Nach einem packenden Finish hat Antonio Felix da Costa die Rennpremiere der Formel E in Kapstadt gewonnen. Der Porsche-Werksfahrer feierte seinen ersten Sieg für den neuen Arbeitgeber und errang den zweiten Podesterfolg in Serie. In der vorletzten Runde kassierte der Formel-E-Meister von 2020 den zweifachen Champion Jean-Eric Vergne (DS Penske) mit einem waghalsigen Manöver und überquerte den Zielstrich nach 32 Runden als Erster.

Was für eine Aufholjagd: Felix da Costa hatte das fünfte Rennen der Saison 2023 vom elften Platz in Angriff genommen! Er hielt sich aus zahlreichen Zwischen- und Ausfällen im vorderen Feld souverän heraus und machte Position um Position gut. Vergne, von P5 gestartet, verpasste seinen zweiten Sieg in Folge nach dem Triumph zuletzt in Indien hauchdünn und hatte beim Zieleinlauf 0,281 Sekunden Rückstand auf den siegreichen Porsche.

"Wir sagen schon seit vielen Rennen, dass man durch diese Rückspiegel einfach nichts sieht", beschrieb der Franzose das rennentscheidende Manöver aus seiner 'Sicht"'. Felix da Costa, der Porsche zum dritten Saisonsieg führte: "Es gab einen Moment im Rennen, als ich den Attack Mode verpasst hatte, an dem ich dachte, dass es das gewesen wäre. Dann habe ich mich mit der Energie zurückgekämpft und dachte, dass ich es noch mal probiere! Das war die einzige Möglichkeit."

Kapstadt: Cassidy staubt Podest ab

Dahinter staubte Nick Cassidy (Envision) seinen zweiten Podestplatz nacheinander in der allerletzten Runde ab. Alles hatte nach einem sicheren dritten Platz für Pole-Setter Sacha Fenestraz (Nissan) ausgesehen, bis der junge Franzose kurz vor dem Ende das Auto wegwarf. Davon profitierte auch Rene Rast (McLaren, der nach Start von P10 auf dem vierten Rang einlief.

In einem spannenden Rennen mit einem Safety Car (Ausfall Pascal Wehrlein) sowie einer Full-Course-Yellow-Phase (Ausfall Maximilian Günther) erreichte Sebastien Buemi (Envision) den fünften Platz. Dan Ticktum (NIO 333), Weltmeister Stoffel Vandoorne (DS Penske), Norman Nato (Nissan), Andre Lotterer (Andretti) trotz 5-Sekunden-Zeitstrafe und Jake Hughes (McLaren) komplettierten die Top-10.

Wehrlein bleibt WM-Führender trotz Ausfall

Pascal Wehrlein fiel schon während der Startrunde aus. Der als WM-Spitzenreiter nach Südafrika gereiste Porsche-Pilot kollidierte beim Anbremsen zu Kurve 7 mit dem Heck von Vordermann Sebastien Buemi (Envision). Für Wehrlein war das Rennen sofort beendet, während Buemi vom sechsten bis auf den zwischenzeitlich letzten Platz zurückfiel. "Fuck, ich bin raus", wusste Wehrlein sein Schicksal direkt am Teamfunk.

Es war der erste Ausfall des früheren DTM-Champions und Formel-1-Fahrers in der laufenden Saison. Mit 80 Punkten führt Wehrlein weiterhin die Gesamtwertung in der Formel-E-Saison 2023 vor Jake Dennis (62 Punkte) und Vergne (50 Punkte) an.

Pascal Wehrlein fällt in Kapstadt vorzeitig aus, Foto: LAT Images
Pascal Wehrlein fällt in Kapstadt vorzeitig aus, Foto: LAT Images

Günther crasht auf Weg zu Podest

Neben Wehrlein sah auch Maximilian Günther (Maserati) nicht die Zielflagge. Der Allgäuer hatte das Rennen nach einem starken Qualifying vom zweiten Platz aufgenommen und konnte sich lange Zeit gute Chancen auf seinen ersten Podestplatz in der laufenden Saison ausrechnen. Neun Runden vor dem Rennende verbremste sich Günther allerdings auf dem Weg zur kniffligen Kurve 7 und berührte ohne Fremdeinwirkung die Mauer. "Maaaaan", war ihm der Frust nach dem Ausfall deutlich anzuhören.

Maserati-Teamkollege Edoardo Mortara, der im Qualifying heftig verunfallt war, musste sein Auto bereits nach der ersten Runde an der Box abstellen. Der italienische Autobauer ging ebenso leer aus wie das Top-Team Jaguar. Sam Bird konnte das Rennen nach der Quali-Kollision mit Mortara gar nicht erst aufnehmen, Teamkollege Mitch Evans kassierte auf Platz vier liegend eine Durchfahrtstrafe wegen eines Overpower-Verstoßes. Die zweite Doppelpleite für das britische Werksteam in Folge!

Kapstadt: Nur 17 Autos am Start

Nach dem kurzfristigen Rückzug von Mahindra und dessen Kundenteam Abt-Cupra sowie dem Ausfall von Sam Bird (Jaguar) nach einem unverschuldeten Unfall im Qualifying, nahmen nur 17 der 22 Autos den Kapstadt ePrix auf - so wenige wie zuletzt beim Punta del Este ePrix 2017.

Zum sechsten Saisonrennen erwartet die Formel E eine weitere Premiere: Zum ersten Mal gastiert die Elektro-Rennserie in der brasilianischen Millionen-Metropole Sao Paulo (25. März 2023).

Formel E 2023: So lief das Rennen in Kapstadt

Die Startaufstellung: Nur 17 der 22 Autos nahmen das Rennen in Angriff, nachdem Mahindra wegen Sicherheitsbedenken die beiden Werks-Autos von Lucas di Grassi und Oliver Rowland zurückgezogen und Kundenteam Abt-Cupra (Kelvin van der Linde/Nico Müller) angewiesen hatte, ebenfalls auf das Qualifying und den Start zu verzichten. Sam Bird (Jaguar) musste ebenfalls passen, nachdem er im Quali mit Edoardo Mortara kollidiert war. Im höchst turbulenten Zeittraining holte Sacha Fenestraz seine erste Formel-E-Pole vor Maximilian Günther.

Die Top-10 der Startaufstellung: 1. Sacha Fenestraz, 2. Maximilian Günther, 3. Nick Cassidy, 4. Mitch Evans, 5. Jean-Eric Vergne, 6. Pascal Wehrlein, 7. Sebastien Buemi, 8. Dan Ticktum, 9. Norman Nato, 10. Rene Rast

Der Start: Ausfall für Pascal Wehrlein in der Startrunde! Der Porsche-Pilot fuhr beim Anbremsen zu Kurve 7 seinem Vordermann Sebastien Buemi ins Heck und musste das Auto abstellen. Der Envision-Pilot konnte das Rennen fortsetzen, fiel aber vom sechsten Platz bis ans Ende des Feldes zurück. Die Rennleitung schickte das Safety-Car auf die Strecke, um Wehrleins Porsche abschleppen zu lassen. Kurz zuvor hatte Maximilian Günther die Führung von Pole-Setter Sacha Fenestraz übernommen. Der große Gewinner der Startphase war Rene Rast, der vom zehnten bis auf den sechsten Platz nach vorne fuhr. Edoardo Mortara, der im Qualifying heftig eingeschlagen war, fiel nach der ersten Runde aus.

Der Re-Start zur 6. Runde: Günther behauptete die Führung vor Fenestraz, konnte sich trotz der zwischenzeitlich schnellsten Rennrunde aber nicht entscheidend absetzen. Dahinter folgten Nick Cassidy, Mitch Evans und Jean-Eric Vergne auf den Plätzen drei bis fünf. Die Rennleitung kündigte unterdessen eine Untersuchung von Evans (Overpower) und Jake Dennis (Technisches Vergehen) an.

Die erste Rennhälfte: Aus dem vorderen Feld aktivierte Jean-Eric Vergne in Runde 9 als erster Fahrer seinen Attack Mode und verlor durch das Befahren abseits der Ideallinie den fünften Platz an Rene Rast. Sacha Fenestraz auf P3 (2 Minuten) und Hintermann Mitch Evans (3 Minuten) holten sich als nächste Fahrer den 350-kW-Zusatzboost ab. Spitzenreiter Günther zündete seinen Attack Mode in Runde 11 mit der Dauer von 1 Minute. Parallel dazu musste der Viertplatzierte Evans eine Durchfahrtstrafe wegen eines Overpower-Vergehens antreten.

Spitzenreiter Nick Cassidy holte sich in Runde 13 den Attack Mode (3 Minuten) ab und blieb in Führung. Günther aktivierte zeitgleich auf P3 liegend seinen zweiten Zusatzboost, ebenfalls mit einer Dauer von 3 Minuten. Sowohl an der Spitze als auch im hinteren Feld führten die genutzten Attack Modes kaum zu relevanten Positionsänderungen.

Der weitere Rennverlauf: Klammheimlich hatte sich Antonio Felix da Costa bis zur Rennhalbzeit (Runde 15) vom elften Startplatz bis auf die vierte Position nach vorne gekämpft. Der Neuntplatzierte Jake Dennis kassierte eine Durchfahrtstrafe, weil er die Mindest-Reifenluftdrücke nicht beachtet hatte.

Drama für Maxi Günther in Runde 21: Von Platz drei berührte der Maserati-Pilot nach einem Verbremser ohne Fremdkontakt auf dem Weg in Kurve 7 die Mauer und musste sein Auto abstellen. Die Rennleitung ordnete eine kurze Full-Course-Yellow-Phase an. Cassidy und Fenestraz hatten kurz zuvor ihre letzten Attack Modes aktiviert, was zu einem Gewusel an der Spitze führte. Profiteur war Felix da Costa, der plötzlich hinter dem Führenden Cassidy fuhr. Fenestraz fiel von P3 hinter Vergne auf die vierte Position zurück.

In Runde 24 überholte Felix da Costa seinen Vordermann Cassidy und übernahm die Führung. Felix da Costa verpasste in Runde 27 die Aktivierungsschleifen der Attack-Mode-Zone und musste es einen Umlauf später erneut probieren. Das kostete ihn die Führung an Jean-Eric Vergne. Die Rennleitung gab eine Verlängerung der Renndauer um 2 Runden infolge des Safety Car und der FCY-Phase bekannt.

In Runde 30 setzte sich Fenestraz gegen Cassidy durch und übernahm den dritten Platz. Vergne musste sich an der Spitze unterdessen gegen den heranstürmenden Porsche von Felix da Costa wehren. Mit einem wahnsinnigen Manöver kassierte der Portugiese den DS-Penske-Piloten in der vorletzten Runde! Dahinter fiel Fenestraz plötzlich von P3 bis ans Ende des Feldes zurück - Cassidy bedankte sich. Was für ein Finish!