Carrie, wie hast du davon erfahren, dass du beim Formel-E-Test nach dem Saisonauftakt in Riad für HWA antreten wirst?
Carrie Schreiner: Franco Chiocchetti (HWA Head of Formula E Operations, d.Red.) hat mich angerufen und gefragt, ob ich das machen möchte. Ich war total begeistert und nach dem Anruf musste ich mich erst einmal hinsetzen! Ich habe mich natürlich mega gefreut. Das ist eine tolle Chance für mich, zum ersten Mal ein Formel-E-Auto zu fahren - und dann auch noch für so ein bekanntes Team wie HWA.

Carrie Schreiner startet seit 2017 in der Lamborghini Super Trofeo, Foto: Lamborghini
Carrie Schreiner startet seit 2017 in der Lamborghini Super Trofeo, Foto: Lamborghini

Eigentlich hätte Sophia Flörsch, die sich in Macau verletzt hat, den Test fahren sollen. Wie gehst du damit um?
Carrie Schreiner: Ich hatte im Vorfeld natürlich von dem Formel-E-Test erfahren, bei dem ja einige Frauen starten werden. Aber Sophias Unfall in Macau war ein großer Schock für mich - ich habe nie darüber nachgedacht, dass sich dadurch für mich eine Chance ergeben könnte. Es hat mir einfach nur sehr leidgetan, als ich erfahren habe, dass Sophia nicht fahren kann.

Du bist die erste deutsche Rennfahrerin, die ein Formel-E-Auto fahren wird. Was bedeutet dir das?
Carrie Schreiner: Das ist eine große Ehre für mich! Damit habe manche bestimmt nicht gerechnet, aber das macht mich schon sehr stolz.

Wie wirst du dich auf deinen ersten Einsatz in der Formel E vorbereiten?
Carrie Schreiner: Die Sitzanpassung haben wir bereits vorgenommen. Ich bin ja nicht die Größte! (1,52m, d.Red.). Das ist immer ein kleiner Akt, bis ich in so einem Auto richtig und sicher drinsitze. Der nächste Schritt wird ein Test im Simulator sein, damit ich mich gut vorbereiten kann. Die Formel E ist ja total neu für mich, das ist viel mehr, als sich einfach reinzusetzen und Gas zu geben. Vor allem das Energie-Management ist ein wichtiger Punkt, mit dem ich mich jetzt intensiv befassen werde.

Hast du dich vorher auch schon mit der Formel E beschäftigt?
Carrie Schreiner: Ich bin ja mit Benzingeruch groß geworden, da war die Formel E etwas ganz Neues für mich. Seit der letzten Saison habe ich mich intensiver mit der Serie beschäftigt und ihre Entwicklung verfolgt. Für uns Fahrer ist es natürlich sehr interessant, zu sehen, wie viele Hersteller sich inzwischen in der Formel E engagieren. Die Autos finde ich ebenfalls sehr spannend, vor allem das neue Gen2-Auto. Schon toll, wie sich die Serie so schnell weiterentwickelt hat, nachdem jetzt auch der Autowechsel im Rennen wegfallen wird.

HWA startet mit Gary Paffett und Stoffel Vandoorne in der Formel E, Foto: HWA AG
HWA startet mit Gary Paffett und Stoffel Vandoorne in der Formel E, Foto: HWA AG

Du bist 2015 und 2016 in der ADAC Formel 4 gefahren, bevor du in den GT-Sport gewechselt bist. Hättest du gedacht, dass du noch einmal in ein Formelauto zurückkehren würdest?
Carrie Schreiner: Als ich in den GT-Sport umgestiegen bin, war für mich klar, dass ich in einem Auto mit Dach Fuß fassen und Werksfahrerin werden möchte. Formelsport war eigentlich kein Thema mehr. Aber: Jetzt gibt es ja auch die neue W Series und ich habe es in die engere Auswahl geschafft. Das und auch die Formel E kamen etwas unverhofft, aber die Möglichkeiten ergreife ich gerne. Ich bin ja schon Formel gefahren und sollte mich schnell wieder zurechtfinden.

Das ist dir im GT-Sport inzwischen auch gut gelungen...
Carrie Schreiner: Meine erste Saison 2017 im GT-Auto war noch etwas knifflig nach meiner Zeit in der Formel 4, die für mich nicht immer einfach war. Aber seit dieser Saison geht es richtig nach vorne. Vor allem im GT3-Auto fühle ich mich pudelwohl. Das ist das beste Auto, das ich bis jetzt gefahren bin. Das Auto liegt mir einfach gut und ich konnte direkt auf meinem Level fahren.

Was hältst du eigentlich von der W Series, in der ausschließlich Frauen starten werden?
Carrie Schreiner: Ich bin ein bisschen zwiegespalten. Es ist schon komisch, nur gegen Mädchen zu fahren, nachdem ich fast mein ganzes Leben lang nur gegen Jungs angetreten bin. Aber die W Series sehe ich als Chance. Ich meine: Wenn ich die Gelegenheit bekomme, eine ganze Saison kostenlos Formel 3 zu fahren und sogar Geld gewinnen kann, ist das für die eigene Karriere schon eine mega Chance. Deswegen wäre es für mich blöd gewesen, wenn ich mich gar nicht erst beworben hätte. Ich finde es auch nicht in Ordnung, die W Series im Vorfeld schlechtzureden. Letztendlich wollen sie doch jungen Frauen eine Möglichkeit geben, Motorsport betreiben zu können.

Es gab über 100 Bewerberinnen. Hat dich diese Zahl überrascht?
Carrie Schreiner: Die Zahl hat mich nicht so sehr überrascht. Letztendlich gibt es meiner Meinung nach gar nicht so viele Frauen, die für die Serie in Frage kommen. Unter den auserwählten Bewerberinnen sind viele dabei, die ihr Leben lang Motorsport machen. Wer keinen solchen Weg beschritten hat, für den wird es nicht einfach in der W Series. Es ist nun einmal schwierig, ein Formel-3-Auto zu fahren. Deshalb hat mich sehr gewundert, dass es gleich 55 Frauen in die Endausscheidung geschafft haben. Es ist toll, dass die Serie ein Zeichen setzt - das muss sich alles aber erst einmal entwickeln. Junge Mädchen, die jetzt in den Motorsport einsteigen, sehen die Entwicklung der W Series, und dann wird es bestimmt noch mehr werden.