgesprochen. Stattdessen gingen zwischen den Piloten und auch unter den Fans auf Social Media die Wogen hoch. Erst am Mittwoch gab der Motorradweltverband bekannt, am Donnerstag Anhörungen durch die Stewards abzuhalten. Man sehe sich verpflichtet, Fahrer zu schützen, sie aber notfalls auch zu erziehen.

Pol Espargaro, Oliveira, Morbidelli und Zarco mussten also am Donnerstag zum Rapport, Aleix Espargaro und Petrucci hatten das bereits am Samstag erledigt. Entscheidungen wurden am Donnerstag aber nur zwei kommuniziert: Petrucci erhielt für seinen ausgestreckten Mittelfinger eine Verwarnung. Oliveira und die Espargaro-Brüder kamen straffrei davon. Vier Tage nach dem Unfall gibt es somit für den Zarco-Morbidelli-Crash aber immer noch keine Statements der Verantwortlichen in der Rennleitung, wo die Zwischenfälle notiert werden und im Stewards-Panel, wo dann über Strafen entschieden wird. "Es ist unverständlich für mich, wieso sie so lange warten", wunderte sich Valentino Rossi. Die Entscheidung soll am Freitag bekanntgegeben werden.

Eine Vielzahl an Fahrern äußerte sich am Donnerstag im Vorfeld des zweiten Spielberg-Grand-Prix sehr kritisch, vor allem über die Arbeit des Stewards-Panel. "Es muss sich auf jeden Fall etwas verbessern", meinte Andrea Dovizioso. Mehr ins Detail ging Aleix Espargaro: "Ich habe große Zweifel am Stewards-Panel und bin in vielen Dingen nicht einer Meinung mit ihnen. Man könnte hier in vielen Bereichen Verbesserungen vornehmen. Das ist auch nicht nur meine Meinung. Das gesamte Feld ist sich einig. Niemand ist mit den Stewards zufrieden."

Aleix Espargaro zeigte sich gewohnt emotional, Foto: Aprilia
Aleix Espargaro zeigte sich gewohnt emotional, Foto: Aprilia

Das größte Problem sei die Inkonstanz in den getroffenen Entscheidungen, so Espargaro: "Sie sind nicht stringent. Sie unterscheiden, ob ein Fahrer stürzt oder nicht, ob der Zwischenfall an der Spitze passiert oder weiter hinten, ob es in der Moto3 ist oder in der MotoGP. Aber so sollte das nicht sein. Eine Regel ist eine Regel und die gilt für zwei Jungs die um Platz 20 in der Moto3 kämpfen genauso wie für Marc Marquez und Valentino Rossi. Wir fordern Gleichheit für alle."

In dieselbe Kerbe schlägt Danilo Petrucci. "Wir MotoGP-Fahrer sind mit den aktuellen Zuständen nicht zufrieden", stellt er klar. "Zwischenfälle im hinteren Feld werden anders behandelt als an der Spitze, in der MotoGP wird anders geurteilt als in der Moto3. Wir müssen darüber in der Safety-Commission reden, denn es gibt viele Dinge zu verbessern."

Freddie Spencer in der Kritik

Im Zentrum der Kritik stand Chef-Steward Freddie Spencer, seines Zeichens 500ccm-Weltmeister der Jahre 1983 und 1985. "Ich habe großen Respekt vor Freddie, aber wann ist er ein MotoGP-Bike gefahren?", fragt Aleix Espargaro. "Ich glaube, dass wir jemanden brauchen, der vor fünf, sechs, sieben oder acht Jahren noch aktiv war. Natürlich ist es gut, wenn du in der Königsklasse gefahren bist, aber es wäre auch wichtig, dieses MotoGP-Feeling zu kennen." Cal Crutchlow, seit einer Jumpstart-Strafe beim letztjährigen Argentinien-GP ohnehin nicht gut auf Spencer zu sprechen, schloss sich der Kritik an. "Wer sitzt denn im Stewards-Panel?", antwortete er auf die Frage nach seiner Meinung mit einer Gegenfrage. "Damit ist alles gesagt. Zu seinen Entscheidungen habe ich nichts mehr zu sagen, aber stellt die Frage ruhig auch den anderen Fahrern."

Als Fahrer war Spencer über jeden Zweifel erhaben, Foto: MotoGP
Als Fahrer war Spencer über jeden Zweifel erhaben, Foto: MotoGP

Tatsächlich sprachen am Donnerstag praktisch alle Piloten über die Rennleitung und die Stewards. Lob war so gut wie keines zu hören, maximal Fahrer, die kein Statement diesbezüglich abgeben wollten oder die den Stewards einen durchaus schwierigen Job attestierten. Doch auch davon will Heißsporn Aleix Espargaro nichts wissen: "Mir ist schon klar, dass ihr Job nicht einfach. Aber es ist auch nicht einfach für mich, mit der Aprilia in die Top-Ten zu fahren. Gleiches gilt für meine Ingenieure. Und für meine Frau ist es nicht einfach Mutter zu sein. Jeder hat es mal schwer."