Abt-Wahnsinn bei der Formel E in Berlin! Unglaublich, ausgerechnet Robin Frijns und Teamkollege Nico Müller zogen im regnerischen Qualifying bis ins Finale ein. Am Ende setzte sich der Niederländer Frijns mit sechs Zehnteln durch und schnappte sich die Pole Position, doch das interessierte beim Rennstall aus Kempten in diesem Moment niemanden!

Die Truppe um Teamchef Thomas Biermaier kam aus dem Jubeln kaum noch raus, und der Grund dafür ist klar: Abt-Cupra war bis dato das einzige aller elf Teams, das noch keinen einzigen WM-Punkt in der Saison 2023 erzielt hatte. Mit Frijns' Pole sind die ersten drei Zähler jetzt im Sack. "Die Jungs hier haben Tränen in den Augen, was für eine Last hier abfällt", sagte Biermaier.

Das erste Regen-Qualifying mit den neuen Gen3-Rennautos hin oder her: Mit einem derart starken Auftritt der Äbte konnte niemand rechnen. Das beste Teamergebnis in einem Qualifying war zuvor ein 13. Platz von Müller in Sao Paulo gewesen. "Für so ein Ergebnis hätten wir sonst die Startaufstellung drehen müssen. Boah, einfach der Wahnsinn", sagte der zweifache DTM-Vizemeister Müller.

Für Frijns, der einige Rennen verletzungsbedingt verpasst hatte, war es nach Saudi-Arabien 2021 die zweite Pole in der Formel E. Der frühere Audi-Werksfahrer: "Wenn das Wetter so bleibt, haben wir Chancen, es zu gewinnen."

Abt-Chef Biermaier: "Vielleicht geht die Kiste nur im Regen gut"

Was sind die Gründe für die völlig überraschende Performance der Äbte, die sich mit dem Antriebsstrang von Mahindra bisher äußerst schwertaten? Teamchef Biermaier wollte am ProSieben-Mikro nicht so recht rausrücken: "Mahindra sitzt ja in England und wenn man da testet, dann regnet es öfters. Vielleicht haben wir das Richtige gefunden, im Regen kommt es auf Sturz, Luftdruck und so weiter an. Vielleicht hatten wir ein glückliches Händchen, vielleicht geht die Kiste auch nur im Regen gut."

Der Abt-Coup auf dem Rollfeld des stillgelegten Flughafen Tempelhof war natürlich das große Thema des Qualifyings. Ob es im Rennen (heute um 15:00 Uhr live bei ProSieben), das bei trockenen Bedingungen über die Bühne gehen soll, ähnlich weitergeht? Aus der ersten Startreihe bekommt das Abt-Duo um Müller und Frijns später Druck von den ärgsten Verfolgern, Samstags-Polesetter Sebastien Buemi (Envision) und Jean-Eric Vergne (DS Penske), die von den Plätzen drei und vier starten.

Auf den Plätzen fünf, sechs, sieben und acht der Startaufstellung folgen Samstags-Sieger Mitch Evans (Jaguar), WM-Spitzenreiter Pascal Wehrlein (Porsche), Jake Dennis (Andretti) und Nick Cassidy (Envision).

Wetter-Kapriolen im Qualifying

Zu Beginn des Qualifyings um 10:40 Uhr regnete es nicht, nachdem der Himmel zwischen dem nassen 3. Freien Training und dem Quali-Start seine Schleusen geöffnet hatte. Die Fahrer wurden mit einer regennassen und nur langsam auftrocknenden Strecke sowie Außentemperaturen von 14 Grad konfrontiert. Immer wieder änderten sich die Bedingungen: Zwischenzeitlich blieb es trocken, bevor es pünktlich zum Halbfinale wieder stärker zu regnen begann und der Wind deutlich zunahm.

WM-Spitzenreiter Wehrlein im Viertelfinale raus

WM-Spitzenreiter Pascal Wehrlein (Porsche) gelang nach zuletzt zwei schwierigen Qualifyings mal wieder ein starker Auftritt. Der Porsche-Werksfahrer schaffte souverän den Sprung in die Duellphase, wo er im Viertelfinale im deutschsprachigen Duell auf den Schweizer Nico Müller traf. Der Abt-Pilot setzte sich mit zwei Zehntelsekunden Vorsprung gegen Wehrlein durch - macht Startplatz sechs für den früheren DTM-Champion und Formel-1-Fahrer, dem im Samstagsrennen eine Aufholjagd vom 15. Bis auf den sechsten Platz gelungen war.

Wehrleins Porsche-Teamkollege Antonio Felix da Costa verpasste hingegen den Sprung in die Duelle als Fünfter um nur 0,033 Sekunden und muss sich mit dem zehnten Startplatz begnügen. Am Samstag wurde der Formel-E-Champion von 2020 von Jake Dennis im Rennen auf dem Weg nach vorne unglücklich abgeschossen.

"Es war okay", sagte Wehrlein. "Solange wir aus den Top-8 starten, ist vieles möglich. Die Session war gut, aber der Reifen-Warmup ein bisschen schwierig. Im Viertelfinale habe ich vielleicht einmal zu viel gepusht, aber so ist das, wenn man nur eine Runde hat."

Rast enttäuscht: "Haben einfach keine Pace"

Rene Rast (McLaren) schied nach einem schwierigen Start in den Renntag bereits in der Gruppenphase aus. Der dreifache DTM-Champion beendete die Gruppe A auf dem neunten Platz und startet demnach von P17 ins Rennen. Rast musste während der zwölfminütigen Session als einziger Fahrer zwischenzeitlich die Boxengasse ansteuern, nachdem er schon im 3. Training am frühen Sonntagmorgen keine einzige Runde zurücklegen konnte.

"Es geht ein bisschen so weiter wie es gestern aufgehört hat", sagte ein enttäuschter Rast. "Wir haben einfach keine Pace. Alle drei Nissan (McLaren-Motorenlieferant; d. Red.) lagen in der Gruppe auf den letzten drei Plätzen. Wir wissen nicht, woran es liegt. Heute Morgen konnte ich nicht fahren, deshalb haben wir mit dem Luftdruck etwas ins Blaue geschossen, aber danebengelegen. Wir haben das noch mal angepasst, aber dann hatte ich nur noch Zeit für eine Runde."

Max Günther: Vom Podest bis ans Ende des Starterfeldes

Mit Andre Lotterer (Andretti) gelang einem weiteren Deutschen beim Heimspiel nicht der Sprung in die Duellphase. Der dreimalige Le-Mans-Sieger fuhr direkt vor Rast auf den achten Platz in der Gruppe - Startplatz 15 für Lotterer, der im Samstagsrennen als Achter gepunktet hatte.

Einen Rückschlag erlebte Maximilian Günther, der Maserati am Samstag den ersten Podestplatz beim Formel-E-Debüt beschert und seine ersten WM-Punkte überhaupt erzielt hatte. Der Allgäuer kam in der Quali-Gruppe B nicht über den elften und damit letzten Platz hinaus. Ein Debakel für Maserati, auch Teamkollege Edoardo Mortara lag auf P9 weit hinten. Dem Italo-Schweizer fehlten geschlagene 1,1 Sekunden auf die Gruppenbestzeit (Buemi).