Dramatisches Qualifying bei der Formel-E-Premiere in Kapstadt: Das Zeittraining am Samstag wurde von einem heftigen Unfall und einem Rückzug von Mahindra und Kundenteam Abt-Cupra überschattet.

Während Sacha Fenestraz (Nissan) die Pole Position vor Maximilian Günther (Maserati) erzielte, crashte Edoardo Mortara (Maserati) in der Gruppen-Phase - und musste tatenlos mitansehen, wie Sam Bird (Jaguar) nicht rechtzeitig ausweichen konnte und den Maserati mit höherer Geschwindigkeit traf. Beide Fahrer blieben auf den ersten Blick unversehrt.

Der Unfall ereignete sich in Kurve 9, der Stelle, wo am Freitag bereits Sebastien Buemi (Envision) schwer verunfallt war. Mortara crashte in der Gruppenphase B mit dem Fallen der Flagge und schlug mit der rechten Seite seines Autos heftig in die Mauern ein. Der frühere DTM-Pilot hatte sogar Glück, dass sein nachfolgende Maserati-Teamkollege Maximilian Günther in letzter Sekunde ausweichen konnte. Das galt jedoch nicht für Bird, der trotz harter Bremsung die Kollision nicht vermeiden konnte und sich in den Maserati drehte.

Die Rennleitung unterbrach das Qualifying nach dem Unfall mit roten Flaggen. Der Start der nachfolgenden Duell-Phase verschob sich um einige Minuten. Ob die beschädigten Fahrzeuge von Mortara und Bird, der vor zwei Wochen in Hyderabad einen teaminternen Crash verursacht hatte, rechtzeitig zum heutigen Rennstart (15:00 Uhr live im TV bei ProSieben) repariert werden können, stand zunächst nicht fest.

Debakel! Mahindra und Abt-Cupra sagen Start ab

Sollte das nicht gelingen, würden heute sechs der 22 Autos in der Startaufstellung fehlen, denn: Mahindra und sein Kundenteam Abt-Cupra haben sich vorzeitig vom Kapstadt ePrix abgemeldet! Das gab der Hersteller aus Indien während des Qualifyings bekannt, nachdem alle vier Autos mit einem Mahindra-Antriebsstrang bereits auf die Zeitenjagd verzichtet hatten. Laut Mahindra handele es sich um "Sicherheitsbedenken bezüglich der Hinterradaufhängung".

"Mahindra hat alle vier Fahrzeuge aus dem Wochenende genommen. Wir hatten im 2. Training Probleme mit dem hinteren Fahrwerk, Querlenker sind stark verbogen worden. Das ist eigentlich nicht zu akzeptieren und wir sind enttäuscht", sagte Abt-Teamchef Thomas Biermaier bei ProSieben. "Aber wir müssen es akzeptieren, weil den Anweisungen von Mahindra Folge zu leisten ist."

Ein absolutes Debakel für die Abt-Piloten Nico Müller (feiert heute seinen 31. Geburtstag) und Lokalmatador Kelvin van der Linde sowie das Mahindra-Duo bestehend aus Lucas di Grassi und Oliver Rowland. "Bei der Rückkehr des Teams nach Großbritannien wird eine gründliche Untersuchung der Aufhängungselemente der Mahindra M9Electro-Rennwagen stattfinden", teilte Mahindra mit. "Diese Entscheidung betrifft auch das Kundenteam ABT CUPRA Formula E Team. Die Sicherheit unserer Fahrer und erweiterten Teams ist zu diesem Zeitpunkt von größter Bedeutung."

Biermaier weiter: "Das ganze Team ist enttäuscht. Wenn man sieht, wie die letzten Wochen gelaufen sind, ist die Motivation im Team unheimlich hoch. Alle haben sich auf das Rennen und das Qualifying gefreut. Gerade Kelvin als Local Hero. Im 2. Training ist er eine gute Zeit gefahren und wir hatten uns ein bisschen was erhofft. Was hier passiert ist, ist eigentlich nicht akzeptabel."

Günther unterliegt Fenestraz im Finale

Auch aus sportlicher Sicht hatte das Qualifying auf dem 2,921 Kilometer langen Kurs mit seinen zum Teil pfeilschnellen zwölf Kurven einiges zu bieten. Im Finale der Duell-Phase setzte sich Sacha Fenestraz gegen Maximilian Günther durch und erzielte seine erste Pole Position in der Formel E. Günther verpasste seine erste Pole in der Elektro-Rennserie, erzielte mit P2 aber sein bestes Resultat in der laufenden Saison.

WM-Spitzenreiter Pascal Wehrlein (Porsche) gelang der Sprung in die K.o.-Phase, wo er gegen Nick Cassidy jedoch den Kürzeren zog. Der Porsche-Pilot nimmt das Rennen vom sechsten Startplatz auf. Landsmann Rene Rast (McLaren) zog als Gruppenschnellster ebenfalls ins Viertelfinale ein, wo der dreifache DTM-Champion im deutsch-deutschen Duell an Maximilian Günther scheiterte. Rast wird wegen eines Unfalls beim vorangegangenen Hyderabad ePrix mit einer 3-Platz-Gridstrafe belegt und nimmt das Rennen als Zehnter auf.

Die Top-10 der Startaufstellung zum Kapstadt ePrix: 1. Sacha Fenestraz, 2. Maximilian Günther, 3. Nick Cassidy, 4. Mitch Evans, 5. Jean-Eric Vergne, 6. Pascal Wehrlein, 7. Sebastien Buemi, 8. Dan Ticktum, 9. Norman Nato, 10. Rene Rast

Kapstadt: So lief das Gruppen-Qualifying

Qualifying-Gruppe A:Pascal Wehrlein, Jean-Eric Vergne, Nick Cassidy, Jake Hughes, Antonio Felix da Costa, Andre Lotterer, Sergio Sette Camara, Norman Nato, Sacha Fenestraz, Dan Ticktum, Nico Müller

Sacha Fenestraz steuerte seinen Nissan mit einer 1:08.994 spät auf den ersten Platz und schloss die Gruppe A als schnellster Fahrer ab. Mit einem Rückstand von nur 0,013 Sekunden belegte der Trainings-Schnellste Nick Cassidy den zweiten Platz. Pascal Wehrlein folgte mit einer Zehntelsekunde Abstand als Dritter, während Porsche-Teamkollege Antonio Felix da Costa den Sprung ins Viertelfinale als Siebter verpasste.

Den letzten Platz in den Top-4 sicherte sich knapp Jean-Eric Vergne - sehr knapp: Der zweifache Formel-E-Meister war genau drei Hundertstelsekunden schneller als Dan Ticktum auf P6. Für Andre Lotterer war nach Platz neun vorzeitig Feierabend.

Jake Hughes musste sich mit dem achten Platz begnügen. Der McLaren-Pilot schrammte die Mauer beim Anbremsen zu Turn 7 leicht mit der rechten Seite seines Fahrzeugs und musste den Weg durch die Auslaufzone wählen. Nach einem Check schickte das Team den Briten noch einmal auf die Strecke und prompt fuhr er in die Top-4 der Zeitenliste! In den Restminuten wurde der Brite dann aber auf P8 durchgereicht.

Geburtstagskind Nico Müller konnte das Qualifying wegen eines zunächst unbekannten Problems an seinem Abt-Cupra nicht aufnehmen.

Qualifying-Gruppe B: Jake Dennis, Sebastien Buemi, Sam Bird, Rene Rast, Lucas di Grassi, Mitch Evans, Oliver Rowland, Stoffel Vandoorne, Edoardo Mortara, Maximilian Günther, Kelvin van der Linde

Nur acht Fahrer drehten in der Qualifying-Gruppe B ihre Runden, weil die Mahindra-Piloten Lucas di Grassi und Oliver Rowland sowie Kelvin van der Linde (Abt-Cupra) mit seinem Mahindra-Kundenauto auf den Start verzichteten.

Die 12-minütige Session endete mit einer roten Flagge. Edoardo Mortara verunfallte in Turn 9 mit seinem Maserati und kam auf der Strecke zum Stehen. Der nachfolgende Sam Bird konnte mit seinem Jaguar nicht rechtzeitig ausweichen und traf den havarierten Maserati mit höherer Geschwindigkeit.

Rene Rast beendete die abgebrochene Session als Schnellster mit einer Rundenzeit von 1:08.884 Minuten. Mitch Evans folgte dem McLaren-Piloten mit einem Rückstand von 0,181 Sekunden. Sebastien Buemi und Maximilian Günther folgten auf den Plätzen drei und vier ebenfalls in die Duell-Phase des Qualifyings. Der verunfallte Sam Bird, Jake Dennis und Stoffel Vandoorne mussten sich mit den Plätzen fünf, sechs und sieben begnügen.

Kapstadt: So lief die Duell-Phase des Qualifyings

Das Viertelfinale

Im ersten Viertelfinale setzte sich Nick Cassidy gegen Pascal Wehrlein durch. Im zweiten Duell war es knapp: Sacha Fenestraz setzte sich mit starken Zeiten in den ersten beiden Sektoren und einer persönlichen Bestzeit von 1:08.467 Minuten gegen Jean-Eric Vergne durch.

Mitch Evans (1:08.429 Minuten) profitierte im dritten Viertelfinale von einer leichten Kollision seines Gegners Sebastien Buemi und sicherte sich einen Platz im Halbfinale. Das letzte Viertelfinal-Duell - ein deutsch-deutscher Zweikampf - entschied Maximilian Günther (1:08.740 Minuten) mit einer Zehntelsekunde Vorsprung vor Rene Rast für sich.

Das Halbfinale

Sacha Fenestraz konnte im ersten Halbfinale an seine starke Performance anknüpfen und Streckengegner Nick Cassidy aus dem Halbfinale werfen. Im zweiten Duell setzte sich Maximilian Günther (1:08.212 Minuten) mit drei Zehntelsekunden Vorsprung gegen Mitch Evans durch.

Das Finale

Sacha Fenestraz setzte sich im Finale des Qualifyings mit einer Bombenzeit in 1:07.848 Minuten gegen Maximilian Günther durch.