Nach seinem sechsten Platz in Silverstone will bei Pol Espargaro trotz einer weiteren guten Punkteausbeute für den MotoGP-Neuling nicht so recht Freude aufkommen. Angesichts von knapp 25 Sekunden Rückstand auf Sieger Marc Marquez sowie rund 24 Sekunden auf die schnellste Yamaha von Jorge Lorenzo zeigt sich der amtierende Moto2-Weltmeister eher gar zerknirscht über den Ausgang des Rennens.

"Natürlich ist das ein gutes Ergebnis und mehr war sicher auch nicht drin, aber mit diesem Rückstand kann ich einfach nie wirklich zufrieden sein, denn dafür bin ich zu ehrgeizig", gesteht Espargaro seine Gefühlslage. Neben der geringeren Leistungsfähigkeit seiner Satelliten M1-YZR-Yamaha sowie fehlender Erfahrung wurmt Espargaro dabei vor allem sein 'unökonomischer' Fahrstil, der ihn in der aktuellen MotoGP nach wie vor viel Zeit kostet.

Wegen Moto2-Stil: Größter Zeitverlust in schnellen Kurven

Vor allem die schnellen Kurven bereiten dem Tech-3-Piloten das größte Kopfzerbrechen: "Es liegt natürlich auch an unserem Bike, das in den schnellen Kurven bereits seit den ersten Tests Defizite ausweist, aber einen Großteil des Defizits auf die Spitze schreibe ich da auch mir zu. Ich fahre einfach nach wie vor viel zu aggressiv in diesen Passagen, weil ich es aus der Moto2 so gewöhnt war, aber das kostet mich in der MotoGP auf die Renndistanz gesehen einfach enorm."

Pol Espargaro lernte bei der Fahrt hinter Lorenzo und Rossi bereits viel, Foto: Movistar Yamaha
Pol Espargaro lernte bei der Fahrt hinter Lorenzo und Rossi bereits viel, Foto: Movistar Yamaha

Als Vorbild nimmt sich Espargaro daher niemand Geringeren als den zweifachen Weltmeister und Yamaha-Superstar Jorge Lorenzo, der im Werksteam auf einem Motorrad desselben Typs auf die Jagd nach Siegen und Titeln geht. "Ich muss fahren wie Jorge. Er ist einfach unvergleichlich und hat den weichen Fahrstil perfektioniert. Niemand fährt wie er. Ich habe bereits versucht, ihn zu imitieren - aber das geht einfach nicht. Vielleicht fehlt mir auch noch ein wenig die Erfahrung dafür", erklärt Espargaro.

Hinter Lorenzo und Rossi alles einfach

Das Problem seines aggressiven Fahrstils beschreibt der kleine Bruder von Forward-Star Aleix folgendermaßen: "Wenn ich in den schnellen Kurven 'weich' fahre, habe ich stets das Gefühl, ich wäre viel zu langsam. In der Moto2 verhalten sich die Bikes einfach ganz anders - da werden die schnellen Kurven mit aggressiven Slides durchfahren. Dadurch, dass ich dann zu aggressiv fahre, verliere ich an Stabilität, das Bike ist unruhig und schwierig zu kontrollieren, was letztlich vor allem am Kurvenausgang Zeit kostet."

Pol Espargaro hält Jorge Lorenzos Fahrstil für unvergleichlich, Foto: Movistar Yamaha
Pol Espargaro hält Jorge Lorenzos Fahrstil für unvergleichlich, Foto: Movistar Yamaha

Auch der fehlende Schwung beim Herausbeschleunigen summiere sich schließlich über eine Runde immer weiter auf. "Ich genieße das nicht, und will das unbedingt abstellen", zeigt sich Espargaro ambitioniert. "Wenn ich Valentino Rossi oder Jorge im Training hinterherfahre, ist es immer einfach, denn ich schaue mir alles ab. Dann denke ich: Okay ist ja gar nicht so schwer. Wenn ich dann aber im Qualifying in einer Runde am Limit alles herausholen muss, und keine Orientierungsperson vor mir habe, kommt immer sofort mein natürlicher Stil wieder durch."

Ein plausible Erklärung, warum vor allem Lorenzo die Kunst des 'weichen' Fahrens derart beherrscht, hat Espargaro allerdings bereits gefunden: "Jorge kommt noch von den alten 250er-Bikes, und mit denen musstest du gezwungenermaßen smooth fahren. Er und Vale haben das so gelernt, und für sie ist die Fahrweise natürlich. Das bringt natürlich Vorteile. Ich muss mich erst anpassen und lernen, und das dauert nun einmal." Wer Pol Espargaro kennt, sollte sich bereits einmal mit dem Gedanken anfreunden, dass er eher früher als später auch diese Hürde nehmen wird...