Für Yamaha stellte 2011 ein schweres Jahr dar, denn nicht nur die M1 war der Honda Power deutlich unterlegen, es kam auch noch Verletzungs- und Sturzpech hinzu. Jorge Lorenzo musste um jeden einzelnen Rennsieg hart kämpfen und war nicht annähernd so dominant wie im Vorjahr. Ben Spies lernte in seiner ersten Werkssaison einiges dazu und durfte sogar einen Rennsieg feiern. Mehr als der Vizetitel und der fünfte Gesamtrang waren für die beiden Kämpfer allerdings nicht drin. Gegen Honda konnte die japanische Konkurrenz kaum etwas ausrichten.

"Heute habe ich alles gegeben, ich habe keine Reserven gelassen und war in jeder Kurve und jeder Runde am Limit", berichtete Lorenzo nach dem Saisonauftaktrennen in Katar. Allerdings hatte sein Einsatz nur zum zweiten Platz hinter Casey Stoner gereicht. Dafür folgte ein erster Sieg zwei Wochen später in Jerez. In Estoril musste der noch amtierende Meister seinem Landsmann Dani Pedrosa am Ende den Vortritt lassen, nachdem er sich zu Rennbeginn bereits ausgepowert hatte. In Le Mans sollte es dann nicht zum Podium reichen, doch beim Heimrennen in Barcelona holte Lorenzo noch einmal Platz zwei.

Es folgte die erste große Enttäuschung der Saison: Sturz in Silverstone. "Ich bin sehr enttäuscht, denn der Sturz war mein eigener Fehler", gab der Mallorquiner zu, der darauf in Assen auch nur auf Platz sechs landete, nachdem ihn Marco Simoncelli abgeräumt hatte. Es kam zu harten Wortgefechten, die Lorenzo später zutiefst bereute. Dafür ging es in Mugello wieder bergauf. Nach hartem Kampf durfte Lorenzo seinen zweiten Saisonsieg feiern. "Ich habe versucht, alles, was ich habe, auf der Strecke zu geben und es gelang." Auf dem Sachsenring durfte der 24-Jährige dann mit dem zweiten Platz nach Überholmanöver gegen Stoner in der letzten Kurve erneut jubeln. "Ich glaube, in der letzten Kurve ist mir ein kleines Wunder gelungen."

Ein Schusselfehler führte zum heftigen Abflug in Laguna Seca, Foto: Milagro
Ein Schusselfehler führte zum heftigen Abflug in Laguna Seca, Foto: Milagro

Durch einen Schusselfehler flog Lorenzo in der Qualifikation von Laguna Seca heftig vom Bike, rettete im Rennen aber noch Platz zwei. Doch der Spanier ließ sich nicht unterkriegen, auch wenn in Brünn und Indianapolis kein Podest drin war. In Misano war er plötzlich wieder an der Spitze. "Hier haben wir es geschafft, endlich wieder ganz vorne zu sein", jubelte er nach dem Rennen. Obwohl er in Aragon nur auf Drei und in Motegi auf Zwei landete und Stoners WM-Vorsprung immer weiter anwuchs, versuchte Lorenzo alles, um die Entscheidung bis zu den letzten Rennen hinauszuzögern. Doch auf Phillip Island folgte das Aus: Lorenzo stürzte im Warm-Up und zog sich eine schwere Verletzung am Finger zu, die seine Saison frühzeitig beendete.

Katsuyuki Nakasuga ersetzte Lorenzo beim Saisonfinale, fuhr sogar als Sechster ins Ziel und eroberte zehn Punkte für Yamaha. "Ich hatte nichts zu verlieren, also wollte ich so hart pushen, wie ich konnte. Es war aufregend, das in einem echten Grand Prix Rennen zu probieren, das kann ich jetzt nicht nur für meine zukünftigen Entwicklungsfahrten nutzen, sondern ich bin auch sehr zufrieden mit meinem Ergebnis", freute sich der Japaner.

Zwischen Sturz und Podest

Spies erlebte ebenso eine Saison voller Höhen und Tiefen. Zum ersten Mal auf der Werks-Yamaha landete er zum Auftakt in Katar auf Platz sechs. Es folgten zwei Sturzrennen, aus denen er keine Punkte mit nach Hause nehmen konnte, in Barcelona ein erster Podestplatz. "Wir hatten bis jetzt kein besonderes Glück, aber es klappte einfach einmal alles. Wir waren stark und es lief", lautete sein Fazit. In Silverstone schied der Amerikaner allerdings erneut aus und besiegelte damit den Totalausfall für Yamaha.

In Assen gelang dem Superbike Weltmeister aus 2009 dafür das beste Saisonergebnis: Der erste Sieg in der Königsklasse. "Der Sieg ist etwas ganz Besonderes. Ich mochte die Strecke schon immer, früher sind hier alle meine Helden gefahren", freute sich Spies, der Yamaha damit außerdem in spezieller Rot-Weiß-Lackierung ein besonderes Geschenk zum 50. Renngeburtstag machte. In den weiteren Rennen landete er regelmäßig unter den besten Sechs, Vierter in Mugello, Fünfter auf dem Sachsenring, Fünfter in Brünn. Darunter war auch ein weiterer dritter Platz beim Heimrennen in Indy, nach dem er sagte: "Wir haben, mit dem was wir haben, das Beste gegeben, wir hätten nur ein bisschen mehr Glück haben können. So ist es aber schon ganz okay."

Bis Phillip Island fuhr Spies zwei weitere Male als Sechster über die Ziellinie, in Aragon auf Rang fünf. Australien stellte sich jedoch nicht nur für seinen Teamkollegen als negatives Saisonhighlight heraus, denn auch der 27-Jährige konnte nach einem Trainingssturz nicht starten. Zweiter Yamaha Totalausfall 2011. Beim Saisonfinale stand er allerdings nur knapp vor dem zweiten MotoGP-Sieg, denn obwohl Stoner dem Feld schon weit enteilt war, konnte sich Spies bei einsetzendem Regen wieder an den Australier heranfahren und sogar an ihm vorbeiziehen. Erst auf der Ziellinie wurde er von Stoner mit nur 15 Tausendstelsekunden Vorsprung geschlagen - dem knappsten Sieg der 800ccm-Ära.

"Es war ein eigenartiges Rennen. Die Wetterbedingungen waren extrem tückisch. Ich wollte konstant bleiben, aber Casey hat viel riskiert und konnte an mir vorbeiziehen. Die letzte Kurve war nicht ideal, es fehlte etwas Dampf und er gewann", schilderte Spies nach dem Rennen. Dennoch blieb ihm Platz zwei und ein solider fünfter Gesamtrang nach immensen Fortschritten im Werksteam.