Formel-E-Weltmeister Nyck de Vries hat nach einer langen Durststrecke mit voller Wucht zurückgeschlagen: Sieg beim Sonntagsrennen in Berlin-Tempelhof! Nachdem der Mercedes-Pilot im Verlauf der vergangenen vier Rennen nur zwei Pünktchen sammeln konnte und in der Meisterschaft keine Rolle spielte, mussten sich die 25 Zähler für den Berlin-Sieg wie eine kleine Wiederauferstehung angefühlt haben.

"Ich bin ein bisschen emotional, sogar mehr als letztes Jahr hier", sagte de Vries mit Blick auf den Gewinn der Weltmeisterschaft 2021 an gleicher Stelle. "Wir hatten ein paar schlechte Wochenenden und es lief nicht für uns. Jetzt der Sieg von Startplatz drei und gleich nach dem Start die Führung übernommen, das war super!" Der Niederländer kam am heißen Sonntag deutlich besser vom Fleck als Robin Frijns sowie Pole-Setter und Samstagsieger Edoardo Mortara und kassierte den Italo-Schweizer sehenswert in der ersten Kurve.

Nach dem zweiten Saisonsieg seit dem Auftakt in Saudi-Arabien war Aufatmen angesagt bei de Vries, dessen Teamkollege Stoffel Vandoorne in Berlin zwei Podestplätze sammelte und zur Saisonhalbzeit die Gesamtführung anführt. De Vries ist Gesamtsechster mit 65 Punkten, sein Rückstand auf Spitzenreiter Vandoorne (111) beträgt 46 Punkte. Acht Rennen stehen noch aus in der Saison 2022.

Zuletzt machten sogar Zweifel die Runde, ob de Vries noch motiviert genug ist für die Formel E. Möglicherweise seine letzte. Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com könnte er 2023 als Stammfahrer zu Toyota in die WEC inklusive der 24 Stunden von Le Mans wechseln. In diesem Fall könnte es bei Terminkollisionen zwischen der Langstrecken-WM und der Formel E schwierig werden, ein Top-Cockpit in der Elektro-Rennserie zu finden.

De Vries konnte über die Zweifler nur lachen und hielt im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com entschieden dagegen: "Ich verstehe nicht, warum ich meine Motivation rechtfertigen sollte! Mein Level an Motivation ist immer da. Wir hatten diese vier schwierigen Rennen, obwohl es keine wirklichen Gründe gab. Das fühlt sich beschissen an und ich hasse es, zu verlieren!"

Am Sonntag hätte es für de Vries kaum besser laufen können auf dem Vorfeld des stillgelegten Flughafengeländes Tempelhof. Am Samstag sah die Sache anders aus: Platz zwölf im Qualifying war schon eine mittelmäßige Ausgangslage, im Rennen kam er nicht über P10 hinaus. "Wir hatten Probleme, die etwas außerhalb unserer Kontrolle lagen. In den vorderen Bremsen hatten wir Unterschiede von 150 Grad. Dadurch blockierte ständig ein Rad und die Balance war dahin."

Foto: LAT Images
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Am Sonntag lief es endlich wieder fehlerfrei bei de Vries, der eine dominante Vorstellung im Rennen zeigte und die Ziellinie vor Mortara (Venturi), Vandoorne und Lucas di Grassi (Venturi) überquerte. Damit landeten vier Fahrer mit Mercedes-Motoren im Heck auf den vorderen Positionen.

Zittern musste de Vries eigentlich nur, als das Rennen eigentlich schon beendet war: "Ich habe die Zielflagge nicht gesehen und dachte, wir hätten uns mit den Runden vertan! Die Flagge war irgendwo weit oben. Das hat mich verwirrt und deshalb bin ich auch nicht langsamer gefahren." Sollte nicht eigentlich der Kommandostand einen Hinweis am Teamfunk geben? "Ja, haben sie auch gemacht. Aber du kannst dir eben nicht immer sicher sein!"