Ducati ist nach 100 sieglosen Rennen in der MotoGP erlöst. Doch es war nicht Andrea Dovizioso, der die Roten aus Bologna zum ersten Erfolg seit Casey Stoner 2010 führte, sondern ausgerechnet Andrea Iannone, der nach zahlreichen Aussetzern in dieser Saison mit Ende 2016 von Ducati Abschied nehmen muss. Nicht wenige hatten im Vorfeld befürchtet, dass 'The Maniac' in einem zu erwartenden Ducati-Duell um den Sieg in Spielberg mit einer erneuten Wahnsinnsaktion sich und Dovizioso ins Out reißt. Doch Iannone hatte seine verrückte Seite an diesem Sonntag perfekt unter Kontrolle und fuhr Platz eins im Stil eines großen Champions ein. Die Analyse:

Das Uhrwerk Iannone

Normalerweise sind es Fahrer wie Jorge Lorenzo, die in der MotoGP Siege mit einer beeindruckenden Kombination aus Speed und Konstanz einfahren können. Iannone galt in der Vergangenheit eher als Meister des Zweikampfs, kontrollierte Fahrten an der Spitze gelangen ihm nie, in Le Mans oder Katar warf er seine Ducati etwa mit großen Siegeschancen in den Kies. In Spielberg aber zeigte er uns eine neue Seite seines fahrerischen Könnens. Die Top-Vier des Rennens - Iannone, Dovizioso, Lorenzo und Rossi - zogen fast über die gesamte Distanz im Formationsflug ihre Kreise am Red-Bull-Ring. Ihre schlechtesten Rundenzeiten nach Runde sechs, als sich das Feld sortiert hatte, liegen nur unglaubliche 33 Tausendstelsekunden auseinander. Iannone war es aber, der nicht nur Ausreißer nach oben verhindern, sondern durch die schnellsten Runden den Unterschied machen konnte.

Der Spielberg-Sieger war sich dabei wohl das gesamte Rennen über seiner überlegenen Pace bewusst und machte lange Zeit nur das, was nötig war. Während nämlich Dovizioso, Lorenzo und Rossi ihre schnellsten Zeiten in den Umläufen 18, 14 beziehungsweise 16 fuhren, sparte sich Iannone seine Munition bis zur Schlussphase auf. Erst in Runde 24 von 28 knallte er seine persönliche Bestzeit, die dann auch die schnellste Rennrunde bedeutete, auf den brandneuen Asphalt des Red-Bull-Rings. In 1:24.561 nahm er im Vergleich der persönlich besten Umläufe Dovizioso 0,125 Sekunden ab, den Yamaha-Stars Lorenzo und Rossi brummte er 225 beziehungsweise 293 Tausendstelsekunden auf. Beeindruckend auch: Iannones allerletzte Runde war nur 0,032 Sekunden langsamer als die schnellste Zeit. Er hatte also noch ein Ass im Ärmel. Umso herausragender, weil Iannone an diesem Wochenende nach einem Sturz beim Offroad-Training in der Sommerpause mit großen Schmerzen im Brustbereich zu kämpfen hatte.

Ducati reichen in Österreich zwei Sektoren

Natürlich war Iannones Sieg vor Dovizioso in Spielberg auch zu einem nicht unerheblichen Teil ihrem Arbeitsgerät, der Desmosedici GP17 geschuldet. Die Ducati konnte die Konkurrenz von Honda, Yamaha oder Suzuki in Spielberg in erster Linie aufgrund der drei langen Vollgaspassagen in den Sektoren eins und zwei in den Schatten stellen. In diesen Bereichen war die Desmosedici derart überlegen, dass auch eine erkennbare Schwäche im dritten Streckenabschnitt mit seinen drei Kurven und kaum vorhandenen Geraden den Ducatisti keine großen Sorgen bereitete.

Hier war es nämlich Rossi, der Iannone und Dovizioso auf nur rund 24 Fahrsekunden über 2,5 Zehntelsekunden abnahm. Nach Verlusten von etwa 3,5 Zehnteln in den vorangegangenen Abschnitten reichte das dem Superstar mit der Nummer 46 aber gerade, um den Anschluss zu halten. Für einen ernsthaften Angriff auf das Ducati-Führungsduo bot sich nach der Startphase keine einzige ernstzunehmende Gelegenheit, selbiges gilt für den vor Rossi platzierten Jorge Lorenzo.

Rossi half auch eine super Pace in Sektor drei nicht: Rang vier, Foto: Ducati
Rossi half auch eine super Pace in Sektor drei nicht: Rang vier, Foto: Ducati

Fazit

Für Ducati kam am Sonntag in Spielberg alles zusammen, um nach der unendlich scheinenden Durststrecke endlich wieder jubeln zu dürfen. Eine Strecke, die der Charakteristik des Motorrads praktisch perfekt entgegenkommt, gepaart mit an diesem Wochenende auch fehlerlosen Vorstellungen der Piloten Andrea Iannone und Andrea Dovizioso. Da konnten die Fahrer der anderen Fabrikate dahinter nur ein zweites Rennen um die Positionen von Rang drei aufwärts bestreiten.