Eine solche Dürre hat Marc Marquez während einer Saison noch nicht erlebt: Genau drei Monate musste er warten, um nach seinem Sieg in Austin endlich wieder einen Siegerpokal stemmen zu dürfen. In Deutschland ist es ihm endlich wieder gelungen: Mit einer mehr als überzeugenden Vorstellung rief er im Rennen nach ein paar vorsichtigen Runden zu Beginn das ab, was er in den Trainings schon angedeutet hatte: Mit konstanten 21er-Rundenzeiten zog er dem Rest des Feldes in jeder Runde ein paar Zehntel davon und siegte souverän.

"Endlich, endlich habe ich es wieder genossen, auf dem Motorrad zu sitzen!", jubelte der 22-Jährige nach seinem 21. GP-Sieg in der Königsklasse. Der amtierende Weltmeister hat nach seinem Wechsel auf das alte Chassis schon in Assen seine alte Form wiedergefunden, musste aber dort noch Valentino Rossi im packenden Finale den Vortritt lassen. Nun folgte endlich der zweite Saisonsieg. Dabei traf er eine ungewöhnliche Wahl: Wie sein Teamkollege Dani Pedrosa nahm Marc Marquez den harten Vorderreifen, der ursprünglich auf dieser Strecke gar nicht zum Einsatz kommen sollte und von Bridgestone erst am Donnerstag nachnominiert worden ist.

Auch ohne asymmetrischen Vorderreifen lief es sehr gut. Marquez begründete die Wahl: "Ich war mit dem weichen Reifen auf zehn Runden 0,1 Sekunden pro Runde schneller als mit dem harten, aber wollte unbedingt hinten heraus noch Grip haben. Mit dem Weichen wäre es vielleicht 15 Runden so gegangen, aber alles darüber hinaus war mit einem Fragezeichen versehen." Schon im Warm Up habe er den Harten bei einem Testlauf für gut befunden.

Ab da war es zu spät für die Gegner: Marquez ging Ende der fünften Runde in Führung, Foto: Simninja
Ab da war es zu spät für die Gegner: Marquez ging Ende der fünften Runde in Führung, Foto: Simninja

Verhaltener Start, beeindruckender Rest

Das sorgte dafür, dass in der ersten Kurve Jorge Lorenzo mit dem asymmetrischen Vorderreifen über die Außenbahn vorbeiziehen konnte. "Ich bin gut gestartet und wollte die innere Linie in der ersten Kurve haben, aber Lorenzo war außen sehr beeindruckend und ist mit dem asymmetrischen Reifen einfach vorbeigefahren." Marquez schaute sich das Treiben fünf Runden lang an und zog dann an Lorenzo auf nimmer wiedersehen vorbei. "Als ich einmal vorbei gewesen bin, fiel ich schnell in den Rhythmus, den ich am ganzen Wochenende schon hatte und konnte so eine Lücke reißen."

Während sich die drei japanischen Motorräder dahinter weiter beharkten, zog Marquez davon, doch selbst als Rossi auf Platz zwei ging, wurde die Lücke immer größer. So wurde es ein recht einsames Rennen für den Honda-Piloten. "Ein Rennen mit einem Kampf um den Sieg ist natürlich immer besser für die Fans und auch für mich", gab Marquez zu. "Aber hier musste ich endlich wieder gewinnen und 25 Punkte holen, deshalb habe ich jetzt kein Problem damit, dass es nicht so spannend war." Er versprach aber, dass es in Zukunft wieder Kämpfe um den Sieg geben werde.

Sommerpause nur eine Woche lang

Das könnte auch damit zusammenhängen, dass er noch nicht völlig zufrieden ist mit seiner Honda RC213V, die aus dem 2014er-Rahmen und einigen 2015er-Teilen besteht. Sachsenring ist Honda- und Marquez-Land, das weiß auch der 22-Jährige selber. "Nächste Woche steht ein Test in Misano an, der sehr wichtig für die zweite Hälfte der Saison werden wird. Unsere Probleme sind noch da, deshalb ist der Test so extrem wichtig." Schon am Samstag beschrieb er, dass der Sachsenring die Probleme gut kaschiere, da sie nur in zwei Kurven auftreten. Erst nach dem Test wolle er sich eine Woche Urlaub gönnen.

Das alte Fahrgefühl ist endlich wieder da, Foto: Repsol Honda
Das alte Fahrgefühl ist endlich wieder da, Foto: Repsol Honda

"Wir wollen und wir werden Schritt für Schritt zurückkommen", kündigte Marquez an. "Wir waren hier ja schon da, nun fehlt noch die Konstanz [auch auf anderen Strecken so gut zu sein]. Wir müssen dafür noch härter arbeiten als wir es ohnehin schon tun." Dennoch ist der Sieg eine große Erleichterung nach einer schwierigen Saison mit drei Stürzen. "Die erste Saisonhälfte war so schwierig; ich war zwar schnell, aber nur, weil ich enormes Risiko gegangen bin. Deshalb habe ich auch viele Fehler gemacht. Ich habe das Motorrad nicht gefühlt und das Vertrauen fehlte überall." Die zwei Stürze in Mugello und Barcelona seien sein schlimmster Karrieremoment gewesen.

Er gab zu, dass er zwischendurch sogar darüber nachgedacht habe, seinen Fahrstil anzupassen. "Aber dann habe ich gemerkt, dass es das Gesamtpaket ist, und habe mit Honda hart gearbeitet." Den Durchbruch gab es dann mit der Rückkehr zum alten Chassis. "Seit Assen ist es wieder ganz anders: Ich kann spielen, den Reifen im Slide kontrollieren, mein Gewicht gut einsetzen. Assen war mein schönster Moment, weil wir endlich wieder da waren." Der Sieg sei daher ein großartiger Lohn für die enorm harte Arbeit, die er und Repsol Honda investiert haben.