Über die guten alten Zeiten wird oft gesprochen. Geschichte verklärt manchmal einiges zum Besseren, insbesondere in der Motorsportlandschaft des Jahres 2015. Egal ob in der Formel 1, der DTM oder fast allen anderen Rennserien: "Früher war alles besser." Das stimmt auch in den meisten Fällen. Siehe Klang der Formel 1 oder Fan-Akzeptanz der DTM, um nur zwei Beispiele zu nennen. Es gibt aber eine große Ausnahme: Die MotoGP des Jahrgangs 2015. Drei Klassen plus Rahmenprogramm. Spannung wie nie. Flair, Krach, Spektakel. Kurz: MotoGP ist so sexy wie es die Formel 1 einst war.

Niemand würde in der Königsklasse auf zwei Rädern auf die Idee kommen, die Grid Girls zu verbieten. Sebastian Vettel dagegen musste kürzlich in Monaco auf ein männliches Hinterteil blicken. In Mugello dagegen bekamen auch glücklich verheiratete Ehemänner Stielaugen, ob der Armada der international ausgezeichnet besetzten Grid-Girl-Armada. Kein Zufall, dass Maurizio Arivabene, seines Zeichens Ferraris F1-Teamchef, nach dem MotoGP-Rennen in Mugello in Interviews feststellte: "Die Formel 1 kann von der MotoGP viel lernen". Stimmt! Nicht dass in der MotoGP alles richtig läuft, aber vieles. Neben dem Spektakel drum herum zum Beispiel die Spannung: Ausgeglichene Rennen in den drei WM-Klassen. Resultats-Vorhersagen meistens unmöglich.

WRC-Champion Ogier begeistert

Zum Leidwesen seines PR-Mannes ließ sich Rossi auf minutenlanges Rallye-Fachsimpeln mit Ogier ein, Foto: Edgar Mielke
Zum Leidwesen seines PR-Mannes ließ sich Rossi auf minutenlanges Rallye-Fachsimpeln mit Ogier ein, Foto: Edgar Mielke

Volkswagens Schotter-Weltmeister Sebastien Ogier zum Beispiel war in Mugello zum ersten Mal bei der MotoGP. Aber nicht zum letzten Mal. Vom ersten Moment an leuchteten die Augen des Driftkönigs wie die eines kleinen Kindes vor dem Weihnachtsbaum. Ogiers Begeisterung war ansteckend. Und bemerkenswert, weil glaubhaft und nicht wie in der Formel 1 von vielen VIP-Gästen als politisch korrektes Statement abgesonderter Einheitsbrei. Weil Ogier wirklicher Fan der Zweiradkönige ist. Motorspot-Magazin.com hat es ihm ermöglicht, auf Sandro Corteses Moto2-Kalex Platz zu nehmen. Das Resultat: Der Weltmeister auf vier Rädern will so schnell es geht mit seiner Panigale auf eine Rennstrecke. Ganz nebenbei bemerkt: Ogier hätte mit seiner Gattin Andrea (Andrea Kaiser war im ersten MotoGP-Jahr bei DSF Moderatorin an der Seite von Alex Hofmann) auch zum DFB-Pokalfinale nach Berlin fahren können. Mugello war aber die bessere Wahl.

Auch, weil sich für das Ehepaar selbst ein Marquez oder ein Rossi trotz eines engen Zeitplans extra Zeit genommen haben. Beim DFB-Pokalfinale wäre die Motorsport-Abordnung aus dem Hause Volkswagen wahrscheinlich eine unter vielen gewesen. Und hätte wohl auch kaum so viel Spaß gehabt. Gattin Andrea wusste genau was sie tat, als sie lieber Mugello als Reiseziel wählte statt Berlin. Sebastian Ogier konnte seine Eindrücke vor Begeisterung kaum schildern. Da ist er nicht alleine. Dauergast Mark Cavendish, Freund und Kumpel von Cal Crutchlow, kommt zu jedem Rennen, das in seinen engen Terminplan passt. Die Frage, ob MotoGP oder die Tour de France verrückter sei, konnte er zwar nicht beantworten, aber vielleicht kann er das ja nach der Realisierung der gemessenen 350,8 Km/h Topspeed bei Ducati. Unfassbar.

Viele VIPs - alle freiwillig da

Keanu Reeves war auch wieder da. Nicht weil ein Hollywoodstar wie er muss, sondern will! Auch weil er bei Randy Mamola auf Ducatis Two-Seater Platz nehmen durfte. MotoGP rocks the House of Motorsport. Apropos House: Logisch, dass beim nächsten Rennen in Barcelona der Weltklasse-DJ Carl Cox wieder vorbei schaut. Also ist die MotoGP auch noch szeneübergreifend. Wir könnten jetzt auch viel über die Krise des Stefan Bradl, die allererste Krise des Marc Marquez oder das sensationelle Niveau von Jorge Lorenzo schreiben. Aber das machen wir beim nächsten Mal. Denn ein Sport muss die Fans ins Boot holen. Und das gelingt der MotoGP. Und es gelingt eben auch bei den VIPs, die immer hilfreich sind, um eine Sportart zu vermarkten. Daher auch die Publikumsrekorde in Jerez oder Mugello - trotz der skandalös hohen Eintrittspreise in der Toskana.

In bester Erinnerung sind noch die Besuche der Herren Schumacher, Rosberg oder Hamilton in den letzten Jahren. Klar, angefangen hat es als Sponsorenverpflichtung. Aufgehört hat das Ganze mit echter Begeisterung der genannten Herren. Begeisterung für die Ritter der Neuzeit, für die Gladiatoren des Jahres 2015. Denn nichts Anderes sind die Fahrer auf den Raketen mit nur zwei Rädern. Und die Zeichen stehen gut, Sebastian Ogier jedenfalls kommt wieder. und kann die Titelvergabe in allen drei Klassen kaum erwarten. Wie alle, die die MotoGP jemals erlebt haben. Am besten live, zum Beispiel bei den anstehenden Rennen In Assen, auf dem Sachsenring oder in Brünn. Vom gesamten deutschsprachigen Raum leicht zu erreichen - und Spektakel pur.

Die MotoGP rockt: Fans und VIPs sind glechermaßen begeistert, Foto: Tobias Linke
Die MotoGP rockt: Fans und VIPs sind glechermaßen begeistert, Foto: Tobias Linke

Zugegeben sei auch, dass der Verfasser dieser Zeilen ein MotoGP-Fan ist. Zugegeben sei auch, dass es eigentlich um Sport gehen sollte. Aber Verkaufen gehört zum Erfolg einer Sportart einfach dazu! Und es steht für 2015 noch einiges an. Dank Lorenzo, der zu Saisonbeginn fälschlicherweise abgeschrieben wurde. Dank Marquez, der nicht durchmarschiert. Und vor allen Dingen auch dank Valentino Rossi, der - obwohl mittlerweile der älteste Fahrer - die Massen animiert, die Hügel der Toskana gelb einzufärben. Und wenn dann noch so überaus sympathische VIPs wie Monsieur Ogier dazu kommen, dann kann einen Fan das nicht kalt lassen.

MotoGP rockt! Die Zweifel an dieser Überschrift waren nach 16 Stunden Autobahn, vier Vollsperrungen und 1.200 Kilometern zwischen Mugello und Spa-Francorchamps endgültig verflogen. Warum? Dankesmails von Monsieur Ogier und Jacky Ickx, der in Spa nach meiner Ankunft auf den "Modena Trackdays" nur eine Frage hatte. Und zwar nach der MotoGP in Mugello. Die Frage wurde beantwortet. Monsieur Ickx, you are welcome. MotoGP rockt!