Ein Crash und doppelter Frust beim ereignisreichen Formel-E-Rennen in Monaco: Nico Müller (Abt-Cupra) und Sam Bird (Jaguar) standen nach einer späten Kollision im neunten Rennen der Saison 2023 mit leeren Händen da. Beim Kampf um die letzten Punkte kam es zu einem folgenschweren Unfall der beiden Kontrahenten, die Müller mit einem Ausfall samt stark lädierten Auto sowie Bird mit einer nachträglichen 5-Sekunden-Zeitstrafe zurückließ.
Nachdem der von P17 gestartete Müller in der 27. Runde seinen Vordermann Bird für den neunten Platz überholt hatte, schlug der Jaguar-Pilot einen Umlauf später - in der vorletzten Rennrunde - massiv zurück: In Sainte Devote schoss Bird auf der Innenseite heran, hoppelte über den Kerb am Kurvenausgang und erwischte Müllers Abt-Cupra mit seinem linken Vorderrad an dessen rechtem Hinterrad.
Strafe für Bird nach Müller-Abschuss
Müller verlor die Kontrolle über sein Auto und krachte links in die Mauer - sein Abt-Cupra nur noch ein 'Schlachtfeld', das bis zum nächsten Rennen in vier Wochen in Jakarta aufwändig repariert werden muss. Bird hingegen konnte die Fahrt fortsetzen und als Zehnter beim Zieleinlauf sogar punkten, bis ihm die Sportkommissare einen Strich durch die Rechnung machten, eine Zeitstrafe verhängten und ihn damit bis auf Platz 16 zurückbeförderten.
Ein rabenschwarzer Tag für Bird, der einmal mehr mitansehen musste, wie Jaguar-Teamkollege Mitch Evans als Zweiter aufs Podium fuhr und Rennsieger Nick Cassidy (Envision-Jaguar) den vierten Motoren-Sieg in Folge des britischen Sportwagenherstellers eintütete. "Bei ihm sitzt der Frust tief", suchte Müller anschließend nach einer Erklärung. "Er hat ein starkes Auto unterm Hintern, kriegt es in dieser Saison aber irgendwie nicht umgesetzt. Vielleicht war auch das ein Faktor."
Mit dem Unfall löste Verursacher Bird die zweite Safety-Car-Phase des Rennens aus und brachte die 20.000 Zuschauer entlang der Strecke damit um ein möglicherweise packendes Schluss-Finish. Sieger Cassidy musste schon am Funk kichern, als er vom Einsatz des Safety-Cars hörte, hinter dem der Monaco ePrix endete.
Bird frustriert: "Meine Meinung interessierte da gar nicht"
Birds Frust nach der fünften Nullrunde in der Saison 2023 war spürbar. Nicht zuletzt, weil sich sein starker Teamkollege Evans in Folge des vierten Podestplatzes im Verlauf der letzten fünf Rennen zu den Titelkandidaten gemausert hat. Formel-E-Veteran Bird gerät wie schon der Vorsaison weiter ins Hintertreffen, ihm fehlen bereits 32 Zähler auf den Neuseeländer.
Während die Angelegenheit mit dem Müller-Crash für die meisten Experten ziemlich eindeutig war, fand Bird deutliche Worte nach seinem Treffen mit den Sportkommissaren. "Meine Meinung interessierte da gar nicht", sagte Bird bei e-formel.de. "Sie hören gar nicht zu. Sie hatten ihre Entscheidung schon getroffen, bevor sie überhaupt mit mir gesprochen haben." Mit Jaguar-Teamchef James Barclay, der die Kollision als "Rennzwischenfall" bezeichnete, fand Bird nur wenige Befürworter.
Müller trauert: "Zwei Punkte wären wie ein Sieg gewesen"
Für Müller und Formel-E-Rückkehrer Abt-Cupra liegen Jaguar-ähnliche Erfolge in weiter Ferne - da zählt jeder noch so kleine Erfolg doppelt und dreifach. Die Szenen, als die Äbte vor zwei Wochen beim Heimspiel in Berlin eine sensationelle Doppel-Pole erzielten und Tränen in der Box kullerten, bevor Müller später mit Platz neun die allerersten Rennpunkte einfuhr, sind noch bestens im Gedächtnis.
In Monaco hätte der zweifache DTM-Vizemeister um ein Haar die nächsten Zähler eingeheimst, und das sogar ohne seinen Frontflügel, den er bei einer vorangegangenen Kollision eingebüßt hatte. "Es ist frustrierend, dass wir nicht belohnt wurden und zwei Runden vor Schluss auf P9 liegend rausgenommen wurden", ärgerte sich Müller. "Zwei Punkte in einem Rennen, in dem wir von P17 kamen, wären wie ein Sieg gewesen, um ehrlich zu sein. Das ist sehr traurig für das ganze Team und das Auto ist ziemlich stark beschädigt."
Müller: Nichts Persönliches mit Bird
Von Birds ungestümer Attacke zeigte sich Müller verblüfft, schließlich hatte er den Kurvenscheitelpunkt in Turn 1 (Sainte Devote) als Führender erreicht: "Es war klar, dass ich meine Position verteidige und die Innenlinie halte. Er hat seine Nase reingesteckt. Wenn ich da die Lenkung aufgemacht hätte, wäre ich direkt in die Mauer gefahren. Es gab keine Wahl, ich musste schauen, dass ich den Apex treffe. Er traf mich mit seinem Vorderrad an meinem Hinterrad. Damit ist die Sache klar."
In der Fahrer-Wertung wäre Müller (2 Punkte) mit den nächsten zwei Punkten um einen Zähler an Teamkollege Robin Frijns (3 Punkte durch Berlin-Pole) vorbeigezogen. Der Niederländer kam nach Start von P18 nicht über den 13. Platz hinaus. Müller war sichtbar enttäuscht nach der unverschuldeten Pleite, die Abt-Cupra den zweiten Punktgewinn in einem Rennen verwehrte, hegte aber keinen nachhaltigen Groll gegen Bird und bestätigte, was die meisten Experten denken: "Das ist nichts Persönliches, ich respektiere Sam sehr. Er ist normalerweise ein sehr fairer und harter Racer."
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