Stoffel Vandoorne hat den Monaco ePrix der Formel E gewonnen und Mercedes den zweiten Saisonsieg beschert. Für den früheren Formel-1-Piloten war es der erste in der laufenden Saison beim sechsten Rennen des Jahres sowie der dritte seiner Formel-E-Karriere. Mitch Evans (Jaguar), der zuletzt die beiden Rennen in Rom gewann, und Jean-Eric Vergne (DS Techeetah) komplettierten das Podest im Fürstentum.

Vandoorne bugsierte seinen Mercedes-Silberpfeil nach 30 Runden souverän über die Ziellinie. 1,2 Sekunden betrug sein Vorsprung auf den Zweitplatzierten Evans aus Neuseeland. Vandoorne hatte das Rennen vom vierten Startplatz aufgenommen und die Führung nach der ersten Runde der Attack-Modes und einer Full-Course-Yellow-Phase, ausgelöst durch den Ausfall des zu diesem Zeitpunkt Führenden Pascal Wehrlein, erobert.

"Es war unser Ziel, uns im vorderen Feld zu qualifizieren und danach war mir klar, dass wir auch vorne mitmischen würden können", sagte Vandoorne. "Und genauso ist es auch gekommen. Ich habe das Gefühl, dass ich schon die gesamte Saison über an der Spitze mitkämpfe. Ich bin ein paar Mal auf die Pole Position gefahren, konnte diese aber nicht in Siege umsetzen. Also habe ich mir an diesem Wochenende gedacht, dass ich nicht auf die Pole fahre und stattdessen das Rennen gewinne. Die Taktik ist aufgegangen."

Der Monaco ePrix, der 2021 das wohl beste Rennen in der Geschichte der Formel E produziert hatte, war in diesem Jahr vor allem taktisch geprägt. Die Führungsspitze taktierte nach der Startphase ohne größere Zwischenfälle: Keiner der Top-Fahrer wollte als Erster den verpflichtenden Attack-Mode aktivieren und durch das Überfahren der Aktivierungszone abseits der Ideallinie einen Platzverlust riskieren. Vergne machte schließlich den Anfang und löste dadurch zahlreiche Positionswechsel aus.

"Das war ein verwirrendes Rennen", meinte Evans. "Ich dachte, dass wir auf Seiten des Motors ziemlich gut unterwegs sein würden. Waren wir aber nicht. Ich hatte Glück, Zweiter geworden zu sein. Das nehme ich mit, auf geht’s zum nächsten Rennen." In zwei Wochen gastiert die Formel E zum Double-Header in Berlin-Tempelhof.

Vergne, der die Führung in der Gesamtwertung an Vandoorne verloren hat: "Ich wollte heute mehr, aber P3 war das Maximum. Ich bin ein bisschen enttäuscht. Ich war im Attack-Mode, aber dann kam die Full Course Yellow. Das war natürlich nicht gut. Der Speed war da, ich hatte einfach ein bisschen Pech. Trotzdem habe ich gute Punkte geholt und eines Tages gewinnen wir hoffentlich auch mal wieder ein Rennen."

Debakel für Porsche

Ein Horror-Rennen erlebte Porsche. Wehrlein fiel in Führung liegend in der 16. Runde aus. Der frühere DTM-Champion und Formel-1-Fahrer hatte das Rennen vom zweiten Startplatz aufgenommen und während des ersten Renndrittels die Führung übernommen. Plötzlich verlor Wehrlein den Vortrieb an seinem Elektro-Porsche und musste das Auto abseits der Rennstrecke abstellen.

Wenig später krachte auch noch Porsche-Teamkollege Andre Lotterer nach einem Duell mit Oliver Rowland (Mahindra) in die Mauer. Vom sechsten Startplatz hatte sich der dreifache Le-Mans-Sieger zuvor gute Hoffnungen auf weitere Punkte machen können. Eine absolute Monaco-Nullnummer für das Werksteam aus Zuffenhausen. Auch Sam Bird (Jaguar) und Rowland sahen nicht die Zielflagge. Maximilian Günther (Nissan) ging auf P8 liegend die Energie aus - nur Platz 17 für den Allgäuer.

Die Punkteränge: Robin Frijns (Envision) von Startplatz sieben und Vorjahres-Sieger Antonio Felix da Costa (DS Techeetah) von P10 fuhren auf die Plätze vier und fünf. Lucas di Grassi beim Heimspiel seines Venturi-Teams, Nick Cassidy (Envision) und Sebastien Buemi (Nissan) folgten auf den Rängen sechs bis acht. Jake Dennis (Andretti) und Weltmeister Nyck de Vries (Mercedes) komplettierten die Top-10.

Die Meisterschaft: Mit seinem Sieg hat Stoffel Vandoorne die Führung in der Gesamtwertung übernommen. Der Mercedes-Pilot belegt den ersten Platz mit 81 Punkten. Zweiter ist Jean-Eric Vergne mit 75 Zählern. Mitch Evans (72 Punkte), Robin Frijns (71) und Edoardo Mortara (49) folgen auf den Plätzen drei bis fünf. Bestplatzierter Deutscher ist Andre Lotterer (43) auf Platz sechs mit einem Punkt Vorsprung vor seinem Porsche-Teamkollegen Pascal Wehrlein. Maximilian Günther liegt mit weiter zwei Zählern auf P17.

Formel E in Monaco: So lief das Rennen

Die Startaufstellung: Mitch Evans gewann das Qualifying-Finale gegen Porsche-Pilot Pascal Wehrlein und eroberte seine erste Pole Position in der laufenden Formel-E-Saison. Hinter Jean-Eric Vergne startete Stoffel Vandoorne von Platz vier. Mercedes-Teamkollege und Weltmeister Nyck de Vries fuhr als Achter ebenfalls in die Top-8 der Startaufstellung. Mit Andre Lotterer auf P6 schafften es zudem die beiden Porsche in die ersten drei Startreihen. Maximilian Günther legte mit seinem Nissan von Platz elf los.

Das Wetter: So kennt man das Fürstentum Ende April: Sonnenschein und angenehme 23 Grad bildeten den perfekten Rahmen für das sechste Rennen der Saison. Die Asphalt-Temperatur auf dem berühmtesten Stadtkurs der Welt lag ebenfalls bei 23 Grad.

Der Start: Sauberer Start durch die ersten Kurven, Pole-Setter Mitch Evans konnte sich souverän gegen Verfolger Pascal Wehrlein verteidigen. Ohne Zwischenfälle folgten dahinter Jean-Eric Vergne, Stoffel Vandoorne, Lucas di Grassi und Andre Lotterer auf den weiteren Positionen. Der große Gewinner der Startphase war Jake Dennis, der sich um fünf Plätze bis auf P10 verbessern konnte. Maximilian Günther fiel vom elften bis auf den 13. Rang zurück.

Die erste Rennhälfte: In Runde 4 holte sich Nick Cassidy als erster Fahrer den Attack-Mode mit einer Leistung von 250 kW über die Aktivierungszone abseits der Ideallinie ab. Die FIA hatte kurz vor dem Rennstart eine verpflichtende Nutzung des Attack-Mode über zweimal 4 Minuten angeordnet. Mit dem Boost kam Cassidy locker an Antonio Giovinazzi vorbei auf P18. An der Spitze blieb es ohne Überholmanöver eng: Nach 6 Runden trennten die Top-6 weniger als drei Sekunden.

In Runde 8 zündeten Dan Ticktum, Antonio Felix da Costa und Maximilian Günther aus dem Mittelfeld heraus ihre ersten Attack-Modes. Einen Umlauf später wurde es dann wilder: Robin Frijns, Oliver Rowland, Jake Dennis und Oliver Askew setzten ihren Attack-Mode ein. Währenddessen fiel Sam Bird wegen eines technischen Problems aus und musste an die Box schleichen. An der Spitze folgten sich die Piloten abwartend, um zunächst keine Plätze durch die Attack-Mode-Aktivierung zu verlieren.

Bei der ersten Veröffentlichung der verbleibenden Energie-Mengen zur 9. Runde zeigte sich, dass der Führende Evans ein Prozent weniger Rest-Energie hatte als Verfolger Wehrlein. Der Drittplatzierte Vergne hatte zwei Prozent mehr als der Jaguar-Pilot, der als Einziger an der Spitze nicht vom Windschatten profitieren und etwas Energie sparen konnte.

Andre Lotterer verlor den sechsten Platz in Runde 10 an Vergne, der mit seinem Attack-Mode vorbeikam. Der Porsche-Pilot aktivierte eine Runde später mit seinem ersten Attack-Mode, während Vergne den vierten Platz von Lucas di Grassi übernahm. Eine weitere Position gewann der Franzose, als Pole-Mann Evans seinen Attack-Mode zündete und dadurch zunächst einen Platz einbüßte. In Runde 13 verlor Pascal Wehrlein die Führung an Vergne und fiel auch wieder hinter Evans zurück, als der Porsche-Pilot seinen Attack-Mode aktivierte. Unterdessen hatte sich Stoffel Vandoorne mit dem Zusatz-Boost auf den vierten Platz nach vorne gearbeitet. In Runde 15 erkämpfte sich Wehrlein die Führung von Vergne, während Evans auf P4 hängenblieb und nicht an Vandoorne vorbeikam.

Dann der Wehrlein-Schock! In Runde 16 wurde Wehrlein plötzlich langsam, verlor den Vortrieb und musste über die Strecke schleichen. Vergne und di Grassi auf P3 und P4 holten sich ihren zweiten Attack-Mode ab, während Rennleiter Scot Elkins wegen des Wehrlein-Ausfalls eine Full Course Yellow-Phase anordnete. Vandoorne führte mit drei Sekunden Vorsprung vor Evans.

Die Fanboost-Gewinner: Jean-Eric Vergne, Antonio Felix da Costa, Stoffel Vandoorne, Antonio Giovinazzi, Nyck de Vries

Der weitere Rennverlauf: Bei 15 Minuten Restdauer beendete Rennleiter Elkins die FCY-Phase, während Vergne und di Grassi ihren Attack-Mode nicht nutzen konnten. Kurz nach der Freigabe landete mit Andre Lotterer der zweite Porsche in der Mauer! Am Funk beschwerte sich Lotterer über Oliver Rowland. Die Rennleitung rief eine Safety-Car-Phase aus. Unglücklich für den Führenden Vandoorne: Er hatte gerade erst seinen zweiten Attack-Mode gezündet und konnte ihn hinter dem Safety Car nicht nutzen.

Nach dem Re-Start zur 20. Runde bei rund neun Minuten Restzeit aktivierte Frijns von P6 als erster Fahrer seinen zweiten Attack-Mode. Felix da Costa und Mortara folgten dem Vorbild des Envision-Piloten einen Umlauf später. In Runde 22 verlor Evans von P2 beim Aktivieren gleich zwei Positionen an Vergne und Frijns, während Vandoorne mit 1,5 Sekunden Vorsprung führte. Evans mit seinen 25 kW erkämpfte sich zügig P3 von Frijns (ohne Attack-Mode) zurück.

Die Rennleitung verlängerte das Rennen wegen der Full Course Yellow und der Safety-Car-Phase per Reglement um 04:30 Minuten. Mit der letzten verbleibenden Minute unter seinem Attack-Mode kassierte Evans in Runde 24 den Zweitplatzierten Vergne ohne größere Gegenwehr. In den Schlussminuten gab es auf den vorderen Plätzen keine Positionsveränderungen mehr, Vandoorne fuhr den Sieg kontrolliert vor Evans und Vergne nach Hause.