Da dürften einige Teams der Formel E aufatmen: Die Idee, während der laufenden Saison 2023 einen Schnelllade-Boxenstopp während eines Rennens einzuführen, ist offenbar vom Tisch. Hinter dem sogenannten 'Attack Charge' steckt die Rückkehr des Pflicht-Boxenstopps, bei dem ein Fahrer innerhalb von 30 Sekunden über einen 600-kW-Booster die Energiemenge von 4 kWh (Kilowattstunden) nachladen kann.

Zunächst war geplant, die Technologie schon in diesem Jahr einzuführen. Das zog sich nach Problemen in Folge von Lieferengpässen jedoch immer weiter nach hinten. Jetzt haben die Verantwortlichen der Formel E offenbar die Reißleine gezogen und planen stattdessen, die Fast-Charging-Boxenstopps mit dem Beginn der Saison 10 (2024) ins Reglement aufzunehmen.

Keine Schnelllade-Boxenstopps in der Formel E 2023

"Der Attack Charge kommt nicht dieses Jahr, sondern nächstes", sagte Formel-E-Geschäftsführer Jamie Reigle am Rande des Rennwochenendes in Berlin (22./23. April) während einer kleinen Medienrunde auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Zu Beginn der Saison hatten wir gehofft, dass aus technischer Sicht alles bereit wäre und wir ausreichend testen können. Wir warten bis zur nächsten Saison und machen es dann richtig."

Zwar wurde das System schon vor der Saison getestet und galt sogar als einsatzbereit, doch die Umsetzung im Rennen scheiterte - wie so viele andere Themen in der Automobilbranche auch - an Problemen mit der Lieferkettenversorgung. Vor den anstehenden Saisonrennen Nummer sieben und acht, also der Saisonhalbzeit, lief schlichtweg die Zeit davon, um die Boxenstopps in die nach Berlin folgenden sechs Rennen zu integrieren.

Formel-E-Teams wollen keinen Eingriff ins Reglement

Zunächst hieß es, dass das System zu einem späteren Zeitpunkt im Jahr eingeführt werden sollte. Das hätte allerdings einen massiven Eingriff ins Sportliche Reglement während der laufenden Saison bedeutet. Einige Teams zeigten sich darüber alles andere als glücklich und forderten stattdessen Stabilität im Regelbuch. Die Schnelllade-Boxenstopps in Verbindung mit einem neuen Ablauf beim Attack Mode hätten das Geschehen durchaus auf den Kopf stellen und große Auswirkungen auf den WM-Kampf haben können.

"Ich habe schon vor der Saison gesagt, dass es unsere Position ist, ein konstantes Sportliches Reglement zu haben", meinte jüngst Florian Modlinger, Gesamtprojektleiter vom WM-Spitzenreiter Porsche. "Heißt: Durchgehend für eine Saison ein konstantes Reglement, wo man weiß, wie man sich zu verhalten hat. Ich kann sagen, dass wir das Schnellladen schon vor der Saison getestet haben und dass es funktioniert hat. Der limitierende Faktor ist die Versorgung der Ladegeräte."

Formel-E-Mitgründer Alberto Longo sagte in Berlin: "Wir hätten es sehr gerne diese Saison. Im Moment ist es aber nicht komplett machbar, es einzuführen. Das hätte einen großen Einfluss auf das sportliche Format. Und wenn es nur bei den letzten zwei, drei oder vier Saisonrennen kommen würde, wäre das vielleicht nicht die richtige Entscheidung - selbst, wenn es bereitstünde. Wir haben keine Eile. Wir haben die Technologie, aber überall gibt es Probleme mit den Lieferketten. Das ist der Hauptgrund, warum wir es für diese Saison noch nicht bereit haben."

Test für Schnelllade-Boxenstopps beim Rookie-Test

Im Hintergrund läuft die Entwicklung der Schnelllade-Boxenstopps weiter. Motorsport-Magazin.com weiß aus unterschiedlichen Quellen im Fahrerlager: Beim offiziellen Rookie-Test am Montag nach dem Double-Header in Berlin wünschen sich Formel E und FIA, dass Teile der Technologie von den Teams getestet werden.

Sollten die eintägigen Testfahrten wegen des zu erwartenden Regens nicht mehr oder weniger ins Wasser fallen, weil die Teams keine Autoschäden riskieren wollen, könnten die Rookies als 'Versuchskaninchen' dienen, um das Fast Charging unter realen Streckenbedingungen weiterzuentwickeln.