Pascal Wehrlein war nach seinem Ausfall beim letzten Rennen der Formel-E-Saison 2022 in Seoul außer sich vor Wut. In Folge seiner frühen Kollision mit Mercedes-Pilot Nyck de Vries schimpfte der Porsche-Fahrer am Teamfunk - und wurde in seiner Wortwahl regelrecht kreativ: "Ich hoffe, er kommt mit seiner beschissenen Fahrweise nicht in die F1! Fucking Idiot!"

Der Funkspruch, abgesetzt im Eifer der Emotionen, machte natürlich schnell die Runde in den sozialen Netzwerken. Auslöser von Wehrleins Verbal-Attacke war der Crash mit dem Weltmeister von 2021 bereits in der siebten Rennrunde. In Kurve 1 rasselte es, die Rennleitung machte de Vries im Anschluss als Schuldigen aus und brummte dem bereits ausgefallenen Niederländer eine 5-Sekunden-Strafe sowie zwei Strafpunkte auf.

Wehrlein über de Vries: "Leider war ich diesmal sein Opfer"

Wehrlein konnte sich während der Medienrunde nach dem Rennen nicht auf unsere Nachfragen äußern, weil er wegen anderer Angelegenheiten noch bei der Rennleitung vorsprechen musste. Motorsport-Magazin.com erhielt aber im Anschluss ein mündliches Statement des früheren DTM-Champions und Formel-1-Fahrers, in dem er seine Kritik an de Vries' Fahrweise untermauerte.

"Das ist unverständlich", so Wehrlein. "Solche Manöver entsprechen nicht dem Standard der Meisterschaft. Mein Rennen war zerstört, seines auch. Es sind ziemlich häufig die gleichen Fahrer mit übermotivierten Manövern. Leider war ich diesmal sein Opfer."

Den Unfallhergang erklärte Wehrlein aus seiner Sichtweise so: "Beim ersten Unfall hat er während des Bremsens die Richtung gewechselt in Turn 20. Ich musste mit all meinen Reifen blockieren und wäre fast gecrasht. Ich habe ein oder zwei Positionen verloren. Ich konnte wieder zu ihm aufholen und überholen."

Wehrlein weiter: "Eine Runde später nahm er den Attack Mode und bei der ersten Möglichkeit, ich weiß nicht, versuchte er einen überoptimistischen Move in Turn 1. Er rutschte komplett bis zum Ausgang der Kurve, crashte in mein Auto. Meine Aufhängung war zerstört, sein Rennen auch. Er hat viel zu spät gebremst und die Kurve nicht erwischt."

Foto: LAT Images
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De Vries über Wehrlein: "Mir egal, was er sagt"

De Vries, der zuletzt in London einen Podestplatz wegen überharter Fahrweise verloren hatte, hatte wenig Lust, auf Wehrleins Funkspruch einzugehen, als ihm Motorsport-Magazin.com die Möglichkeit gab, zu reagieren: "Ich habe den Call nicht gehört. Ehrlich gesagt ist mir auch egal, was er sagt."

De Vries hatte wenig überraschend eine ziemlich andere Sichtweise auf den Vorfall, den die TV-Kameras nur zum Teil einfingen. "Er war im Attack Mode und ich habe ihn vorbeigelassen. Ich wollte so früh im Rennen nicht kämpfen. Ich aktivierte den Attack Mode, setzte zum Manöver an und hatte von ihm erwartet, den gleichen Respekt und das Verhalten zu sehen, den ich ihm zuvor gezeigt hatte. Er hat sich offensichtlich dazu entschieden, gegen mich zu racen. Seine rechte Front traf mich links am Heck. Das hat zu einem Reifenschaden bei mir geführt."

3.500 Euro Strafe für Wehrlein in Seoul

Während Mercedes-Teamkollege Stoffel Vandoorne am Sonntag de Vries als neuen Weltmeister ablöste und der deutsche Autobauer zum Formel-E-Ausstieg alle Titel in den Saisons 2021 und 2022 abräumte, ging de Vries in Seoul komplett leer aus. "Insgesamt bin ich zufrieden mit dem, was wir als Team erreicht haben. Schade, dass das Ende so verlaufen ist. Aber das ändert nichts mehr. Wir haben die Team-WM gewonnen und Stoffel den Fahrer-Titel. Das ist alles, was zählt."

Wehrlein, der die Formel-E-Saison 2022 auf dem zehnten Gesamtplatz abschloss, wurde nach dem Rennen noch einmal zur Kasse gebeten. Nicht aber wegen seines aggressiven Funkspruchs gegen de Vries, sondern wegen Vergehen bei den vorgeschriebenen Abläufen. Weil er das gecrashte Auto ohne Erlaubnis von Rennleiter Scot Elkins verließ und das Lenkrad nicht wie im Reglement verankert korrekt auf die Lenksäule steckte, musste Wehrlein insgesamt 3.500 Euro Strafe zahlen.