800 Rennen und eine Überraschung nach der anderen: der Jubiläums-Grand-Prix war doch ein voller Erfolg. Wer sein ganzes Vermögen an diesem Wochenende in Aragon auf einen Sieg von Marc Marquez gesetzt hat, dürfte jetzt ziemlich blöd aus der Wäsche schauen: Da versaut der Weltmeister doch das zweite Rennen in Folge. Unfassbar. Aber was hat man mit 75 Punkten Vorsprung kurz vor Saisonende auch schon zu verlieren?

Dabei hat sich der Lokalmatador gar nicht so dumm angestellt. Sobald der Regen einsetzte, winkte er Jorge Lorenzo auf der Start-Ziel-Geraden erst einmal vorbei und eröffnete das Psychoduell bei höchstem Tempo. "Ich wollte die Limits herausfinden und normalerweise stürzt immer der erste Fahrer", sagte Marquez später rotzfrech. Aber vielleicht gibt es doch noch etwas wie Gerechtigkeit: Schließlich war es am Ende er selbst, der stürzte. Und warum? Alles auf Risiko - typisch Marquez, aber eben auch genau das, was die Spannung trotz seiner Dominanz noch ausmacht.

Und damit durfte sich einmal ein anderer freuen: Lorenzo ist nicht nur ein saustarkes Rennen gefahren, sondern hat auch einmal mehr mit Intelligenz gepunktet. Er gewann den 800. Grand Prix und nebenbei bemerkt auch schon den 600. und 700. - ein Jubiläumstyp eben. Damit darf er sich nun nicht nur über seinen ersten Sieg freuen, sondern auch das Motorland zu Lorenzos Land erklären. Nach den Trainings und einer solchen Qualifikation wohl genau das, was absolut niemand erwartet hätte - und dann auch noch auf einer Honda-Strecke! So sehr wir Lorenzo seinen ersten hart erarbeiteten Triumph des Jahres gönnen: Jetzt muss das Gemecker über Reifen und Honda-Vorteile aber wirklich mal ein Ende haben. Eine clevere Taktik kann eben so manchen psychischen Nachteil überwinden.

Die nächsten Siege gehen an Cal Crutchlow - mit Ansage, Foto: Milagro
Die nächsten Siege gehen an Cal Crutchlow - mit Ansage, Foto: Milagro

Gleichzeitig jubeln wir mir Aleix Espargaro. Obwohl keinem Open-Fahrer die Anstrengungen abzusprechen sind, war er doch schon das ganze Jahr über der Pilot, der am verheißungsvollsten aussah und nun auch der verdiente Geschichtenschreiber, der ein erstes Podium in der integrierten Kategorie verbucht. Als Bonus gab es in diesem Parc Ferme zum ersten Mal keinen Extra-Platz für den Open-Sieger - wahrscheinlich genau das, was Carmelo Ezpeleta sich wünscht. Läuft.

Auch für Cal Crutchlow lief es richtig gut. Obwohl man unterstellen mag, dass er wie Aleix Espargaro wohl nicht auf dem Treppchen angekommen wäre, wenn sich die Favoriten nicht selbst ins Aus befördert hätten. Aber sei's drum: Endlich ein Motivationsschub für den leidgeplagten Desmosedici-Kämpfer, der sich gleich so gut fühlte, dass er behauptete, die nächsten drei Rennen gewinnen zu können. Zum Glück verstehen wir die Ironie.

Vernebelte Sinne?

Die Ironie hinter Dani Pedrosas Sturz verstehen wir hingegen nicht. Während wir bei Marquez alles darauf schieben können, dass er kaum Erfahrung in derartigen Rennen hat und auch wenig zu verlieren hatte, schien das Wetter am Morgen dem kleinen Spanier die Sinne vernebelt zu haben. Der Repsol Honda Pilot hätte definitiv wechseln müssen. Da er allerdings zeitweise sogar vor Marquez lag, wollen wir ihm diesen Fehler einmal nachsehen: Wer biegt schon in die Box ein, wenn er so knapp vor einem Sieg liegt.

'Dani, beim nächsten Mal läufst du die Runde einfach noch zu Ende. Nicht, dass Klagen kommen', Foto: Honda
'Dani, beim nächsten Mal läufst du die Runde einfach noch zu Ende. Nicht, dass Klagen kommen', Foto: Honda

Dabei fuhr Pedrosa auch später nicht in die Box, sondern flitzte. Nach seinem Sturz in Kurve eins lief er zurück zum Team und stieg auf sein Regen-Bike, was einige für regelwidrig hielten. Aber da wir nicht die Rennleistung sind, lassen wir die Frage an dieser Stelle besser unbeantwortet. Zumindest lieferte Pedrosa eine unterhaltsame Show - als würde man zu McDrive laufen und bestellen, tauschte er eben nicht die Bikes, sondern besorgte sich einfach ein neues. Valentino Rossi konnte diese leider nicht mehr bieten. Schade für den neunfachen Weltmeister, der von seinem Höhenflug so schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeworfen wurde. Zumindest hat der Italiener das Krankenhaus mittlerweile verlassen und scheint wieder bei bester Besinnung.

Wieder einmal durften wir Zeugen eines unvergesslichen Rennwochenendes werden. Würde es Marquez nicht ständig so spannend machen, wäre er längst Weltmeister. Wir sollten ihm an dieser Stelle also herzlichst danken, dass er den Sport zu genau dem macht, was wir lieben und trotz aller Verrücktheit dennoch den Titel verteidigt. That's Racing, auf zu den nächsten 800!