Vor wenigen Jahren wurde noch von vier Außerirdischen gesprochen. Spätestens seit diesem Wochenende ist nur noch von einem Fahrer die Rede, der auf einem komplett anderen Planeten fährt. Noch nie gelang es einem Rookie, vier Rennen in Folge zu gewinnen und noch nie feierte ein Neuling in der 65-jährigen Königsklasse überhaupt fünf Siege in einem Jahr - und scheinbar ist damit noch lange nicht Schluss. Marc Marquez schreibt keine eigenen Kapitel im MotoGP-Geschichtsbuch mehr, er schreibt die Historie komplett neu.

Was bleibt zu Marquez noch zu sagen? Die Worte atemberaubend, unglaublich und übermenschlich fielen schon des Öfteren. Bleibt kaum etwas zu ergänzen. Nur so viel: Dani Pedrosa und Jorge Lorenzo müssen sich jetzt echt warm anziehen, wenn sie irgendwann noch einmal eine Chance auf einen WM-Titel haben wollen. Der junge Spanier lässt die erfahrenen Superpiloten schon in seinem ersten Jahr dumm dastehen und fällt beiden nicht schon bald etwas ein, stehen ihre Chancen im zweiten Marquez-Jahr noch viel schlechter.

Dringender Beratungsbedarf, Foto: Milagro
Dringender Beratungsbedarf, Foto: Milagro

Es sei denn Marquez hält sich an den Rat von Valentino Rossi und verschwindet nach den ersten Titeln in der MotoGP in die Formel 1. Dabei haben Pedrosa und Lorenzo besonders in Brünn wirklich alles gegeben, um den 20-Jährigen aufzuhalten. Obwohl beiden nachgesagt wird, dass sie wieder zu 100 Prozent fit sind, fehlte einfach irgendetwas. Selbst wenn Pedrosa früher an Lorenzo vorbeigegangen wäre, standen seine Optionen auf den Sieg eher schlecht. Lorenzo selbst kämpft einfach mit der Yamaha. Nach dem Rennen dürfte bewiesen sein, dass weder er, noch Rossi einen Vorteil aus dem Test des stufenlosen Getriebes ziehen konnten.

Damit wenigstens Lorenzo noch im Honda-Kampf an der Spitze eingreifen kann, sollten sich die Japaner schleunigst etwas überlegen. Die typischen Yamaha-Strecken sind nach diesem Wochenende ebenso Geschichte. Auf einer besseren Maschine hätte der enttäuschte Mallorquiner garantiert noch gegenhalten können, doch wird dieser Rückstand nicht bald aufgeholt, ist Marquez auf und davon - auf dem Weg nach weiteren Rekorden, neuen Geschichten und Legenden.

Verfolger und Gejagte

Neue Stories wollte auch Cal Crutchlow mit einem Sensationsergebnis schreiben, doch er machte sich alle Chancen dank verhaltenem Start und Sturz selbst zunichte. Bradley Smith sorgte für das Komplett-Aus bei Tech 3 und das obwohl er gerade einen extremen Aufwärtstrend zeigte. Wirklich schade für die Briten. Bleibt zu hoffen, dass beim Heim-GP etwas mehr drin ist.

Ist schon okay, Kumpel, Foto: Milagro
Ist schon okay, Kumpel, Foto: Milagro

Mehr war an diesem Wochenende auch für Alvaro Bautista drin: Sicherlich fuhr er nur dank Marquez zu Startplatz zwei. Aber wer kann es ihm verübeln? Eine solche Chance muss ergriffen werden und da sich nicht einmal Marquez selbst beschwerte, sollten auch alle anderen schön ruhig sein. Schließlich war dem Honda-Werksfahrer sicher von Anfang an klar, dass Bautista keine Gefahr für ihn darstellt. Außerdem bekommt Marquez dafür ja noch ein Essen spendiert. Wir hoffen auf Bilder!

Ein Lob sollte auch an Martin Bauer gehen. Obwohl er im Rennen stürzte, hat der ehemalige IDM-Pilot doch beim MotoGP-Debüt eine grandiose Leistung gezeigt, sich stetig verbessert, teilweise sogar Dauerstarter abgebrüht und kam - im Vergleich zu manch anderen - sogar noch im Ziel an. Das verlangt eindeutig nach mehr!

Marc VDS in den Schlagzeilen - ganz ohne Redding

Jonas Folger auf dem Podest war an diesem Wochenende ebenso ein Anblick, der nach mehr verlangt. Vielleicht geht es für ihn jetzt endlich bergauf. Obwohl die Spanier in der Moto3 langsam langweilig werden, zeigen sie doch an jedem Wochenende großartige Rennen. Wie oft gehen schon drei Fahrer nebeneinander in die Kurven der letzten Runde? Wenn Folger jetzt noch regelmäßig vorne mitmischen kann, haben auch wir wieder richtig guten Grund zur Freude.

Für Abwechslung - was die Hymnenfrage an jedem Wochenende angeht - sorgte indes Mika Kallio in der Moto2. Endlich wieder ein Sieg seit 2008, da taut sogar der kühle Finne auf. Oder wie es sein Pressesprecher, Ian Wheeler, formulierte: "Die Podest-Zeremonie wurde heute verschoben, weil alle so geschockt waren, dass Mika für das Team-Foto gelächelt hat." Nach fünf Jahren Trockenzeit muss man sich glatt mit Kallio freuen. Dafür gab es am Abend in der Marc VDS Hospitality garantiert den ein oder anderen Minttu.

Außerdem gab es in der Moto2 noch ein großes Gesprächsthema an diesem Wochenende: Esteve 'Tito' Rabat unterschrieb einen Vertrag bei Marc VDS. Sein aktueller Teamchef Sito Pons schien sichtlich angefressen: "Er geht nicht aus sportlichen Gründen. Er macht einen Fehler." Aus welchen Gründen auch immer: Marc VDS ist sicherlich keine schlechte Plattform für den talentierten Spanier. Fraglich ist allerdings, warum er einen Zweijahresvertrag unterzeichnet. Schließlich nimmt er sich damit selbst die Chance 2015 vielleicht in die Königsklasse aufzusteigen. Aber wie wir in naher Vergangenheit schon gelernt haben, sind Verträge heute ja auch nicht mehr das, was sie mal waren.