Seit mittlerweile 28 Saisons bilden FIM und Dorna ein starkes Duo an der Spitze der Motorrad-Weltmeisterschaft. Gemeinsam haben Motorradweltverband und Promoter, mit der Unterstützung von Teamvereinigung IRTA und Herstellerbund MSMA die einst chaotisch organisierte WM zu einer der bestgeführten Rennserien der Welt gemacht. Bevor es dazu kommen konnte, musste die Motorrad-Weltmeisterschaft aber erst nah an den Abgrund geraten.

Wir schreiben das Jahr 1990. Im Rahmen ihrer Generalversammlung verkauft die FIM die Fernsehrechte an der Motorrad-Weltmeisterschaft. Zahlreiche Unternehmen bewerben sich, unter ihnen renommierte Player wie die 'International Management Group' von Mark McCormack, Maurizio Flamminis 'Flammini Racing' oder Bernie Ecclestones 'International Sportsworld Communicators'.

Dorna bremst die Favoriten aus

Den Zuschlag erhält allerdings ein kleines spanisches Unternehmen ohne jegliche Vorerfahrung im Motorsport - die Dorna. 30 Millionen Dollar bezahlt die Firma, von der kaum einer der Anwesenden jemals gehört hatte, für die Rechte. Der Deal sorgt für Aufregung unter den Gästen, etliche Vertreter verlangen ein neues Verfahren. FIM-Präsident Jos Vaessen stellt sich indirekt einem Misstrauensvotum. Soll die FIM Verhandlungen mit der Dorna fortsetzen, ist die Frage? 66 Stimmberechtige antworten mit 'Ja', 17 mit 'Nein', vier enthalten sich. Vaessen bleibt im Amt, FIM und Dorna treiben ihre Zusammenarbeit voran.

So weit so gut, doch im Hintergrund braut sich Unheil zusammen. Denn ein ganz entscheidender Mann ist mit diesem Deal nach wie vor alles andere als glücklich: Bernie Ecclestone. Ja, der Bernie Ecclestone, der über Jahrzehnte die kommerziellen Geschicke der Formel 1 leitete und so die Königsklasse auf vier Rädern wie kein anderer prägte. Was heute schon fast in Vergessen geraten ist: Ecclestone war Anfang der 90er-Jahre auch Herr über die TV-Rechte in der Motorrad-Weltmeisterschaft. 1988 hatte er diese über die Firma MotoMedia, ins Leben gerufen von IRTA und ROPA (Road Race Organizers and Promoters Association) sowie gesponsert von den damals noch extrem mächtigen Tabakunternehmen, für die Jahre 1989 bis 1992 erworben.

Die TV-Rechte an den Schlachten von Rainey & Co. hielt Bernie Ecclestone, Foto: Thomas Börner
Die TV-Rechte an den Schlachten von Rainey & Co. hielt Bernie Ecclestone, Foto: Thomas Börner

Die FIM sah aufgrund Ecclestones Doppelrolle in Formel 1 und Motorrad-WM aber bald einen Interessenskonflikt und entschied sich, die Rechte bereits 1990 für eine Fünfjahresperiode von 1993 bis 1997 neu auszuschreiben. Ecclestones ISC nahm an der Ausschreibung teil, wurde von den Entscheidern aber aus oben genanntem Grund bereits im Vorhinein abgelehnt.

Ecclestone legt sich mit der FIM an

Machtmensch und Wirtschaftsgenie Ecclestone war naturgemäß verstimmt und wollte die Ausbootung nicht auf sich sitzenlassen. Er gründet kurzerhand eigens für den Motorradsport das Unternehmen 'Two Wheel Promotions' und arbeitet mit der Teamvereinigung IRTA zusammen an einer Piraten-Meisterschaft, abseits der Schirmherrschaft von FIM. Ecclestone nimmt Kontakt zu den Streckenbetreibern auf und diskutiert mit seinem Freund und FIA-Präsident die Möglichkeit, den Automobilverband als Sporthoheit in seiner Meisterschaft einzusetzen.

Die Dorna läuft damit Gefahr, als TV-Rechteinhaber einer Weltmeisterschaft dazustehen, in der alle großen Fahrer und Hersteller fehlen. Die Motorrad-WM stürzt in eine Krise, Streckenbetreiber und Sponsoren zweifeln an der Nachhaltigkeit der Serie. Auch, weil die Dorna zu diesem Zeitpunkt kaum jemand in der Branche wirklich ernstnimmt. Eine Vorstellungs-Pressekonferenz 1991 in Jerez wird zum völligen Desaster. Keiner der führenden Köpfe spricht gutes Englisch, der völlig überforderte Dolmetscher verlässt nach wenigen Minuten entnervt den Saal. Jaume Roures, einer der vier starken Männer der Dorna, verfolgt über Kopfhörer wutentbrannt, wie sein geliebter FC Barcelona gerade mit einem 0:4 Debakel in Cadiz die Meisterschaft verspielt - und das alles am Rednerpult. Kritische Fragen einiger Journalisten lassen die Stimmung endgültig kippen, die Dorna scheint noch vor ihrem offiziellen Start in der Motorrad-Weltmeisterschaft grandios gescheitert.

Doch dann bricht in Jugoslawien der Bürgerkrieg aus. Das Rennwochenende in Rijeka kann nicht ausgetragen werden und wandert nach Jarama vor den Toren von Madrid. Die Dorna übernimmt die Organisation und leistet prompt hervorragende Arbeit. Carmelo Ezpeleta, erst wenige Monate zuvor zur Dorna gestoßen, tritt daraufhin in Verhandlungen mit Ecclestone ein. Es kommt tatsächlich zur Einigung zwischen den beiden Unternehmern. Dorna und 'Two Wheel Promotions' wollen für 1992 gemeinsam die Vermarktung der Motorrad-Weltmeisterschaft übernehmen.

Einst Rivalen, dann Freunde: Bernie Ecclestone und Carmelo Ezpeleta, Foto: LAT Images
Einst Rivalen, dann Freunde: Bernie Ecclestone und Carmelo Ezpeleta, Foto: LAT Images

Doch die FIM hat etwas dagegen. Mit den Einzelheiten des Deals ist man nicht glücklich. Nun stellt sich auch die Dorna auf die Seite der Abtrünnigen und gesellt sich zu 'Two Wheel Promotions' und IRTA. Die Streckenbetreiber werden nervös. Sie sehen sich im Zwiespalt: Entscheidet man sich für Verträge mit der Motorrad-WM und riskiert, Events ohne große Stars auszutragen, oder macht man gemeinsame Sache mit den Piraten und läuft Gefahr, Zuschläge für sämtliche FIM-Events zu verlieren.

Der Weltverband muss schließlich einlenken, zu gut ist gemeinsame Verhandlungsposition von Dorna und TWP mittlerweile geworden. Sie übernehmen für 1992 nicht nur die TV-Rechte, sondern verhandeln auch mit den Rennstrecken, lokalen Promotern und erarbeiten den Rennkalender. Die Zusammenarbeit stellt sich aber schwierig heraus. Zu viele Köche verderben bekanntlich den Brei. Niemand weiß genau, wer denn nun wofür zuständig ist.

Dorna übernimmt, Ecclestone wirft hin

Ecclestone und Ezpeleta erkennen den Ernst der Lage. In Donington, 1992 der drittletzte Grand Prix des Jahres, kommt es zur Krisensitzung. Man ist sich einig: Eine Partei kauft die Anteile - Dorna und TWP verfügen jeweils über 50 Prozent der Rechte - des anderen und wird somit zum kommerziellen Alleinherrscher der Motorrad-WM. Ecclestone will verkaufen, da er sich in der Doppelrolle mit der Formel 1 nicht in der Lage sieht, beide Serien ausreichend voranzutreiben. Ezpeleta will kaufen und so schluckt die Dorna Ende 1992 TWP.

Der Rest ist Geschichte...