Schluss, aus, vorbei. Die MotoGP-Saison 2014 schloss am Sonntag mit dem Rennen auf dem Circuit Ricardo Tormo vor den Toren Valencias ihre Pforten. Trotz der bereits entschiedenen WM zugunsten von Marc Marquez versprach das Finale noch eine Menge Spannung: So jagte der Weltmeister höchstpersönlich den ewigen Rekord von 13 Triumphen in einer Saison. Das Yamaha-Duo Valentino Rossi und Jorge Lorenzo zankte sich um den Vizetitel. Und wie immer ruhte die Hoffnung des neutralen Zuschauers auf einem Kampf der 'Big Four' um den Rennsieg.

Die erste Hälfte des 18. Grand Prix 2014 erfüllte dann auch bestens alle Erwartungen. Enge Abstände, harte Positionskämpfe sowie ein Überraschungs-Führender in Andrea Iannone sorgten für Spannung und beste Unterhaltung. Nachdem es kurz nach dem Start bereits ein erstes Mal zu tröpfeln begann, folgte gegen Mitte des Rennens ein kurzer, aber rennentscheidender Niederschlag. Motorsport-magazin.com analysiert die Auswirkungen der kurzen 'Dusche', Marquez' Siegesfahrt, Rossis Glanzleistung sowie den bitteren Absturz von Lorenzo und Iannone.

Die Startphase: Iannone holt den Hammer raus

Bereits beim Start wurde die Reihenfolge erwartungsgemäß durcheinandergewirbelt. Iannone machte seinem Ruf als Blitzstarter alle Ehre und schnappte sich die Spitzenposition von Landsmann Rossi. Mit einem eher seltenen gelungenen Renneinstand preschte Marquez von fünf auf drei nach vorne, während 'Startkönig' Lorenzo als Vierter diesmal lediglich seine Position hielt. Trotz freier Fahrt nach vorne verlor Pedrosa einmal mehr Plätze unmittelbar zu Rennbeginn, und reihte sich als Fünfter ein. Schon oft in dieser Saison hatten sich Überraschungsmänner für wenige Kurven nach dem Start an die Spitze geschoben - Iannone jedoch sollte diese Position für zehn Runden lang beibehalten.

Die Rennfavoriten jagten ab dem Start mehrere Runden Andrea Iannone hinterher, Foto: Yamaha
Die Rennfavoriten jagten ab dem Start mehrere Runden Andrea Iannone hinterher, Foto: Yamaha

Die Reifenkombinationen der Top-5-Fahrer erwiesen sich im Grunde genommen als identisch: Alle hatten sich für den Medium-Hinterreifen sowie den Soft-Frontpneu entschieden. Iannone wählte hierbei jedoch als einziger die asymmetrische Variante, die Bridgestone wegen der deutlich höheren Belastung der rechten Reifenflanke an die Strecke gebracht hatte. Dies wirkte sich für Iannone zu Rennbeginn scheinbar positiv aus. Als bereits in Runde zwei leichter Regen einsetzte und die Weißen Flaggen zur Vorsicht vor rutschiger Strecke geschwenkt wurden, setzte sich der Pramac-Pilot schnell und deutlich an der Spitze ab. Rossi und Marquez folgten mehr oder minder im Gleichschritt.

Auf schnell abtrocknender Strecke begannen die Rennfavoriten ab Runde 6 von 30 dann jedoch ihre Aufholjagd. Marquez und Rossi glänzten mit Runden im 1.31er-Bereich, und schoben sich so gemeinsam mit dem mittlerweile Viertplatzierten Pedrosa immer näher an die Spitze heran. Zum Ende des zehnten Umlaufs lagen die Top-4 innerhalb von 1,7 Sekunden. Lorenzo hingegen hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einen ersten Nackenschlag verkraften müssen. Aus Verweigerung eines zu riskanten Fahrstils bei leicht rutschigen Verhältnissen verlor der Yamaha-Superstar schon früh massiv Zeit, fand sich zum Ende der achten Runde mit über vier Sekunden Rückstand auf Rang sechs wieder.

Nach zehn Runden in Valencia offenbarte sich folgendes Bild:

PilotPositionRückstand zur Spitze in Sekunden
Andrea Iannone1-
Marc Marquez20,182
Valentino Rossi30,385
Dani Pedrosa41,754
Jorge Lorenzo53,349

Um im Kampf mit Rossi um den Vizetitel bei zwölf Punkten Rückstand noch eine Chance zu haben, musste Lorenzo zwingend in den Kampf um den Sieg eingreifen. Der Mallorquiner pushte daher weiter hart und verkürzte seinen Rückstand zur Spitze am Ende von Runde elf auf unter 2,7 Sekunden. Bei freier Fahrt machte Marquez als Frontrunner nun jedoch mächtig Druck, brannte fünf Runden im mittelhohen 1:31er-Bereich in den Asphalt, und setzte sich nach 16 Umläufen so um über zwei Sekunden von Rossi und Pedrosa ab. Iannone hingegen wurde nach aufkommenden Schmerzen in seinem nach wie vor verletzten Arm bis auf Rang sieben durchgereicht. Lorenzo hatte zur Mitte des Rennens bereits wieder vier Sekunden an Rückstand gesammelt.

Nach einem Drittel des Rennens lag Jorge Lorenzo noch in Schlagdistanz zu Dani Pedrosa, Foto: Repsol Honda
Nach einem Drittel des Rennens lag Jorge Lorenzo noch in Schlagdistanz zu Dani Pedrosa, Foto: Repsol Honda

Water-loo im Regen: Lorenzo und Iannone gehen unter

Der zweite und heftigere Regenschauer setzte in Runde 17 ein - und wirbelte das Bild an der Spitze gehörig durcheinander. Marquez und Rossi zogen zwar vorne weiterhin unbeirrt ihre Kreise, jedoch schloss der Italiener durch den Vorteil des Hinterherfahrens im Nassen die Lücke auf Marquez binnen vier Runden von 2,2 auf 0,8 Sekunden. Pedrosa - gezeichnet von den Stürzen in Aragon und Sepang sowie seines Ausfalls auf Philipp Island - verlor hingegen nicht nur jeglichen Mut, sondern in Runde 20 alleine über drei Sekunden in nur einem Umlauf. Noch schlechter erging es Lorenzo, dessen Rückstand urplötzlich auf das Doppelte anwuchs. Auch er gestand nach dem Rennen fehlenden Mut und Risikobereitschaft ein.

Mit dem Mut der Verzweiflung setzte Lorenzo im Fernduell mit dem glänzend aufgelegten Rossi dann alles auf eine Karte, verkalkulierte sich wie auch Iannone jedoch rigoros. Nachdem die Rundenzeiten um über fünf Sekunden gesunken waren und bereits Wasser auf Teilen der Strecke stand, entschied sich das Duo Ende von Runde 19 in Erwartung eines noch heftigeren Regenschauers zum Wechsel auf das mit Regensetup- und -reifen ausgestattete Nummer-Zwei-Bike. Dies stellte sich jedoch als der entscheidende Fehler heraus: Nicht nur fuhr Marquez in diesem Umlauf an der Spitze bereits wieder 1,5 Sekunden schneller als in der Runde zuvor; auch blieb weiterer Regen aus, was die Strecke schnell wieder ausreichend abtrocknete.

Das Schaubild zeigt den massiven Zeitverlust Lorenzos und Iannones am Ende des Feldes. Während der Italiener tapfer zu Ende fuhr und sich nach zehn Runden in Führung zu Beginn in Umlauf 25 der Demütigung einer Überrundung aussetzen musste, schaffte Lorenzo in Runde 24 (bewusst?) gerade noch den Absprung, und gab das Rennen entnervt auf. Pedrosa fiel auf Rang drei liegend Runde um Runde zurück und hatte bis Umlauf 28 bereits einen eklatanten Rückstand von über 15 Sekunden angehäuft.

Ein kurzzeitiges Aufbäumen der beiden Ducatis von Andrea Dovizioso und Cal Crutchlow im Regen wehrte der WM-Vierte bei abtrocknender Strecke immerhin noch souverän für sein zehntes Podium der Saison ab. Marquez hingegen demonstrierte auf der immer trockeneren Strecke bei dennoch schwierigen Bedingungen einmal mehr seine Ausnahmeklasse und setzte sich spielend auf über fünf Sekunden von Verfolger Rossi ab. Im Ziel betrug sein Vorsprung nach einer 'Showrunde' dann letztlich 3,5 Sekunden. Das letzte Renndrittel hatte mit dem Spektakel nach dem fulminanten Auftakt jedoch nicht mehr viel gemein...