Das Kribbeln ist da, die lange Zeit des Wartens ist vorbei. Selbst das schlechte Wetter stört ihn nicht. Sebastian Vettel ist wieder an einer Rennstrecke, sein neues Auto steht neben ihm und in wenigen Tagen darf er am Freitag erstmals damit fahren - die ersten beiden Testtage in Jerez übernimmt sein Teamkollege Mark Webber. "Das Auto ist schön", sagt Vettel über den RB6. "Es ist mehr eine Evolution, aber es sieht nett aus, besonders unter der Haube."

Die Vorfreude auf den ersten Test ist groß. "Es war schon schwer, ich bin eine lange Zeit nicht gefahren", gesteht Vettel, der zwar immer etwas zu tun hatte, aber nicht wirklich das tun durfte, was er gerne getan hätte - nämlich ein Formel-1-Auto am Limit zu bewegen. "Manchmal habe ich mich gefragt, was ich überhaupt mache", scherzte er. Aufstehen, trainieren, essen, trainieren und ins Bett gehen. "Das ist nicht das, was ich am liebsten gemacht hätte. Aber das ging uns allen so, wir hatten halt noch eine Woche länger Schonfrist."

Die Konkurrenz begann die Wintertests schon eine Woche früher in Valencia. Vettel stört das nicht. "Wir müssen eben das Meiste aus den Tests herausholen." Das Wetter hilft dabei nicht gerade, "aber wir haben ja auch Regenreifen, können also auch im Nassen fahren". Für Vettel zählt vor allen Dingen, dass er überhaupt wieder fahren darf. "Leider brummt gerade nichts, weil es regnet, aber allein die Motoren zu hören und die Autos zu sehen, ist toll - es geht wieder los!"

Jedes Auto ist ein Kunstwerk

Da Vettel bis Freitag zum Zuschauen verdammt ist, schaut er sich gerne bei den anderen Teams um. "Ich schaue die anderen Autos schon genauer an, lasse mir von unseren Leuten erklären, was deren Idee hinter einem Teil oder deren Philosophie ist - das interessiert mich", verrät er. "Auf der Strecke ist es egal, wie das andere Auto aussieht. Aber abseits der Strecke finde ich es unheimlich interessant. Die Formel 1 ist die Spitze des Motorsports und unheimlich komplex. Jedes einzelne Auto ist ein Kunstwerk."

Vettel und Mark Webber bilden erneut ein Team., Foto: Red Bull
Vettel und Mark Webber bilden erneut ein Team., Foto: Red Bull

Vor allem bei McLaren und Sauber sind Vettel zwei, drei Neuerungen aufgefallen. "Es gibt unheimlich viele interessante Dinge, die man von unserem Vorjahresauto kennt und die nun bei anderen Autos auftauchen", sagt er. "Am auffälligsten sind wohl die Höcker am Cockpit vorne. Rundherum ist es interessant, die Bilder der anderen Autos zu studieren und zu sehen, wie viel von unserem letztjährigen Auto drinsteckt."

Bei Red Bull herrscht 2010 Kontinuität: Mit Mark Webber hat er den gleichen Teamkollegen, mit Christian Horner und Adrian Newey ziehen die gleichen Verantwortlichen die Strippen. "Das ist garantiert kein Nachteil", weiß Vettel. Jeder kennt sich, weiß, wie der andere arbeitet." Andere Fahrer und Teams haben weniger Stabilität, müssen sich erst an die Techniker gewöhnen, neue Erfahrungen sammeln. "Das dauert aber nicht lange, denn sie wissen, wie man damit umgehen muss", betont Vettel. "Ich glaube nicht, dass das für sie ein großer Nachteil ist."

Es kann nur ein Ziel geben

Über sein Ziel muss Vettel nicht lange nachdenken. "Das kannte ich letztes Jahr schon: Ich will ganz klar Weltmeister werden." Klar sei es vor Saisonbeginn immer schwierig, einzuschätzen, wo man stehe, schließlich müsse man erst das Auto zum Funktionieren bringen und dann sehen, wie es läuft. "Aber es kann nur ein Ziel geben: Einen Platz besser als im letzten Jahr abzuschneiden."

Vettel hofft, dass der RB6 mindestens genauso konkurrenzfähig ist wie sein Vorgänger, "wenn nicht sogar besser", sagt er. Mit McLaren und Ferrari sieht er allerdings bereits jetzt zwei starke Gegner. "Auch Mercedes und Michael werden gut sein. Es wird eine interessante Saison." Den Rekordweltmeister hat Vettel allemal auf der Rechnung. "Man darf niemanden abschreiben, es gibt sehr viele Teams und Fahrer, die ganz vorne mitmischen können."

Dennoch gibt er zu bedenken: "Michael war ein paar Jahre nicht dabei, es bleibt abzuwarten, wie sich das Team schlägt und auch wie er selbst drauf ist. Andererseits geht er davon aus, dass er ganz vorne mitfahren kann." Einfach wird es also nicht. "Jedes Jahr ist hart, es ist nie einfach, manchmal sieht es vielleicht so aus, aber man muss immer um den Sieg kämpfen und konstante Ergebnisse einfahren."

Das ist eine der wichtigsten Vorgaben für 2010. "Es wird wichtig, Rennen zu beenden und zu punkten - das war aber schon immer so. "Wenn man nicht gewinnen kann, sollte man das Maximum herausholen." Die Motorenprobleme von 2009 sorgen Vettel nicht mehr. "Wir haben sie behoben und sind zuversichtlich. Ich sehe keinen Grund, warum wir Angst vor Motorproblemen haben sollten."