Pole Position, Unfall, als Sieger gewertet, Reparaturarbeiten, nächste Pole, Grid-Strafe, Platz 15: So könnte man das dramatische Formel-E-Rennwochenende von Nick Cassidy in New York per Schnelldurchlauf zusammenfassen. Nach seinem Debütsieg von der Pole im chaotischen Abbruch-Rennen am Samstag, deutete zunächst vieles auf ein absolut perfektes Wochenende für den Envision-Piloten hin.
Mit einem runderneuerten Rennwagen nach dem Aquaplaning-Unfall in der Schlussphase des ersten Rennens, knüpfte Cassidy am Sonntag an seine starke Performance an und eroberte die nächste Pole Position auf dem temporären Kurs im Hafengebiet von Brooklyn – dann schlug die Realität gnadenlos zu.
30 Strafplätze – Cassidy wirkt verdutzt
Cassidy wirkte verdutzt, als ihm vor laufenden Kameras mitgeteilt wurde, dass er eine Strafversetzung um 30 Plätze in der Startaufstellung erhalten und obendrein noch eine Durchfahrtstrafe zu Beginn des Rennens kassieren würde. Weil das Team nach dem schweren Unfall neben der Sicherheitszelle auch die Batterie (+20 Strafplätze) und einen Kühler (+10 Strafplätze) tauschen musste, wurde Cassidy bis ans Ende des Feldes zurückversetzt statt das Rennen vom ersten Startplatz in Angriff zu nehmen.
Weil die Strafe erst nach dem Ende des Qualifyings kommuniziert wurde, blieben auch Fans, TV-Sender und Medien zunächst im Ungewissen. Hätte man die Strafe, die laut Stewards-Entscheidung schon vor dem vorangegangenen 3. Freien Training am Sonntagmorgen intern bekannt war, nicht deutlich früher kommunizieren können?
FIA erklärt: Team wusste Bescheid
“Die Strafe kann erst ausgesprochen werden, wenn die Startaufstellung festgelegt ist“, hieß es dazu seitens der FIA auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. Außerdem habe das Team Bescheid gewusst. Eigentlich klar, schließlich musste sich Envision, das Kundenmotoren von Aussteiger Audi nutzt, der Konsequenzen bewusst gewesen sein. Ob sie auch Cassidy informierten oder die bevorstehende Strafe zurückhielten, um ihn nicht schon vor dem Qualifying zu demotivieren, blieb unklar.
“Hätte man mir das gestern gesagt, hätte ich ein paar Bier trinken und meinen Sieg feiern können“, sagte Cassidy flapsig am Sonntagmittag ganz hinten in der Startaufstellung. „Die Strafe finde ich nicht fair.“ So empfand es auch sein Team Envision, das nach dem Qualifying bei den Stewards einen Antrag auf eine Überprüfung des Falles stellte und dabei neue Fakten einfließen lassen wollte.
Dazu diente ein Fan-Video, das den Unfall am Samstag aus einer bisher unbekannten Perspektive zeigte. Envision um Teamchef Sylvain Filippi wollte den Regelhütern mit dem Material beweisen, dass nicht Cassidys Mauereinschlag den Wechsel der Batterie und des Kühlers nötig machte, sondern die nachfolgenden Kollision von Lucas di Grassi und Stoffel Vandoorne, die auf der regennassen Piste unkontrolliert in den havarierten Envision-Boliden gerutscht waren.
Die Stewards gewährten den Antrag und sichteten das neue Material, sahen aber von einer Änderung der Entscheidung ab, da das Video keine neuen Informationen enthielt, „die zum Kern der Entscheidungsgrundlage führen. Die Entscheidung basierte ausschließlich auf der Tatsache, dass das Batteriepaket und der RESS-Kühler gewechselt wurden“.
Teamchef: „Rennen wurde ihm gestohlen“
Ein Protest war laut Internationalem Sportgesetz nicht möglich. Teamchef Filippi war wenig überraschend alles andere als begeistert über die Entscheidung, die dem Team effektiv jegliche Chancen auf einen zweiten möglichen Sieg in New York raubte.
"Die Strafe für den Wechsel der Batterie und des Kühlers frustriert mich sehr“, schrieb der Franzose auf Twitter. „Diese Teile wurden von anderen Autos beschädigt, die in seines fuhren, als Nick wegen des sintflutartigen Regens, der die Spitzengruppe überraschte, bereits von der Strecke abgekommen war. Ich finde es nicht richtig, bestraft zu werden, wenn man überhaupt nicht für die Situation verantwortlich ist. Es tut mir heute sehr leid für Nick, der wieder einmal eine unglaubliche Pace gezeigt hat, aber sein Rennen wurde ihm gestohlen.“
Cassidy kam im Sonntagsrennen, das ohne Safety Cars oder anderweitige Unterbrechungen über die Bühne ging, vom 22. Startplatz inklusive der Durchfahrtstrafe (weil er die 30 Strafplätze nicht antreten konnte) nicht über P15 hinaus. Die Team-Ehre am Sonntag rettete Teamkollege Robin Frijns, der nach seinem Podestplatz am Samstag die Ziellinie als Sechster überquerte und zumindest Anschluss zu den Top-4 der Weltmeisterschaft halten konnte.
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