Stoffel Vanoornde konnte in Südkorea einer perfekten Saison die Krone aufsetzen und zum Formel-E-Weltmeistertitel fahren. Einer der Höhepunkte in der Karriere eines abgeklärt wirkenden Piloten. "Er hat auch Emotionen, das haben wir eben im De-Brief gesehen. Auch, wenn es mal nicht so gut läuft, wie in London letztes Jahr. Da war er sowas von betroffen. Er hat also Emotionen, aber die hat er normalerweise schon im Griff", so Mercedes-EQ-Teamchef Ian James nach dem Triumph in Seoul zu Motorsport-Magazin.com

Die Karriere des kalten Belgiers war aber kein leichter und stets von großem Erfolgsdruck geprägt, den Geld spielte beriets im frühen Alter eine Rolle. Wir blicken zurück auf die Geschichte des Formel-E-Weltmeisters.

Die Anfänge: Eine Familie ohne Motorsport-Tradition

Stoffel Vandoorne hat in jungen Jahren bereits viele Erfolge gefeiert. Dabei hätte die bloße Herkunft des Belgiers nicht unbedingt auf so einen Karriereweg hingedeutet. Standen Fahrer wie Max Verstappen oder Nico Rosberg seit ihrer Kindheit unter dem sportlichen Einfluss ihrer Väter, gab es in der Familie Vandoorne keine große Motorsport-Tradition.

Sein Vater war Architekt, aber genau das sollte ihn letztlich zum Rennsport führen. Als Patrick Vandoorne nämlich ein Restaurant an einer Kartstrecke entwarf, fand Stoffel Vandoorne erstmals seinen Weg in ein Mini-Kart. Dort zeigte sich sein Talent, das schließlich Sponsorengelder an Land bringen sollte, viel Geld hatte seine Familie für den Motorsport nämlich nicht.

Kein Erfolg ohne Geld, kein Geld ohne Erfolg

Vandoorne sollte wie die Vizeweltmeisterschaft und die belgische Meisterschaft erste Erfolge im Kart feiern. Sein Weg führe in einen Wettbewerb des Royal Automobil Club Belgium, den er gewinnen konnte. Daraufhin gewann er den F4 Eurocup 1.6 und schaffte 2011 so den Sprung in die Formel Renault 2.0 Euro, bei der er im zweiten Jahr die Meisterschaft gewinnen sollte.

Was sich wie eine flüssige Laufbahn ließt, ist aber eine, die nicht auf in die Erde gerammten Säulen stand. Die Geldfrage stand nämlich stets im Mittelpunkt. Es ging darum, Sponsoren zu finden. Durch seinen Erfolg, wurde ihm der Aufstieg aber finanziert. Seine junge Karriere war also stets vom Druck geprägt, erfolgreich sein zu müssen.

Und das sollte sich für Vandoorne auszahlen, 2013 wurde er nämlich in das McLaren Young Driver Development Programme aufgenommen." Sie haben mich etwa ein Jahr lang beobachtet, ehe sie beschlossen haben, mich aufzunehmen", blickte Vandoorne einst darauf zurück. Im selben Jahr wurde er hinter Kevin Magnussen, der im kommenden Jahr McLaren-Stammfahrer in der Formel 1 wurde, Vize-Champion in der Formel Renault 3.5.

Ein Problem hatte Vandoorne mit dem Erfolgsdruck aber nicht. "Ich mag es so lieber. Ich möchte immer ganz oben auf dem Podest stehen, denn es ist ein wunderbares Gefühl. Es ist so schwierig zu beschreiben - aber wenn man verliert, dann spürt man das wirklich, man kann damit einfach nicht leben", so der Belgier.

Fulminanter Aufstieg in die Formel 1

2014 und 2015 folgten zwei Jahre in der GP2. Das Ziel Formel 1 rückt immer näher, doch so nah sie zu sein scheinte, so weit liegt die Königsklasse in der Ferne. Vandoorne hatte das zu erledigen, was er am besten kann: Rennfahren. Und das tat er auch. Im ersten Jahr wurde er prompt Vizemeister, im zweiten Jahr der GP2 gewann er die Nachwuchsserie. Ein beträchtlicher Erfolg, zumal er parallel schon längst als McLaren-Testfahrer agierte.

Mit dem Ruf eines Supertalents im Gepäck sollte 2016 endlich die große Premiere in der Formel 1 folgen. Der Belgier ersetzte Fernando Alonso, der sich beim Saisonauftakt in Melbourne bei einer schweren Kollision Verletzungen zugezogen hatte. Vandoorne nutzte seine Chance, schlug bereits im Qualifying Weltmeister und Teamkollege Jenson Button und fuhr in der Folge den ersten Punkt des Teams in der Saison ein.

Die Karten lagen offen auf dem Tisch, McLaren war sich der Tatsache bewusst, einen Pilot mit großen Fähigkeiten in den eigenen Reihen zu haben. Der traditionsrennstall handelte also rechtzeitig und ernannte den Belgier ab der Saison 2017 zum Stammfahrer neben Fernando Alonso. Bahrain 2016 sollte also keine Eintagsfliege bleiben.

Alonso demontiert Vandoorne, Formel 1 Adieu

Das Kapitel Formel 1 sollte aber nicht das erfolgreichste in der Laufbahn Vandoornes werden. Mit Fernando Alonso hatte er damals 24-Jährige einen berühmt-berüchtigten Doppel-Weltmeister als Teamkollege. Kein einfaches Kaliber. In seiner Debütsaison sollte der Belgier aber keine allzu schlechte Figur machen. In einem dem Feld eher hinterherfahrenden McLaren-Honda kam der Belgier am Ende der Saison auf 13 Punkte und lag damit nur vier Zähler hinter dem Spanier.

Vandoornes Zeit in der Formel 1 war nur von wenig Erfolg geprägt, Foto: Sutton
Vandoornes Zeit in der Formel 1 war nur von wenig Erfolg geprägt, Foto: Sutton

In seinem zweiten Jahr folgte aber der wohl größte Tiefpunkt in Vandoornes Karriere. In allen 21 Qualifyings unterlag er Fernando Alonso und auch punktemäßig stand der Belgier mit 12 zu 50 Punkten alles andere als gut da. "Alles was ich sagen kann, ist, dass meine Zeit bei McLaren definitiv nicht die beste Zeit war", erklärte Vandoorne gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Dabei wenig geholfen hat aber vermutlich auch der Umstand, dass es McLaren nicht gelang, ein konkurrenzfähiges Paket auf die Beine zu stellen. Gute Rennen seien aufgrund der fehlenden Fahrzeug-Performance häufig nicht belohnt worden und so in der öffentlichen Wahrnehmung untergegangen. "Ich hätte es sehr bevorzugt, eine richtige Chance gehabt zu haben und an der Spitze zu kämpfen." Zumal Vandoorne betont, dass die Formel 1 immer sehr politisch gewesen sei.

Eine richtige Chance sollte in der Königsklasse bisher aber nicht mehr bekommen. McLaren richtete das Team auf vielen Ebenen neu aus. Alonso verließ das Team, Vandoorne musste für Carlos Sainz respektive Lando Norris weichen. Ganz aus der Formel 1 ausscheiden sollte er aber nicht. Seit 2019 ist er etwa Ersatz- oder Testfahrer für Mercedes. Seit 2021 ist er zudem parallel Ersatzfahrer bei seinem ehemaligen Rennstall aus Woking, McLaren.

Formel E – Vom gescheiterten F1-Talent zum Weltmeister

Noch während er bei McLaren in der Formel 1 fuhr bekam Stoffel Vandoorne einen Anruf vom Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff, der ihm das HWA-Formel-E-Programm vorstellte. Ein Projekt, das den Belgier von Beginn an reizte. Doch schon im Oktober desselben Jahres wurde sein Einstieg in die Formel E offiziell.

Mit HWA Racelab konnte er in seiner ersten Saison in Italien prompt ein Podium einfahren. Nach der Trennung von HWA und Mercedes und der damit einhergehenden Umbenennung des Teams zu Mercedes EQ sollte Vandoorne aber die ersten großen Erfolge feiern.

2020 wurde er mit einem Sieg beim Saisonfinale Vizemeister, auch in der kommenden konnte der Belgier einen Sieg und zwei weitere Podien einfahren, beendete die Saison bei einem ohnehin engen Gesamtklassement schließlich aber nur auf dem neunten Rang, während Teamkollege Nyck de Vries Weltmeister wurde. Zusammen mit dem Niederländer konnte er aber die Team-Weltmeisterschaft für Mercedes einheimsen.

Stoffel Vandoorne ist Formel-E-Weltmeister 2022, Foto: LAT Images
Stoffel Vandoorne ist Formel-E-Weltmeister 2022, Foto: LAT Images

Mit der Erfahrung aus den vergangenen Saisons im Gepäck sollte Vandoorne 2022 aber der ganz große Wurf gelingen. Kein Fahrer war in der laufenden Saison konstanter als der Belgier. Zwar konnte er auch in dieser Saison nur einen ePrix gewinnen, fuhr aber acht Podien ein und fand sich nur in drei der 16 Saisonrennen nicht in den Top-5 wieder.

"Es fühlt sich unglaublich an. Als ich vor vier Jahren mit Mercedes begann, war ich zuversichtlich, dass ich die Werkezuge für den WM-Titel bekommen würde", sagte Vandoorne nach seinem Titelgewinn. Zwar wird Mercedes die Formel E nach der Saison verlassen und von McLaren übernommen, Vandoorne erklärte aber bereits, auch 2023 in der Elektrorennserie antreten zu werden. "Ich werde das Team vermissen", bringt es Weltmeister Stoffel Vandoorne auf den Punkt.

Und dies beruht auch auf Gegenseitigkeit. "Es war eine Ehre, mit ihm zusammenzuarbeiten. Er hat diesen WM-Titel sehr verdient", findest Ian James besondere Worte für den Belgier.