Für Maximilian Günther nähert sich eine schwierige Formel-E-Saison dem Ende. Am vergangenen Wochenende in London fuhr der Nissan-Pilot zum erst zweiten Mal in diesem Jahr in die Punkteränge. Nach dem bevorstehenden Finale im südkoreanischen Seoul (13./14. August 2022) könnte die Zusammenarbeit des 25-Jährigen mit dem japanischen Autobauer nach nur einer gemeinsamen Saison enden.

Zwar soll Günther nach Informationen von Motorsport-Magazin.com aus Nissan-Kreisen über einen Vertrag verfügen, der über die Saison 2022 hinaus gilt, doch der Allgäuer könnte sich anderweitig auf dem aktuell höchst geschäftigen Fahrermarkt der Formel E umschauen. Eine Entscheidung über die Zukunft soll nach unseren Informationen noch im August getroffen werden.

Foto: Shiv Gohil/Nissan
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"Dazu kann ich leider nichts sagen. Ich denke, in den nächsten Wochen wird es etwas zu verkünden geben", hielt sich Günther in London auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com bedeckt.

Kein Geheimnis: Nissan krebst auch in der Formel-E-Saison 2022 den Top-Teams deutlich hinterher. Günthers Teamkollege Sebastien Buemi belegt mit 28 Punkten nur den 14. Platz in der Gesamtwertung. Die vergangene Saison schloss der Schweizer und mit 13 Siegen erfolgreichste Fahrer in der Geschichte der Formel E auf dem 20. Platz ab. Buemi soll Nissan laut The Race in Richtung in des künftigen Jaguar-Kundenteams Envision verlassen.

Foto: Shiv Gohil/Nissan
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Muss sich Nissan für 2023 mit dem Beginn der Gen3-Ära gleich zwei neue Fahrer suchen? Das Team, das 2018 von Konzernschwester Renault e.dams (drei Team-Meisterschaften 2015-2017) übernommen hatte, durchlief in den vergangenen Monaten ohnehin einen großen internen Wandel. Im April dieses Jahres übernahm Nissan die Formel-E-Anteile des DAMS-Teams, das 2019 den Tod des langjährigen Chefs Jean-Paul Driot verschmerzen musste.

Mit Francois Sicard verließ DAMS und damit auch das betreute Nissan-Team im Mai 2022 eine wichtige Schlüsselfigur nach zehn Jahren. Der Franzose, der mit dem Rennstall aus Le Mans zahlreiche Erfolge in Nachwuchsserien feierte (u.a. GP2-Titel mit Davide Valsecchi und Jolyon Palmer, Formel-Renault-Meisterschaften mit Kevin Magnussen und Carlos Sainz), verabschiedete sich zur FIA als neuer Singleseater-Sportdirektor.

Foto: Shiv Gohil/Nissan
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Während der ehemalige Formel-E-Champion Buemi bei Envision als gesetzt gelten und dort die Nachfolge von Robin Frijns (nach MSM-Infos zu Abt-Mahindra) soll, stehen hinter Günthers Möglichkeiten einige Fragezeichen. Mit seiner Erfahrung aus bislang 50 Formel-E-Rennen inklusive drei Siegen sowie vier Podestplätzen für Aussteiger BMW könnte er für einige Teams interessant sein. Allen voran bei Neueinsteiger McLaren und Andretti-Porsche sowie Hinterherfahr-Team NIO dürften noch Fahrercockpits zu vergeben sein.

Günther, der sich Ende 2021 nach dem Werksausstieg von BMW eine neue sportliche Heimat in der Formel E suchen musste, belegt aktuell mit sechs Punkten den 19. Platz in der Gesamtwertung. Mit den Startplätzen sechs und acht sowie P8 im Samstagsrennen erlebte er in London sein bislang erfolgreichstes Rennwochenende. Eine unverschuldete Kollision mit Oliver Askew (Andretti) am Sonntag nahm ihm die Chance auf weitere Punkte.

Foto: Shiv Gohil/Nissan
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"Ich nehme meine Situation einfach an, wie sie ist", sagte Günther in London zu Motorsport-Magazin.com. "Es gibt solche Jahre als Rennfahrer, in denen man nicht immer in einem siegfähigen Auto sitzt. Mein persönliches Ziel lautet, immer besser zu werden. Ich bin bisher meinen Weg gegangen und habe gezeigt, dass ich nicht Derjenige bin, der aufgibt und die Saison einfach abschreibt, sondern um jede Platzierung kämpft."

Günther wechselte zur Saison 2018/19 nach einem Jahr in der FIA Formel 2 zum US-Rennstall Dragon/Penske. Nach nur einer Saison erhielt er bei BMW einen Werksvertrag für das Formel-E-Engagement des Münchner Autobauers. Die Saison 2019/20 beendete er mit zwei Siegen auf dem neunten Platz, 2020/21 mit einem Sieg und 33 Punkten Rückstand zu Meister Nyck de Vries auf P16.

Nach dem BMW-Ausstieg kam Günther bei Nissan unter, das nach Platz zehn im Vorjahr aktuell den achten Rang in der Team-Wertung belegt. Nissan zählt zu den Herstellern, die ab 2023 mit dem neuen Gen3-Auto die nächste technologische Ära der Formel E einläuten.