Trauer und Freude können in der MotoGP-Saison 2019 so eng beieinanderliegen. Das musste das Petronas-Yamaha-Team in Jerez schmerzhaft erfahren. Noch am Qualifying-Samstag waren sie mit der Pole von Fabio Quartararo und P2 von Franco Morbidelli die großen Helden, am Rennsonntag standen sie dann mit leeren Händen da.

Es hätte so schön sein können: Im Qualifying dominierten die beiden Petronas-Piloten. Quartararo schnappte sich nach einem starken Trainings-Freitag mit einer Fabelzeit von 1:36.880 die erste Pole Position seiner noch jungen MotoGP-Karriere. Morbidelli stellte seine Kunden-Yamaha dazu noch auf Platz zwei ab. Damit verwies das neue Team den amtierenden Weltmeister Marc Marquez nur auf P3. Eine reife Leistung für zwei MotoGP-Neulinge und ein vier Rennen altes Team. Das musste auch Marquez neidlos anerkennen: "Eine 1:36 in Jerez ist eine wirklich gute Runde", sagte der Honda-Pilot.

Petronas Yamaha: Jubel im Qualifying

"Ich hätte diese Pole gar nicht erwartet. Unser Ziel war es eigentlich, Dritter oder Vierter zu werden", strahlte Quartararo selbst nach dem Qualifying. "Natürlich wollen alle Erster werden, aber mit einer 1:36.8er Zeit hätte ich wirklich nicht gerechnet." Quartararos MotoGP-Aufstieg zur Saison 2019 war häufig als verfrüht abgestempelt worden. Umso wichtiger war es für Fahrer und Team zu zeigen, dass der Franzose der Aufgabe auch mit 20 Jahren schon gewachsen ist. "Ich möchte meinem Team danken. Das letzte Jahr war hart für mich, aber sie haben trotzdem an mich geglaubt", erklärte Quartararo am Samstag.

Und auch Morbidelli legte - obwohl in seinem zweiten Jahr MotoGP - in Jerez ein starkes Qualifying hin. In seiner Rookie-Saison 2018 gelang ihm kein einziger Start aus Reihe eins, ein Jahr später brauchte es dafür nur vier Rennen. Eine Erklärung dafür, weshalb er nicht mit der Pole-Zeit seines Teamkollegen mithalten konnte, hatte Morbidelli auch. "Wir waren heute beide sehr schnell, aber Fabio ist das schon seit Beginn des Wochenendes gewesen. Ich musste erst meinen Rhythmus finden, deshalb konnte ich erst im Qualifying aufholen."

Nichtsdestotrotz war die Freude im Petronas-Team am Samstagnachmittag riesig. Auch Team-Direktor Johan Stigefelt sagte: "Es ist ein super Ergebnis, wir sind sehr glücklich. Nur leider bringt uns das noch keine Punkte." Im Nachhinein klingt diese Aussage fast schon wie ein Omen. Denn obwohl der Samstag für das Petronas-Team nicht perfekter hätte laufen können, sollte es am Sonntag nicht so weitergehen.

Jerez: Bitteres Erwachen für Quartararo

Zwar legte Weltmeister Marquez einen unangefochtenen Start-Ziel-Sieg hin, Quartararo und Morbidelli schlugen sich dennoch stark. Bis auf Marquez ließen die Petronas-Piloten in der Startphase keinen anderen Fahrer an sich vorbeiziehen, Morbidelli blockte sogar Andrea Dovizioso ab. Der Italiener war es auch, der die ersten zehn Runden im teaminternen Duell um Rang zwei die Nase vorn hatte. Danach übernahm Quartararo P2. Eine Chance, den da bereits entflohenen Marquez einzuholen, bekam der Franzose aber nicht mehr. Auf der 13. Runde beendete ein technischer Defekt an der Yamaha sein bis dato starkes Rennen.

Fabio Quartararo schnappte sich am Samstag in Jerez die Pole Position, Foto: LAT Images
Fabio Quartararo schnappte sich am Samstag in Jerez die Pole Position, Foto: LAT Images

"Das Motorrad hat im dritten Gang blockiert und ich konnte nicht mehr schalten. Also kam ich an die Box. Es gab nichts, was ich noch machen konnte", erklärte Quartararo nach dem Rennen. Als der Franzose die Box erreichte, brach er in Tränen aus. Wenig später hatte er sich aber bereits wieder gefangen. Denn trotz der Enttäuschung gab es an diesem Wochenende auch viel Gutes. "Ich glaube, wir haben hier hervorragende Arbeit geleistet. Es ist kein Zufall, dass wir bei diesem GP vorne dabei waren", war Quartararo überzeugt.

Das ein Podiumsplatz für den Franzosen durchaus drin gewesen wäre, glaubt nicht nur er selbst. Auch Piloten wie Valentino Rossi waren nach dem Rennen davon überzeugt, dass ein zweiter oder dritter Platz für Quartararo definitiv denkbar gewesen wäre. Einen Sieg stand jedoch laut dem Piloten selbst außer Frage. "Ich wäre wohl auf Platz zwei geblieben, weil Marc schon weit weg war", glaubte Quartararo. "Aber er war die perfekte Referenz nach vorn für gute Rundenzeiten, während ich gleichzeitig eine Lücke nach hinten auffahren konnte."

Genau aufgrund solcher Erfahrungswerte fiel es Quartararo mit etwas Abstand zum Geschehen leichter, die Situation zu akzeptieren. "Wenn wir uns unsere Pace ansehen, können wir eigentlich nur happy sein. Wir haben in allen Trainings die Top-10 erreicht und die Erfahrung, die wir hier mitnehmen, ist enorm."

Morbidelli rettet in Jerez Punkte

Nach Quartararos traurigen Ausscheiden war es dann an Morbidelli, die Ehre des Petronas-Teams hoch zu halten. Das gelang dem Italiener auch, allerdings weniger erfolgreich als erhofft. Für ein Podium reichte es nicht, Morbidelli wurde am Ende Siebter und sammelte damit neun WM-Punkte.

"Wenn man unseren Startplatz in Betracht zieht, ist das Ergebnis zwar ein bisschen enttäuschend, aber trotzdem gut für uns", sagte Morbidelli. Ein besseres Ergebnis wäre für den Italiener nur möglich gewesen, wenn die Reifen mitgespielt hätten. Denn in der Mitte des Rennens musste sich Morbidelli etwas zurückhalten, um seine Reifen nicht überzustrapazieren. "Am Ende konnte ich dann nochmal pushen", so Morbidelli. Damit gewann er den Zweikampf mit Cal Crutchlow und konnte damit ein totale 180-Grad-Wende von Samstag zu Sonntag verhindern.

Valentino Rossi: Starke Kundenteams wichtig

Damit zeigt das Endergebnis aus Jerez nicht wirklich, wie stark das Petronas-Team an diesem Wochenende performte. Yamaha-Werkspilot Rossi freut sich jedenfalls, ein so starkes Kundenteam an seiner Seite zu wissen. Für die Entwicklung der Yamaha kann das nur gut sein, ist er sich sicher. "Vor zwei Jahren war Johann Zarco [im Tech3-Team] mit dem alten Bike oft schneller als wir", erklärt der 'Doktor'. Nimmt jetzt einer von vier Yamaha-Piloten eine Änderung am Bike vor, die funktioniert, können auch die anderen Fahrer davon profitieren. "Die Werks- und Kunden-Bikes sind sich in dieser Saison viel ähnlicher. Das macht es viel einfacher zu entwickeln."