Fast schon ungewohnt emotional wirkte der frischgebackene Formel-E-Weltmeister Stoffel Vandoorne nach dem Saisonfinale 2022 in Seoul. Mit dem zweiten Platz konnte sich der Titelfavorit am Ende gegen einen hadernden Mitch Evans durchsetzen. Nach der Podiumszeremonie und einem letzten Gruppenfoto mit dem Mercedes-Team verkündete der Belgier in einem Nebensatz etwas Großes.

"Ich werde nächstes Jahr wieder in der Formel E sein", so der Weltmeister trocken. Zwar nimmt diese Aussage den Fans die Ungewissheit, andererseits lässt sie eine wichtige Frage unbeantwortet: Bei welchem Team? Denn Mercedes hat schon zur Saisonmitte bekannt gegeben, dass der Rennstall aus Stuttgart 2023 an McLaren übergeben wird. Mit Sicht auf die lange und hochkarätige Warteschlange von McLaren-Fahrern für das Formel-E-Cockpit stehen Vandoornes Chancen auf einen Sitz bei dem britischen Sportwagenhersteller schlecht.

Im Formel-E-Fahrerlager hält sich seit Längerem das Gerücht um einen Sitz bei dem für 2023 vorgesehenen Teamkonstrukt 'DS-Dragon'. Für diese Zusammenarbeit von DS Automobiles und Dragon/Penske werden häufig die Namen Jean-Eric Vergne und Stoffel Vandoorne genannt.

Vandoorne zeigt sich gegenüber Mercedes dankbar., Foto: LAT Images
Vandoorne zeigt sich gegenüber Mercedes dankbar., Foto: LAT Images

Stoffel Vandoorne: "Um ehrlich zu sein, bin ich ein bisschen überrascht"

"Es ist die letzte Saison für mich mit Mercedes - ich konnte viele schöne Erinnerungen sammeln, obwohl es auch schwere Zeiten gab, gerade am Anfang. Später ging es dann Berg auf, ich werde das Team auf jeden Fall vermissen", sagte Vandoorne zum Abgang des deutsch/britischen Teams aus der Elektrorennserie.

"Als ich diese Reise mit Mercedes vor vier Jahren begann, war ich zuversichtlich, dass ich die richtigen Werkzeuge für einen WM-Titel bekommen würde", erinnerte sich Vandoorne weiter. Doch wie gut das WM-Werkzeug mit dem diesjährigen Silberpfeil am Ende sein würde, sah scheinbar selbst der 30-Jährige nicht kommen.

"Um ehrlich zu sein, bin ich ein bisschen überrascht. Selbst in Mexiko hätten wir gepunktet, wenn es den Kontakt nicht gegeben hätte. Es war ein unglaubliches Jahr. Ich habe in Saudi-Arabien die Pole Position geholt und wurde im Rennen Zweiter. Im zweiten Rennen dort habe ich ein gutes Comeback hingelegt. Danach hatte ich dann zwei gute Rennen in Rom", ließ Vandoorne seine Saison Revue passieren.

Ein Schlüsselmoment im Meisterschaftskampf blieb Vandoorne besonders im Gedächtnis, überraschenderweise ist es jedoch nicht der einzige Saison-Sieg in Monaco: "Es gibt ein Rennen, was mir sofort in den Sinn kommt - Rennen 1 in Berlin. Dort bin ich auf P12 gestartet und habe am Ende um den Sieg gekämpft. Solche Momente machen eine Meisterschaft aus."

Nach dem intensiven Kampf um den WM-Titel heißt es für Vandoorne aber erst einmal: Abschalten und ausnahmsweise nicht die Akkus seines Boliden, sondern die eigenen Batterien aufladen. "Heute Nacht gibt es ein paar Drinks. [...] Dann muss ich mich ein bisschen erholen, bevor es in die nächste Ära geht. Das wird ein Reset sein. Aber erst einmal genieße ich den Titel und im nächsten Jahr werde ich stärker zurückkehren", so der Weltmeister.