Mann des Jahres: Ian Hutchinson, Foto: Toni Börner
Mann des Jahres: Ian Hutchinson, Foto: Toni Börner

Fahrer des Jahres

Es ist natürlich immer schwierig, bei so vielen Rennklassen einen einzelnen Fahrer als den Größten des Jahres auszumachen. Ein solcher Vergleich widerstrebt mir auch immer wieder, aber trotzdem gab es Fahrer, die mich ganz besonders beeindruckt haben. Allen voran möchte ich dabei Carlos Checa nennen. Im letzten Jahr noch hatte ich ihn zu den Enttäuschungen der Saison gezählt, als er auf der Ten Kate Honda kein Rennen gewinnen konnte. Auf der privaten Althea Ducati aber fuhr er dieses Jahr drei Siege, insgesamt acht Podien und den dritten Gesamtrang heraus.

In der MotoGP überraschte mich vor allem die unglaubliche Konstanz Jorge Lorenzos - ohne Sturz und mit zwei vierten Rängen als schlechtesten Ergebnissen. Ein wahrer und gerechter Champion. Und natürlich möchte ich Ian Hutchinson und Klaus Klaffenböck nicht unerwähnt lassen. Hutchy konnte bei den Tourist Trophy-Rennen auf der Isle of Man alle fünf Solo-Rennen gewinnen, was vor ihm noch niemand in der 103-jährigen Geschichte dieser Rennen geschafft hat. Und Klaffenböck erfüllte sich bei den Seitenwagen seinen großen Traum und holte zusammen mit seinem Co-Piloten Dan Sayle endlich sein erstes Podium der TT - und das gleich mit einem Doppelsieg.

Rennen des Jahres

Auch das ist diese Saison schwer festzulegen. Natürlich zählt der Clinch von Rossi und Lorenzo in Japan da mit rein. Das war richtig geiler Motorradsport, wie wir ihn sehen wollen. Doch mit Sicherheit muss da auch der Saisonauftakt der Superbike WM auf Phillip Island genannt werden, als Leon Haslam Michel Fabrizio nur um 0,004 Sekunden schlagen konnte. Knapper geht es ja wohl nicht.

Enttäuschung des Jahres

Dirk Heidolfs Vorgehensweise im Fall Arne Tode war einfach peinlich., Foto: Toni Börner
Dirk Heidolfs Vorgehensweise im Fall Arne Tode war einfach peinlich., Foto: Toni Börner

Mika Kallio. Irgendetwas schien beim Finnen nicht zu stimmen. Fast immer war er Letzter, mickrige 43 Punkte gingen auf sein Konto. Damit war er der schlechteste der permanenten MotoGP-Fahrer in dieser Saison. Auch enttäuscht hat mich Sandro Cortese. In einer sechsten Grand Prix-Saison, im Spitzen-Team von Aki Ajo, kann man etwas mehr als zwei Podestplätze und Gesamtrang sieben verlangen, zumal wenn der Teamkollege Marc Marquez heißt, Weltmeister wird, zehn Mal siegt, zwei weitere Male auf dem Podest steht und insgesamt zwölf Polepositions holt.

Auch enttäuschend war das Herangehen von Dirk Heidolf mit seinem Racing Team Germany an den "Fall" Tode. Darüber habe ich mich bereits an anderer Stelle ausgelassen, doch die Entlassung Arne Todes und wie sie vorgenommen wurde und überhaupt, war mehr als enttäuschend und peinlich.

Kuriosität des Jahres

Nun, das dürfte die Schulter des Herrn Valentino Rossi gewesen sein. Um sein in Mugello gebrochenes Bein ging es nämlich nur noch selten und selbst auf dem Sachsenring waren die Krücken schon mehr Showelement als Gehhilfe. In Brünn dann stolzierte er immer noch an Krücken, doch als er im Training stürzte, hüpfte und stapfte er wie wild mit beiden Beinen auf den Asphalt, da er sich über den Ausrutscher ärgerte - nur um kurze Zeit später, als die Kameras wieder in die Besinnung kamen, wieder zu humpeln.

Bein oder Schulter. Was tat denn nun wirklich weh?, Foto: Ronny Lekl
Bein oder Schulter. Was tat denn nun wirklich weh?, Foto: Ronny Lekl

Doch vor allem die Schulter war das Hauptthema Rossis. Er nutzte sie auch, um Druck auf Yamaha zu machen, ihm die Testfahrten in Valencia für Ducati zu erlauben. Als das unter Dach und Fach war, sprach er weniger von den Schmerzen dort.

Moment mit dem großen Augenbrauen hochziehen

Der Moment, an welchem ich die Augenbrauen runzeln musste, war als Rossi in Mugello stürzte und sich verletzte. Nicht ob des Sturzes und nicht ob der Verletzung, denn das wünsche ich absolut niemandem. Sondern ob der Reaktion der Fans. Viele brachen in Tränen aus, es brach für viele eine Welt zusammen. Rossi ist eben doch kein Übermensch oder Gott, er ist genauso verletzlich wie ein jeder andere. Nur hatte er in seiner Karriere bis da hin eben das Glück, von größeren Verletzungen weitgehend verschont geblieben zu sein. Und in Mugello war er eben "dran", so hart das auch klingen mag. Aber das Leben ging und geht weiter und wenig später saß er auch wieder im Sattel. That's Racing und das weiß man in diesem Umfeld auch…

Kämpfer des Jahres

Randy de Puniet, der sich nach seinem Bruch von Schien- und Wadenbein vom Sachsenring nicht unterbekommen ließ und schon früh wieder zurück im Sattel seiner LCR Honda war genauso wie der britische Superbike WM-Pilot Jonathan Rea. Der brach sich in Imola, der vorletzten Saisonstation, das Kahn- und das Schlüsselbein und fuhr die Saison dennoch zu Ende. Erst dann ließ er sich operieren. Und auch Rico Penzkofer ist hier zu nennen. Im Sommer stürzte er aufgrund eines technischen Defekts mit seiner BMW S1000RR bei den Rennen auf der Halle-Saale-Schleife und musste dort anschließend fünf Stunden notoperiert werden. Vier Monate später donnerte der Road Racer beim Macau Grand Prix als Elfter über die Ziellinie.

Erfolg des Jahres

28 Jahre bis zur Traumerfüllung: Adolf Hänni wurde im Boot von Pekka Päivärinta Weltmeister., Foto: Toni Börner
28 Jahre bis zur Traumerfüllung: Adolf Hänni wurde im Boot von Pekka Päivärinta Weltmeister., Foto: Toni Börner

Der ewige Zweite ist Erster geworden. 28 Jahre lang fuhr der Schweizer Adolf Hänni als Beifahrer in der Seitenwagen-Weltmeisterschaft. Sein großer Traum, der Titel, ging nie in Erfüllung. Fünf Mal wurde er in dieser Zeit Vizeweltmeister, stand mit Größen wie Steve Webster und Klaus Klaffenböck am Start. Doch zum großen Titel reichte es nicht - bis in dieser Saison. Zusammen mit dem Finnen Pekka Päivärinta holte sich Hänni im Alter von 55 Jahren die lang ersehnte Trophäe. Der letzte Dinosaurier im Fahrerlager hat sich in die Geschichtsbücher eingetragen. Hänni zählt nicht nur bei mir zu den sympathischsten Rennfahrern dieser Welt, er kann trotz seines Alters den jungen Wilden immer noch etwas vormachen. Auf diesem Wege möchte ich ihm noch einmal zum wohlverdienten Titel der Seitenwagen-Weltmeisterschaft gratulieren.

Tiefpunkte des Jahres

Auch die gab es. Zu aller erst fällt mir da Martin Loicht ein, der bei den Tourist Trophy Rennen auf der Isle of Man im zweiten Supersport-Rennen tödlich verunglückte. Loicht hatte ich erst wenige Tage zuvor kennengelernt. Ein Professor aus Wien, ein Bastler und hochintelligenter Mensch. Einer, der aber auch wusste, dass rechts das Gas ist. Einer, der sich aus Mode überhaupt nichts machte, der aus den vielen Jahren seiner Bastelei das Öl aus seiner Haut gar nicht mehr herausgewaschen bekam. Kurzum: Einer der alten Garde, der voll in die Zweiradwelt passte.

Im gleichen Rennen verunglückte auch der Neuseeländer Paul Dobbs. Auch er zählte zu denjenigen, die einfach für den Straßenrennsport und dieses Rennen auf der Insel in der Irischen See lebten. Und genau so klang der Abschied seiner Familie: "Paul starb indem er tat, was er am meisten liebte."

Der 5. September ist in Italien kein gutes Pflaster für Motorsport., Foto: Milagro
Der 5. September ist in Italien kein gutes Pflaster für Motorsport., Foto: Milagro

Und leider ist hier noch ein weiterer Name anzuführen. Der 5. September ist einfach kein gutes Pflaster für den Motorsport. An diesem Tag in 1970 verunglückte der österreichische Formel 1-Fahrer Jochen Rindt in Monza/Italien tödlich. Am 5. September 1993 stürzte der dreifache 500ccm-Weltmeister Wayne Rainey beim GP von Italien - in Misano - und war fortan querschnittsgelähmt. Und am 5. September 2010 reihte sich ein weiteres Unglück in diese traurige Serie ein - wieder in Misano, wieder in Italien - als der Japaner Shoya Tomizawa, der Gewinner des ersten Moto2-Rennens überhaupt, im Rennen tödlich verunglückte.

Es ist, wie es ist. So stark solche Verluste auch Schmerzen und wie nahe sie einem jeden auch gehen, wir werden sie nicht verhindern können. Auch in der Zukunft nicht. Ein solcher Auffahrunfall, wie im Falle Tomizawas, ist heute noch die einzige Möglichkeit, wie ein solch schlimmer Unfallausgang passieren kann. Aber das kann und wird man auch nicht ändern - und jeder im Fahrerlager weiß das. Auch wenn es schmerzt und man am liebsten weder darüber nachdenkt oder spricht.