Beim neuseeländischen Doppelsieg von Nick Cassidy (Envision) und Mitch Evans (Jaguar) in Monaco erlebten die vier deutschen Vertreter in der Formel E einen rabenschwarzen Tag: Andre Lotterer (Andretti) fiel nach einer frühen Kollision mit Rene Rast (McLaren) aus, der selbst wenig später durch einen Reparatur-Boxenstopp ans Ende des Feldes zurückfiel.
Maximilian Günther (Maserati) crashte spät im Rennen mit Dan Ticktum (NIO 333) und ging leer aus, während Pascal Wehrlein (Porsche) die WM-Führung an Cassidy abgeben musste. Der Porsche-Werksfahrer profitierte nachträglich von einer Zeitstrafe für Sam Bird (Jaguar, Kollision mit Nico Müller) und rückte auf den zehnten Platz nach vorne, konnte den hohen Erwartungen aber nicht gerecht werden.
Lotterer über Rast: "Total unnötig und uncool"
Aus Sicht von Andretti-Fahrer Lotterer war der Kontakt mit Landsmann Rast schon in der zweiten Rennrunde ein Ärgernis. "Rene wollte in der letzten Kurve unbedingt außen vorbei", beschwerte sich Lotterer wenige Minuten nach seinem Ausfall am ProSieben-Mikro. "Da ist aber kein Platz für zwei Autos. Er hat mich da ziemlich reingedrückt. Das war total unnötig und uncool von ihm, so früh im Rennen. Da sollte er schon ein bisschen mehr Erfahrung haben, er hat viel zu viel riskiert."
In dieser Situation überholte Rast den dreifachen Le-Mans-Sieger auf der linken Außenseite der Kurve, wobei es zu einem Kontakt der Räder kam. Das reichte aus, um Lotterers Andretti nach rechts in die Mauer zu befördern. Lotterer, der sich als Zehnter qualifiziert hatte und sein sechstes Punkteresultat im neunten Saisonrennen anstrebte, verlor die Kontrolle und rutschte von der Strecke. Die Rennleitung untersuchte den Vorfall in der letzten Kurve und wertete ihn als einen Rennzwischenfall ohne Konsequenzen.
Rast kontert: "Kann mir nicht viel vorwerfen"
Rast, der von Startplatz 14 zum dritten Mal in Folge leer ausging und den Abwärtstrend nicht stoppen konnte, bewertete die Kollision etwas anders. "Da waren seine Emotionen noch ein bisschen hoch nach dem Rennen", meinte der dreifache DTM-Champion bei ProSieben. "Bei diesen Rennen heutzutage hat man nicht viele Möglichkeiten. Da gibt es immer eine Kompression. Und wenn du hinter dem Vordermann bleibst, wirst du selbst von außen überholt. Es hat sich so gestaucht, dass ich an ihm außen herum vorbeigefahren bin. Ich war vorbei und habe nur hinten rechts einen Schlag gespürt und gesehen, wie er sich weggedreht hat. Ich kann mir nicht viel vorwerfen."
Rast konnte die Fahrt zunächst unbeschadet fortsetzen, bis er in Runde 8 immer langsamer wurde und schließlich die McLaren-Box ansteuern musste, um seine lädierte Frontpartie auswechseln zu lassen. Wie genau es zu diesem Schaden gekommen war, stand zunächst nicht fest. In Monaco ging es im dichten Mittelfeld - aktuell typisch in der Formel E mit den neuen Gen3-Autos - wieder einmal drunter und drüber. Größere und kleinere Kollisionen bestimmten das Renngeschehen hinter den Top-8.
Rast über Formel-E-Gangart: "Pures Glücksspiel da hinten"
Rast fand deutliche Worte zur spürbaren Härte im Feld der 22 Top-Fahrer: "Wenn du weiter vorne startest, ist das zwar kein Garant, dass du auch vorne ankommst. Aber das Rennen wird viel einfacher. Da hinten, wo ich zur Zeit fahre, ist es pures Glücksspiel, ob du überlebst. Da wird von allen Seiten attackiert, von links, rechts, vorne und hinten. Du bist eigentlich nur der 'Punching Ball' von allen und hast nur eine kleine Chance, das Rennen zu überleben. Man muss weiter vorne starten, das macht das Leben einfacher."
Dieses Kunststück gelang Rasts McLaren-Teamkollege und Formel-E-Rookie Jake Hughes in Monaco deutlich besser. Der Brite hatte das Rennen sogar vom ersten Startplatz aufgenommen, seine zweite Saison-Pole erzielt und war zum dritten Mal aus der ersten Reihe gestartet. Im Rennen konnte Hughes den Platz allerdings nicht verwalten und überquerte die Ziellinie als Fünfter. In der Formel-E-Tabelle hat Hughes jetzt Rast überholt und belegt den neunten Gesamtrang mit 45 Punkten. Der Deutsche ist Neunter und sammelte bislang 40 Zähler.
Auf Seiten von Rasts Unfall-Gegner Lotterer sieht die Angelegenheit wesentlich deutlicher aus: An seinen vierten Platz vom Saisonauftakt in Mexiko-City konnte er nicht anknüpfen und musste sich meist mit hinteren Plätzen in den Punkterängen (3xP8, 1xP9) begnügen. Sein Rückstand auf Andretti-Teamkollege Jake Dennis, der in Monaco zum fünften Mal aufs Podium fuhr, ist markant: Der Brite zählt trotz vier Nullrunden mit 96 Punkten als WM-Dritter zu den Titelkandidaten, Lotterer belegt P13 mit 23 Zählern.
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